Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Oktober 2025, Teil 2Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Stimme des Pumuckl ist etwas Einzigartiges. Wie war es für Sie, in die Fußstapfen von Hans Clarin zu treten?
Ich hatte offen gestanden schon ordentlich Respekt davor. Wir alle haben den Pumuckl im Ohr, seit wir klein sind. Und im ersten Moment dachte ich natürlich, hoppla, den Pumuckl gibt es schon, wie sollen wir das toppen? Aber es geht eben nicht darum etwas zu toppen, sondern diese tollen Geschichten weiterzuerzählen. Als ich die Bücher gelesen habe… da war ich platt.
Wahnsinn! So in einer Regieanweisung zu lesen: „Die Werkstatt erscheint in dem Licht, wie wir sie kennen.“ Wir nehmen das, was da ist, und erzählen die Geschichte weiter. Ein Verwandter vom Meister Eder kommt. Es ist ein respektvoller Umgang mit dem, was da ist. Deswegen war es auch dann gut, zu sagen: Ich steige in die Fußstapfen von Hans Clarin und arbeite in gewisser Weise ja auch mit seiner Stimme in den beiden Stimmversionen. Das ist etwas, wo man denkt: Ich kenn das, seit ich klein bin … Da hat man eine Mischung aus Respekt und Adrenalin und Freude. Das ist das, was man braucht.
Wie sind Sie rangegangen?
Man muss sich selbst in der Imitation anhören und trainieren. Max Giermann sagte mal, ich spreche das ein und hör es an. In der Endlosschleife quasi. Das ist wirklich ein Schlüssel für mich gewesen. Einsprechen und anhören… da hört man sofort, wo der Fehler ist, wo man noch feilen muss. Dann war ich auch bei meiner alten Schauspielschule, bei meiner Stimmdozentin, die mit mir ein Stimm Warm-Up ausgearbeitet hat… Das Aufwärmen der Stimme ist enorm wichtig. Sonst hält man das keine drei Tage durch. Trotzdem gibt es Drehtage, wo man sich vorbereiten kann, wie man will, wenn der Pumuckl in allen Szenen wütend ist und durchkreischt, bin ich am Abend doch lieber ruhig, sehr ruhig. Aber die Stimme gewöhnt sich daran. Es gibt einige Tricks … wie man mit der Bruststimme wirklich sehr hoch hinaufkommt. Und dann muss man es schaffen, die Resonanzen, die im Brustkorb liegen zu minimieren und trotzdem versuchen, gestützt zu sprechen. Ich habe mich viel damit befasst, denn ich hatte anfangs Angst, stimmlich an Grenzen zu stoßen. Zum Glück ist aber alles gut gegangen.
Nimmt man die Rolle abends mit heim?
Diese Gedankenwelt trägt man manchmal mit heim und haut so salopp im privaten Umfeld Sprüche als Pumuckl heraus. Das ist das Schöne an dem Beruf, sich in andere
Geisteshaltungen hineinversetzen zu dürfen. Pumuckl ist vielleicht nicht derjenige, der seinen Alltag verantwortungsvoll bestreitet. Aber das ist auch mal ganz lustig.
Hat Pumuckl Prinzipien, wiederkehrende Sätze?
Es haben sich einige Sachen entwickelt. Es sind Laute. Wenn er eine Arbeit vom Eder etwas kritisch beobachtet, sagt er gern „Ui ui Ui uiui…“ Das war ursprünglich eine Stimmübung. Dann ist das reingeflossen. Oder das typische Pumuckl „Aha“, so scheinbare Erkenntnisse, wo er meint, alles begriffen zu haben, was meistens nicht stimmt. An sich viel dieses Gerangel … wer ist der Chef in der Werkstatt…. In seinen Augen ist es ja seine Werkstatt, also auch sein Eder.
Für den Kinofilm erlebt der Pumuckl ein großes Abenteuer. Was passiert?
