moomooSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. Oktober 2025, Teil 6

Christian Ditter

Berlin (Weltexpresso) - Regisseur Christian Ditter erinnert sich noch genau an den Moment, als er auf Michael Endes Roman „Momo“ aufmerksam wurde: „Meine ältere Schwester Katrin drückte mir ihr Lieblingsbuch in die Hand und sagte: Du musst das lesen! Wenn Du nur ein Buch in Deinem Leben liest, dann dieses!“ So wurde „Momo“ bald auch das Lieblingsbuch des damaligen Grundschülers Christian Ditter: „Als Kind fand ich es faszinierend, dass man die Zeit stehlen oder anhalten kann. Und ich fand es spannend, dass ein obdachloses Mädchen den Kampf gegen die grauen Herren aufnimmt, um ihre Freunde und die ganze Welt zu retten.“

Der Roman, den Michael Ende in seiner Wahlheimat Italien schrieb und 1973 im Stuttgarter Thienemann Verlag veröffentlichte, begleitete Christian Ditter ein Leben lang. „Als meine Kinder im Grundschulalter waren, habe ich ihnen das Buch vorgelesen. Alle drei haben sehr unterschiedlich reagiert: mein Sohn auf die Abenteuergeschichte, meine erste Tochter auf den Aspekt des Zuhörens, und meine zweite Tochter wollte einfach immer nur wissen, wie es weitergeht.“ Beim Vorlesen erkannte Christian Ditter, dass er als Erwachsener einige Aspekte des Buches anders sieht als in seiner Kindheit. „Ich habe gemerkt: Ich identifiziere mich nicht mehr wie früher nur mit Momo, die andere vor den Zeitdieben beschützen muss, sondern bin in mancherlei Hinsicht ein Opfer der Zeit-Diebe geworden. Ich war erstaunt, auf wie vielen Ebenen das Buch funktioniert und wie aktuell es auch heute noch ist.“

Es blühte ein Wunsch wieder auf, den Christian Ditter schon zu Beginn seiner Laufbahn als Filmemacher hatte: eine moderne Neuverfilmung seines Lieblingsbuches. „Nach dem Studium hatte ich das Gefühl, noch nicht genug Erfahrung zu haben, um einen derart populären und komplexen Stoff für die Leinwand zu adaptieren.“ Das änderte sich, nachdem Christian Ditter, gemeinsam mit Produzent Christian Becker, Familienfilme wie DIE VORSTADTKROKODILE und WICKIE AUF GROSSER FAHRT sehr erfolgreich ins Kino gebracht hatte und später auch in den USA als Regisseur und Autor Fuß fassen konnte.

Als Produzent Christian Becker die Michael-Ende-Verfilmungen JIM KNOPF UND LUKAS DER LOKOMOTIVFÜHRER (2018) und JIM KNOPF UND DIE WILDE 13 (2020) in die Kinos brachte und sich schon länger um die MOMO-Rechte bemühte, erhielt Christian Ditters Idee, Momos Geschichte zu verfilmen, neuen Rückenwind. „Es war sehr hilfreich, dass Christian Becker durch die JIM KNOPF-Filme gute Kontakte zu Roman Hocke und Wolf-Dieter von Gronau hatte, die Michael Endes Werk verwalten“, sagt Christian Ditter. Beide waren den Plänen gegenüber aufgeschlossen. „In Michael Endes Roman ,Die unendliche Geschichte` steht: Jede Generation muss einen neuen Zugang zu Phantasien finden“, sagt Roman Hocke, „und so war es auch an der Zeit, dass eine neue Generation einen neuen Zugang zu ,Momo` findet.“

Produzent Christian Becker wusste, dass MOMO die größte und teuerste Produktion in der Geschichte seiner Rat Pack Filmproduktion werden würde. Deshalb plante er von Anfang an, die moderne Neu-Adaption des zeitlosen Klassikers für ein weltweites Publikum und in englischer Sprache zu produzieren, so wie es Bernd Eichinger 1984 auch mit Michael Endes 9 Roman „Die unendliche Geschichte“ gemacht hatte. „Man muss immer bedenken, dass ,Momo‘ mit mehr als zehn Millionen Exemplaren das weltweit meistverkaufte Buch von Michael Ende ist und in circa 50 Sprachen übersetzt wurde“, sagt Christian Becker und ergänzt: „Die größte Herausforderung für uns war: Wie adaptiert man ein Buch, das weltweit gelesen wird, das Generationen geprägt hat und mit dem wir alle sehr individuelle Erinnerungen verbinden, für die Leinwand?“


