Paris Texas TV1Das Roadmovie erscheint zu Wim Wenders 80. Geburtstag am Montag 18. August 2025 bei ARTE

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie aus dem Nichts taucht in der sengenden Wüstenhitze zwischen den USA und Mexiko Travis Henderson (Harry Dean Stanton) auf, ein hagerer verwahrloster Mann, der einen dunklen Anzug und eine rote Baseballkappe trägt, nachdem er vor vier Jahren plötzlich spurlos verschwunden ist. Er trinkt den letzten Schluck aus seiner Wasserflasche, dann will er unbeirrt weiter in die Ödnis marschieren, die bei den Einheimischen ″The Devil’s Playground″ heißt. Travis mag kein Wort sprechen und sein Gedächtnis weitgehend verloren zu haben, doch er ist getrieben von dem Wunsch, seine Familie wiederzufinden.


Nach einem Zusammenbruch in einem Laden benachrichtigt Dr. Ulmer (Bernhard Wicki), der behandelnde örtliche Arzt, Travis’ Bruder Walt (Dean Stockwell), der sofort kommt und den erinnerungslosen Mann - nachdem er ihn unterwegs aufgegabelt hat - in seinem Haus in Los Angeles aufnimmt. Dort trifft Travis auch auf seinen siebenjährigen Sohn Hunter (Hunter Carson), der seit der Trennung seiner Eltern bei seinem Onkel Walt und dessen französischen Frau Anne (Aurore Clément) lebt, die den Jungen wie ihr eigenes Kind lieben.

Ganz zögerlich kehren Travis’ Erinnerungen zurück und nach und nach gewöhnt sich auch der Junge an den ihm fremden Mann – bis er schließlich Travis und Walt beide als seine ″Daddys″ bezeichnet. Doch der Junge beginnt, nach seiner leiblichen Mutter Jane (Nastassja Kinski) zu fragen, und auch Travis geht sie nicht mehr aus dem Kopf.

Nachdem Travis erfahren hat, wo sich seine verschollene Frau befindet, begibt er sich gemeinsam mit seinem Sohn auf die Suche nach ihr, ohne Walt und Anne etwas davon zu erzählen. Damit beginnt eine abenteuerliche Odyssee durch den kargen Südwesten Amerikas, um Jane letztendlich in Houston zu finden…


Wim Wenders gilt als Vorreiter des Neuen Deutschen Films der 1970er Jahre. Dadurch erreichte er wie kaum ein zweiter deutscher Regisseur enorme internationale Bekanntheit. Heute gilt er als einer der wichtigsten Vertreter des internationalen Gegenwartskinos, der sich mit Meisterwerken wie ″Der amerikanische Freund″ (1977), dem poetischen ″Der Himmel über Berlin″ (1987) oder der Musik-Dokumantation ″Buena Vista Social Club″ (1999) schon längst als unverzichtbare Größe des internationalen Films in die Kinogeschichte eingeschrieben hat.

Paris Texas TV2Gemeinsam mit seiner Frau Donata Wenders gründete er 2012 in seinem Geburtsort Düsseldorf die gemeinnützige Wim Wenders Stiftung, die sein filmisches, photographisches und literarisches Lebenswerk zusammenführt, restauriert und der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich macht. Darüber hinaus engagiert sich die Stiftung mit dem Wim Wenders Stipendium für die Förderung junger Talente im Bereich der innovativen, filmischen Erzählkunst, sowie in der Filmbildung.

1984 schuf Wenders mit ″Paris,Texas″ ein außergewöhnliches Roadmovie, das heute als Wenders’ bekanntester und weltweit erfolgreichster Film gilt, der auch seinen Ruf als einen der wichtigsten Vertreter des Autorenfilms gefestigt hat. Der Film wurde nicht nur von der Kritik gefeiert, sondern er gewann auch eine Reihe von wichtigen internationalen Preisen. So wurde das bildgewaltige Drama 1984 Gewinner der Goldenen Palme als bester Film in Cannes.