Sie gehen aus ihrer Gemütlichkeit hinaus. Am Anfang ist es noch so, dass beide vereint sind im Erleben von etwas Neuem. Pumuckl in der Natur, der Meister Eder baut ihm ein Floß, das sind liebevolle Bilder. Dann sind die an dem Ort, wo Meister Eder seine Ausbildung früher gemacht hat. Dort hat er eine Riesengaudi mit seinen alten Freunden. Der Pumuckl ist natürlich furchtbar eifersüchtig, weil er keine Aufmerksamkeit bekommt und es braucht nicht viel Fantasie, um sich zu überlegen, wie er sich die Aufmerksamkeit wiederholt. Die beiden haben manchmal eine Art Paarbeziehung, das hat doch eine gewisse Komik. Flori Eder steht vor der Frage, ob er die große Schreinerei übernimmt, und merkt im Verlauf: Er will lieber wieder seine alte Werkstatt. Das erkennen beide. Der Pumuckl vielleicht aber eher aus der Eifersucht heraus, weil er weiß, dass er dann seinen Eder wieder für sich hat und sich nicht irgendwo im bayrischen Postkarten-Idyll mit Hühnern und Traktoren beschäftigen muss. Er ist halt eher ein Stadt-Kobold.
Wie meinen Sie das?
Der Pumuckl auf dem Land bewegt sich mehr wie ein Naturforscher im 19. Jahrhundert mit Lupe. Er ist wie ein norddeutscher Tourist im Chiemgau. Pumuckl ist ein Exot in dieser Welt. Er ist eben nicht von hier. Für mich als Allgäuer war es schon eine Aufgabe, in den Pumuckl keine Dialekt-Färbung reinzubringen. Er ist jemand, der nicht so ganz in den Bayrischen Alltag passt. Dadurch bringt er auch die gemütliche bayerische Ordnung ins Wanken. Das ist ein wichtiger Auftrag, das zu tun. Weil in Süddeutschland alle meinen, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gegessen. Recht hat am Ende immer der Pumuckl.
Wie arbeiten Sie?
Es ist trotz der vielen Arbeit ein offener, spielerischer Prozess. Das ganze Team sprudelt, bringt Ideen ein, man probiert aus. Es ist Platz für Improvisation, das ist wirklich besonders. Es geht immer auch darum, die Magie zwischen den Zeilen einfangen.
Wie bayerisch war es beim Dreh?
Das ist für mich als Allgäuer manchmal viel. Der Rosi sagt manchmal Wörter, wo ich mir denke: Hoppala, was sagt er denn da jetzt? Ich verstehe es dann immer aus dem Kontext und habe mittlerweile eine Rosi-Vokabelliste. Es ist schön, dass es diesen Charme auch haben darf und muss, dass man sagt: Der Pumuckl-Kosmos ist so originär bairisch geschaffen und beschaffen – das muss einfach bleiben. Wenn man das heute erst erfinden würde, weiß ich nicht, ob man das so einem gesamtdeutschen Publikum zutrauen würde.
Waren Sie als Kind Pumuckl-Fan?
Pumuckl war immer und überall. Wir haben die Kassetten gehört. Röhrenfernseher und Antenne und 3 Programme und zum Glück Pumuckl. Wir sind beschallt worden vom
bayerischen Fernsehen und vom österreichischen Fernsehen. Aus Österreich kamen völlig verstrahlte Figuren wie wie Confetti TV, ein gelbes Wesen mit schriller Stimme. Ich fand den Pumuckl immer besonders. Gerade in der Kombination mit dem Eder: Anarchie und Ruhe.
Alle, die ich kannte, waren Pumuckl-Fans und sind es geblieben. Ich bin abgeschirmt worden von zu viel Medienkonsum. Meine Eltern sagten immer: Da ist der Hof, die Werkstatt, der Stall, geh raus. Das hat meine Fantasie beflügelt. Wir durften nur Formate schauen, wo in irgendeiner Weise eine liebevolle Botschaft drin ist. Ob das Michel aus Lönneberga war, Pippi oder Pumuckl… Wobei Michels Vater heute diskussionswürdig wäre und der von Pippi glänzte ja durch permanente Abwesenheit. Aber dennoch sind das Geschichten, die einem ans Herz gehen. Es ist eine Ehre, wenn man künstlerisch was machen darf, was die Leute unterhält und berührt. Das ist die schönste Arbeit, die man machen kann.