leben1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. Oktober 2025, Teil 17

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Vorneweg: Das ist mal ein Film, in dem die Darsteller so sehr ihren Rollen gleichen, eine so erstaunliche Übereinstimmung zwischen Rolle und Verkörperung besteht, das davon ein gewisser Zauber ausgeht. Dabei nervt einen Marie-Line ((Louane Emera) am Anfang durchaus. Diese lässige, absolut bunte junge Frau arbeitet in einer Kneipe als Kellnerin und verliebt sich in einen Gast und tatsächlich läuft was zwischen den beiden. Doch dann zieht er sich zurück, ohne erst einmal mit Worten ihr das Ende mitzuteilen.

 

Sie stalkt ihn. Anders kann man ihre Besessenheit, ihm zu folgen und ihn zu verfolgen, nicht nennen. Das eskaliert derart, dass sie vor Gericht kommt und von Richter Gilles (Michel Blanc) zu einer Geldstrafe und einem Kontaktverbot verurteilt wird. Doch gerade Geld hat sie ja nicht. Jetzt lernen wir eine ganz andere Marie-Line kennen. Sie hält ihren Vater aufrecht, einen Invaliden, dessen Bein leicht irgendwo in der Wohnung herumliegt. Er säuft und lebt passiv vor sich hin, sie versorgt ihn, sogar von ihrem wenigen Geld gibt sie ab. Die Schwester ist längst abgehauen, weil das familiäre Klima einen runterzieht.

 

Der Richter, kurz vor der Pensionierung und mit eigenen Problemen beschäftigt, mußte gerade seinen Führerschein abgeben, braucht eine Fahrerin und bietet ihr völlig überraschend an, ihn für ein gutes Entgelt den nächsten Monat zu fahren. Und jetzt beginnt der eigentliche Film, in dem die junge Frau in einer Warmherzigkeit, sprühenden Lebenslust und sehr überraschenden Handlungen das Herz der Zuschauer gewinnt, einfach gewinnen muß, weil sie den verknitterten Richter genauso aufrichtet, wie andere um sie herum.

 

Wenn da nicht bloß ihre Verliebtheit wäre. Sie kann das Kontaktverbot nicht einhalten und es passieren aufregende Sachen. Man muß die Ereignisse gar nicht aufzählen, was zählt ist das Gefühl, dass sich hier zwei Menschen treffen, die aus ihrer Gegensätzlichkeit  Kapital schlagen können. Gerade, weil sie so verschieden sind, können sie dämpfend, bzw. aufmunternd auf den anderen einwirken. Das Spiel hat jedoch für die, die französische Filme kennen und somit auch die lange erfolgreiche Karriere von Michel Blanc einen herben Beigeschmack, denn dieser ist im Oktober 2024 verstorben.

 

Andererseits ist es schön, dass er mit einer solchen Rolle im Gedächtnis bleibt. Der Richter hatte nämlich vor Jahren eine Frau, der ihr eigener Ehemann Gewalt antat, sie sich wehrte und dieser daraufhin starb, wegen Mordes zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt. Fand aber wohl im Nachhinein die Strafe nicht angemessen und fing an, die Frau im Gefängnis zu besuchen. Als einziger, weil sich die Tochter von der Mutter abgewandt hatte. Nach Verbüßung der Strafe holte er sie vom Gefängnis ab und besucht sie oft, aber verhält sich distanziert und eben nicht so offen und herzlich wie seine Gefühle sind. Aber dafür ist jetzt Marie-Line da! Und diese Szenen zwischen den beiden sind von einer erfrischenden Komik und Menschlichkeit auch.

 

Was wir auch nicht wissen, ist, dass Louane Emera in Frankreich eine ausgesprochene Berühmtheit ist. Sie ist schon länger als Sängerin ein Superstar und eben auch Schauspielerin, die sich hier nicht scheut, auch dicklich und häßlich aussehen zu können, aber mit ihrer Wandlung in eine selbstsichere junge Frau, die weiß, was sie will, immer schöner wird. Echt.

 

Sie können es einfach, die französischen Filmemacher, einen unterhaltsamen Film mit Wohlfühlbotschaften auf die Leinwand zu bringen. Da muß man sich nie fremdschämen, sondern kann über die vielen komischen Situationen, die das Zusammentreffen von so unterschiedlichen Menschen wie ein alter Richter und eine junge, noch orientierunglose spontane junge Frau mit sich bringen, herzhaft lachen. Da wird auf der Leinwand eine menschliche Wärme ausgestrahlt, die man noch im Kinosessel spürt.

Da ist genauso viel Hoffnung, dass alles gut geht, wie leise Befürchtung, es könne noch etwas dazwischen kommen. Aber es geht gut aus, selbst der ehemalige Freund will wieder der gegenwärtige sein. Er wird es auch, aber dann zieht Marie-Line davon und wird Jura studieren. Die acht Jahre, die sie brauchen wird, schrecken sie nicht ab. Sie weiß endlich, was sie will, wie auch der Richter endlich seinen Gefühlen folgt.

Foto:
©Verleih

Info:
Film: Wie das Leben manchmal spielt
Besetzung
Louane Emera ............Marie-Line
Michel Blanc...Richter Gilles
Victor Belmondo...... .Alexandre
Philippe Rebbot...... Der Vater von Marie-Line Fiche

Stab
Regie....... Jean-Pierre Améris 
Drehbuch und Dialoge............. .Marion Michau, Jean-Pierre Améris
Nach dem Roman...... ..„Changer le sens des rivières“ von Murielle Magellan, ...... erschienen bei Editions Julliard