Von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) erhielt das Roadmovie das Prädikat ″besonders wertvoll″, da Wim Wenders sich viel Zeit bei der Entwicklung seiner Erzählung lässt. Es gelingt ihm, die Spannung, die seine Figuren verbindet, nicht abreißen zu lassen. Dadurch kommt es zu Begegnungen, die sich auch für den Zuschauer einprägen. Die scheue Annäherung zwischen Vater und Sohn, die zu einer festen Bindung zu führen scheint, bis der Vater aus Einsicht in seine Unzulänglichkeit erneut die Flucht vorbereitet.

Basierend auf einem Drehbuch von Sam Shepard, erzählt der Film in traumhaften aufgenommenen Bildern des holländischen Kameramanns Robby Müller eine Geschichte von menschlicher Einsamkeit, von Selbstfindung, Verlust, Erlösung und dem unzerstörbaren Band der Liebe.

Neben dem meisterlichen Drehbuch haben die herausragenden schauspielerischen Leistungen von Harry Dean Stanton und Nastassja Kinski, sowie der eindringliche Soundtrack von Ry Cooder dazu beigetragen, dass ″Paris, Texas″ auch mehr als 40 Jahre nach seiner Premiere noch immer als Kultfilm gilt.

Zu Wim Wenders' 80. Geburtstag am 14. August widmet ARTE dem Regisseur einen Schwerpunkt und zeigt eine Auswahl seiner Filme. Die 2024 restaurierte Fassung von ″Paris, Texas“, wurde im gleichen Jahr auf dem Filmfestival in Cannes präsentiert, denn 1984 – 40 Jahre zuvor – gewann der Film dort die Goldene Palme. Jetzt ist die restaurierte Fassung erstmals auch im Fernsehen zu sehen.

Paris Texas TV3Wim Wenders' ambivalentes Verhältnis zu den Vereinigten Staaten bildet eines der wichtigsten Spannungsfelder, aus denen er regelmäßig seine Inspiration schöpft. Auch ″Paris, Texas″ ist eine vielschichtige Synthese seiner persönlichen Erfahrungen mit dem amerikanischen Kino und dem amerikanischen Traum.

Es lohnt, sich das Roadmovie, das als bemerkenswert für seine Bilder der texanischen Landschaft und des Klimas angesehen wird, nach der digitalen Bearbeitung noch einmal oder auch zum ersten Mal zu Hause anzusehen.

Foto 1: Harry Dean Stanton als Travis © Wim Wenders Stiftung, Studiocanal, ARTE
Foto 2: Nastassja Kinski als Jane © Wim Wenders Stiftung, Studiocanal
Foto 3: Hunter Carson als Hunter © Wim Wenders Stiftung, Studiocanal

Info:
Paris, Texas (Deutschland, Frankreich, Großbritannien 1984)
Genre: Drama, Roadmovie, Filmklassiker
Filmlänge: ca. 141 Min.
Regie: Wim Wenders
Drehbuch: Sam Shepard
Darsteller: Harry Dean Stanton, Nastassja Kinski, Dean Stockwell, Aurore Clément, Hunter Carson, Bernhard Wicki u.a.
FSK: ab 6 Jahren
″Paris Texas″ wird in der restaurierten Fassung am Mo. 18.08.2025 um 20:15 Uhr bei ARTE gezeigt und dort am Do. 21.08.2025 um 14:00 Uhr wiederholt. Der Film ist vom 18.08. bis zum 15.11.2025 auch in der ARTE Mediathek abrufbar.

Zusatz: Nach dem Filmklassiker zeigt ARTE um 22:35 Uhr noch die Die Dokumentation ″Wim Wenders – Der ewig Suchende″ (2025). Sie ist Online vom 11.08. bis 08.11.2025 bei ARTE abrufbar.