Das Drehbuch

Früh stand fest, dass Christian Ditter auch das Drehbuch schreiben würde. Dafür griff er einmal mehr nach dem Originalbuch, das seine Schwester ihm in den 80er-Jahren in die Hand gedrückt hatte, studierte Seite für Seite und fragte sich: „An welche Szenen erinnere ich mich aus meiner Kindheit und nach dem erneuten Lesen? Welche Gefühle ruft der Roman bei mir hervor? Was berührt mich an der Geschichte und an den Figuren?“ Die Antworten notierte er auf Karteikarten, aus denen er zunächst die Struktur des Films grob vorkonstruierte:
Schon in der Drehbuchphase waren Wolf-Dieter von Gronau und Roman Hocke als Berater in viele Prozesse eingebunden. „Wir haben sehr konstruktiv und offen unsere Meinungen mit Christian Ditter ausgetauscht und waren immer bemüht, nach guten Lösungen zu suchen, sagt Roman Hocke. Einer dieser Diskussionspunkte war der Einstieg in den Film: „Michael Ende wollte am Anfang des Buches jede Geschwindigkeit rausnehmen“, erklärt Roman Hocke. „Er sagte: Lieber Leser, du willst gleich zum Plot und in Spannung versetzt werden, aber lehne dich zurück, nimm dir die Zeit und lasse dich auf die Geschichte ein, die erst sehr spät im Buch beginnt.“ Roman Hocke wusste, dass diese Strategie des Romans nicht mit der temporeichen Erzählweise heutiger Kinofilme zu vereinbaren ist, stellte aber klare Forderungen an die Einführung der Titelfigur: „Momo muss jemand sein, von dem niemand weiß, woher sie kommt. Das war Michael Ende sehr wichtig. Sie ist vielleicht ein Engel, der geschickt wurde, um die Menschheit zu retten. Sie sollte unbedingt ihr Geheimnis behalten. Darauf haben wir großen Wert gelegt.“

Christian Ditter schrieb mehrere Versionen der Geschichte. Einige Drehbücher hielten sich eng an die Buchvorlage, andere wichen stark davon ab. „Natürlich muss man Dinge zusammenfassen, Figuren verdichten, neue Aspekte ergänzen, weil sich die Welt in den letzten 50 Jahren weitergedreht hat und unsere Lebensrealität eine andere geworden ist“, sagt Christian Ditter, der beim Schreiben auch stets die Zielgruppe des Films im Blick hatte: „Ich wollte einen Film machen, den nicht nur ich als Fan des Buches und als erwachsener Kinobesucher gern sehen möchte, sondern an dem auch meine Kinder großen Spaß haben – ohne dass die Eltern sich langweilen oder die Jüngeren überfordert sind.“ Dieser Ansatz gefiel auch dem Produzenten Christian Becker: „Wir haben entschieden, den Film im Vergleich zum Roman etwas älter und etwas größer zu machen, damit sich alle Altersklassen perfekt unterhalten fühlen und der Film auch in mehreren Jahren noch modern und aktuell herüberkommt.“

Amara Palacios, Creative Producer und ausführende Produzentin bei der Rat Pack Filmproduktion, beschreibt die Verfilmung als verantwortungsvolle Annäherung an einen literarischen Schatz – mit dem Ziel, seine Strahlkraft für heutige Zuschauer neu sichtbar zu machen. Entscheidend dabei war der Respekt vor der Tiefe und poetischen Kraft des Originals: „Das ist eine riesige Verantwortung, mit der wir betraut wurden, aber eben auch eine Chance. Ich liebe Momo! Ich habe das Buch als Kind gelesen und war fasziniert von dieser passiven Heldin, deren magische Kraft darin liegt, anderen Menschen zuzuhören. Mit Momo konnte ich mich viel besser identifizieren als mit vielen anderen Buchheldinnen aus meiner Kindheit.“

Parallel zur Arbeit am Drehbuch begann die Suche nach den richtigen Partnern für das internationalen Großprojekt. Bei der Constantin Filmproduktion, die 1984 schon DIE UNENDLICHE GESCHICHTE zum Welterfolg machte, fand Christian Becker im damaligen Vorstandsvorsitzenden Martin Moszkowicz einen begeisterten Mitstreiter. „Ich war beeindruckt, wie gut der Roman fünf Jahrzehnte überdauert hat und wie modern und aktuell Michael Endes Geschichte bis heute ist“, sagt Martin Moszkowicz. Als Executive Producer setzte er alle Hebel in Bewegung, um internationale Partner für die Finanzierung und weltweite Auswertung des Films zu finden. „Wir wussten aber immer, dass wir dieses Projekt aus Deutschland heraus realisieren wollten und nicht über ein großes amerikanisches Studio“, betont Martin Moszkowicz und verweist auf die lange Geschichte internationaler Filmerfolge der Constantin Filmproduktion.

MOMO ist nun eine Produktion der Rat Pack Filmproduktion in Kooperation mit Constantin Film Produktion sowie in Zusammenarbeit mit Westside Filmproduktion, Beta Film, Noisemaker, Pakt Media und Rocket Science. Gefördert wurde MOMO vom Filmfernsehfonds Bayern, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, der Filmförderungsanstalt, dem Deutschen Filmförderfonds sowie dem Croatian Audiovisual Centre (HAVC). „Diese Geschichte trage ich seit meiner Kindheit mit mir. Und es hat sechs Jahre intensiver Arbeit gebraucht, um sie so auf die Leinwand zu bringen, wie sie es verdient.“, zieht Regisseur Christian Ditter Bilanz.

Foto:
©Verleih

Info: 
Genre: Fantasy, Kinder- und Jugendfilm, Romanverfilmung
Filmlänge: ca. 91 Min.
Regie: Christian Ditter
Drehbuch: Christian Ditter
basierend auf dem Bestseller ″Momo″ (1973) von Michael Ende
Darsteller: Alexa Goodall, Araloyin Oshunremi, Kim Bodnia, Claes Bang, Laura Haddock, Jennifer Amaka Pettersson, David Schütter, Martin Freeman, Skylar Blu Copland, Maxwell Smith u.a.
 
Abdruck aus dem Presseheft