Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. Januar 2015, Teil 2

 

Kirsten Liese

 

Berlin (Weltexpresso) – Eigentlich haben Schul – und Schülerfilme eine lange filmische Tradition in Deutschland. Aber nach einer Durststrecke gibt es jetzt muntere, ja sogar freche und absolut stimmige neue Filme, die sich zunehmend mit den Eltern beschäftigen, wie dieser. Die Redaktion

 

FRAU MÜLLER MUSS WEG!

 

An der Dresdner Juri-Gagarin-Schule herrscht Untergangsstimmung innerhalb der Elternschaft: Weil die schlechten Noten ihrer Sprösslinge den Übergang auf das Gymnasium gefährden, will eine Delegation von Müttern und Vätern die vermeintlich schuldige Lehrerin (Gabriele Maria Schmeide) zur Aufgabe ihrer Klasse drängen.

 

Doch Frau Müller lässt sich nicht einschüchtern und verlässt wütend das Klassenzimmer. Nur ihre Handtasche bleibt wie ein Geist zurück und polarisiert die konsternierten Eltern. Während diese auf die Rückkehr der Lehrerin warten, beginnen sie sich erstmals mit ihren Erziehungsmethoden auseinanderzusetzen und realisieren dabei Widersprüche in ihren eigenen Vorstellungen. Als die Lehrerin zurückkehrt, steht ihr pädagogisches Konzept nicht mehr infrage.

Frau Müller muss weg! nimmt getreu des gleichnamigen Theaterstücks von Lutz Hübner, der auch am Drehbuch beteiligt war, augenzwinkernd die Hysterie von übermotivierten „Helikopter-Eltern“ aufs Korn - mit einigen Seitenhieben auf die noch nicht überwundene Kluft zwischen Ost und West. Die Adaption bereitet im Verlauf eines Nachmittags das Thema mit scharfzüngigen Dialogen, skurrilen Wendungen und treffsicheren Pointen gleichermaßen ernst und unterhaltsam auf und wahrt den intimen Charakter des konsequent auf dem Schulgelände verorteten Kammerspiels mit einer dichten Inszenierung. Obwohl nicht in einer einzigen Szene die eifrig verhandelten Kinder zu sehen sind, vermittelt sich ein plastisches Bild von den sozialen Problemen in Schule und Elternhaus.

 

Eine Grundschulklasse als Arena elterlicher Eitelkeiten: Sönke Wortmann solidarisiert sich auf sympathische Weise mit der oft zu Unrecht gescholtenen Lehrerschaft, indem er ehrgeizige Eltern, die ihre Ambitionen auf ihre Kinder übertragen, porträtiert. Die Komödie gibt jedoch nicht nur Denkanstöße zur Rolle der Erziehungsberechtigten sowie über verkrampften Ehrgeiz, Vorurteile und Leistungsdruck, sie hinterfragt auch kritisch das deutsche Bildungssystem.

 

Darüber hinaus regt der Film Jugendliche zu grundlegenden Fragen der Erziehung an. Die Voraussetzungen für den Lernerfolg sind dabei ebenso relevant wie Leistungskontrollen, Zensuren, wechselnde Lehrpläne und den Umgangsformen zwischen Lehrenden und Lernenden. Die unterschiedlichen Aussagen der Filmfiguren zu bestimmten Sachverhalten lassen überdies spannende Rückschlüsse über die Kommunikation und die zwischenmenschlichen Beziehungen zu.