Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. Mai 2025, Teil 1
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das ist ein Film, bei dem Worte nicht reichen, zu beschreiben, was man sieht. So bunt ist das Meer, so lebendig ist es ganz weit unten, so klar, so durchsichtig nicht nur das Wasser, sondern immer wieder auch Fische. Der ganze Film ist eine Wassersymphonie, die sich gewaschen hat, wo man gerne, ja ehrfürchtig den Worten des fitten, am heutigen Tage 99 Jahre Gewordenen lauscht, der uns vor den Aufnahmen entgegentritt, so dass die gewaltigen Meere immer wieder wie Aquarien wirken, und man sich beim intensiven Schauen nur über etwas ärgert: die Musik. Dröhnend. Unnötig.
Aber damit wollen wir uns jetzt nicht aufhalten und den Film erst einmal einordnen als einen Dokumentarfilm, der in einer Klarheit und Schönheit Aufnahmen von den Tiefen des Meeres bringt, die einen zweifeln lassen, dass unsere Vorstellung von den Ozeanen stimmt. Da gibt es Berge, wie denn das? Korallenriffe, ja das war bekannt, und auch, daß sie in großem Maße zerstört werden, aber die unendliche Weite der Riffe nicht und vor allem, was sich dort alles ansiedelt. Man muß keinen Schönheitswettbewerb ausrufen, welche der Fische die allerschönsten sind. Welcher Reichtum der Natur, wer hat jedem etwas Besonderes gegeben. Zarte Farben, fast kitschig und dann knallbunt. Man kann den Film über mit offenem Mund zuschauen. Benennen kann man nur die Fische, die man kennt: Delphine, Thunfische, Wale und dann das Grün, richtig aggressiv das Seegras oder diese Farne, die sanft hin- und herschwingen. Irreal. Surreal.
Aber man muß David Attenborough (rechts und im Titel) auch zuhören. Denn darum hat er den Film machen lassen, zu dem man erst einmal für Filmliebhaber etwas sagen muß. David ist der weltberühmte Naturforscher, der auch filmt und vor allem schreibt. In Filmkreisen allerdings ist der Name Attenborough mit dem Vornamen Richard verbunden. Das war der Bruder und berühmte Regisseur, der 2014 gestorben ist.
David nun fängt uns zwar mit den Aufnahmen und der Schönheit des Geschauten ein, aber er hat eine eindringliche Botschaft, die viel besser klingt, als wir gedacht haben: Die Ozeane sind weitaus robuster, widerstandsfähiger, erholungsfähiger als uns bewußt war. „Wir“, "Uns"? Wir denken da sowieso nicht. Was die Wissenschaft, sowohl die vom Verfall, Vergiftung, Verschmutzung wie auch die Regeneration, Erholung, Wiedergutmachung angeht, muß sich unsereins auf das, was von kundiger Seite gesagt wird, verlassen. Und da hieß es bisher, dass die Meere unwiderruflich kaputt sind. Ganz abgesehen davon, dass die strahlenden Bilder etwas anderes zeigen, spricht uns David Attenborough im Film auch direkt an, wenn er nicht nur von den Zerstörungen der Wasserwelt durch den Menschen spricht, sondern auch von der Regenerationsfähigkeit, ja der unendlich scheinenden Stärke und Kraft des Wassers, mit dem menschlichen Abfall fertig zu werden. Nein, das soll nicht mißverstanden werden, dass es derzeit nicht auf der Kippe stehe, sondern soll dahinmünden, dass die Anstrengungen, die Meere vom menschlichen Müll zu beseitigen, bzw. weniger in die Wasser zu entsorgen, von Erfolg gekrönt sind, wenn sie entschieden verfolgt werden.
Das hat man im Hinterkopf und David Attenborough redet viel. Das hören die Ohren und der Verstand. Doch das eigentliche passiert mit den Augen, denn man möchte sofort unter Wasser sein, möchte diese zarten kleinen, fast durchsichtigen Fischschwärme selbst erleben, diese erhaben gleitenden, uns überhaupt nicht beachtenden größeren Schönheiten aus der Nähe sehen. Wenn dieser Film gekoppelt wäre mit einer Tiefseegondel, für die man einen Platz buchen könnte, die Plätze wären sofort ausverkauft, weil einfach das, was man sieht, wie eine Phantasie wirkt, die ein gekonnter Hollywoodfilmer künstlich erschaffen hat. So exquisit sind diese Aufnahmen.
Und dann kommt ja erst wieder die Erkenntnis, mit der wir leben, ohne daran zu denken. Leben, auch menschliches Leben ist aus dem Meer entstanden. Auch wenn unser Verstand sich wehrt, das zu verstehen, die Entwicklung der Arten bis zum Menschen beginnt im Wasser. Und dass dieser Endpunkt: der Mensch die Wasserwelten der Erde nicht weiter zerstören soll, ist die Botschaft des Films, die, was die Ursachen angeht, auch deutlich benannt werden. Noch immer geht die Ausräuberung der Meere weiter, dieses Ab- und Ausfischen durch große Konzerne, die den Fisch in die Welt liefern, der noch attraktiver wurde, seit Fleisch, zuviel Fleisch für den menschlichen Organismus etwas Anrüchiges hat. Und dann auch noch die Bodenschätze. Wenn Trump das wüßte, wäre er der erste, der genau das macht, wovor Attenborough entschieden warnt. Den Meeresboden in Ruhe zu lassen, nicht nach dem Äquivalent zu ‚Seltenen Erden“ zu suchen und diese abzubauen.
Den Film drehen übrigens Toby Nowlan, Keith Scholey und Colin Butfiel, die Attenborough immer wieder in die Meerlandschaft einblenden. Man kann dessen Ausführungen nur wie oben zusammenfassen, aber manches Detail bleibt dann darüberhinaus hängen, so dass tatsächlich rund 70 Prozent der Erdoberfläche aus Meeren, aus Wasser besteht. Wir hören auch von der dritten UN-Ozeankonferenz, die im Juni 2025 im französischen Nizza stattfinden wird und wo diesmal der Schutz der Weltmeere Hauptthema ist. Natürlich ist der Film die beste Propaganda für eine entschiedene Umkehr. Und eigentlich sind es nicht die Worte des Kundigen, die unmittelbar den Wunsch des Zuschauers nach Erhalt dieser Meere auslöst, sondern das, was man sieht. Solche Wunder unter Wasser müssen erhalten werden. Mit ihnen schützt der Mensch seine eigene Existenz.
Auf jeden Fall werden wir im Juni mit ganz anderen Augen, ganz anderem Interesse die UN-Ozeankonferenz verfolgen und hoffentlich auch in WELTEXPRESSO darüber berichten!
Fotos:
©Verleih
Info:
Filmemacher
Erzähler Sir David Attenborough
Regisseure: Toby Nowlan, Keith Scholey, Colin Butfield
ProduzentToby Nowlan
Schon witzig, daß am heutigen Donnerstag gleich drei Filme anlaufen, die auf Wasser schließen lassen: dieser und dann Jan Ole Gersters ILAND, wo es um eine Geschichte auf Fuenteventura geht und LAST BREATH, eine üble Situation unter Wasser, wenn die Versorgungsleine reißt und ein Rettungsthriller folgt.