87. Oscarverleihung in der Nacht vom Sonntag auf Montag, 22./23. Februar, im Deutschen Filmmuseum Frankfurt, Teil 2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das Spektakel im Deutschen Filmmuseum, die angekündigte lange Oscarnacht, die begann um 23 Uhr, aber erst gegen Morgen wurden die wichtigsten Oscars ausgelobt: Film, Regisseur, Schauspieler.
Man darf dabei nicht vergessen, daß unterm Strich für die einzelnen Filme die Oscars in allen Sparten – Musik, Drehbuch, Kostüme etc. - zusammengezählt werden und sich dadurch eine neue Rangordnung ergibt. Offiziell wären dann für 2015 BIRDMAN und GRAND BUDAPEST HOTEL die beiden Sieger; beide Filme sind mit 9 Nominierungen gestartet und haben beide je vier Oscars erhalten. Aber welche? Und da sieht man dann die Wertung der Academymitglieder deutlich. Sieger auf der ganzen Linie ist BIRDMAN, der als Bester Film ausgezeichnet wurde, sein mexikanischer Regisseur Inárritu für die Beste Regie, das beste Originaldrehbuch und die Beste Kamera.
Begonnen hatte es jedoch – auch im Filmmuseum wird die Sendung von Pro7 gezeigt, auf unterschiedlichen Leinwänden, davon nachher noch mehr, erst die Oscars! - mit überraschend vielen Auszeichnungen für GRAND BUDAPEST HOTEL. Dabei wurden eine Menge Ausschnitte gezeigt, die einen in den Film, Eröffnungsfilm der Berlinale 2014, zurückversetzten. Wes Anderson ist da ein wunderbar versponnen-verspielter Film gelungen, der tatsächlich so unglaubliche Menschen in so phantastischen Gegenden zeigt, daß die Oscars für Bestes Kostümdesign, Bestes Szenenbild, Bestes Make-up und Frisuren (wirklich unglaubliche Typen und am schrägsten als muntere Greisin Tilda Swinton), Beste Filmmusik von Alexandre Desplat einfach passend sind. Die Geschichte ist zudem auf das alte Europa zugeschnitten und erinnert stark an das Riesenreich Österreich-Ungarn um die Jahrhundertwende 1900. Ein schöner Film mit einem Spitzenensemble, was die Schauspieler angeht – und zu großen Teilen in Görlitz und dem Studio Babelsberg gedreht.
Kommen wir zu BIRDMAN, der auch heißt: oder DIE UNVERHOFFTE MACHT DER AHNUNGSLOSIGKEIT. Zuerst einmal kann man sagen, daß Hollywood immer diejenigen Filme belohnt, die aus dem eigenen Milieu stammen und eine Spiegelung der Verhältnisse im Kino- oder Theatergeschäft sind. Das konnte man an der Oscarverleihung von THE ARTIST 2012, wo es um einen Stummfilmstar geht, deutlich sehen, wo zudem auch HUGO CABRET nominiert war, der die Anfänge unseres Kinos in Frankreich zeigt. In BIRDMAN geht es um einen ehemaligen Superhelden-Darsteller, der groß rauskommt, der Reiz der Satire wird verstärkt durch die Besetzung durch mit Michael Keaton, der durch seine Batmandarstellungen einst ein gefragter Mann war – und jetzt nach BIRDMAN vielleicht wieder.
Dennoch hat er den Oscar für den BESTEN SCHAUSPIELER nicht erhalten, den auch der bejubelte AMERICAN SNIPER-Darsteller Bradley Cooper nicht bekam. Dieser Oscar ging – wie wir gehofft hatten – an Eddie Redmayne für DIE ENTDECKUNG DER UNENDLICHKEIT für seine Darstellung des Astrophysikers Stephen Hawking. BIRDMAN bleibt aber der erfolgreichste Film dieser 87. Verleihung, die wieder im Dolby Theatre in Los Angeles stattfand, wobei die neue gute Sitte war, daß alle Nominierungen in inzwischen 24 Kategorien auch am Abend selbst verkündet wurden – und nicht nur die Gewinner.
Kommen wir kurz zu den Verlierern der Preisverleihung. Das sind einmal die, die überhaupt nicht nominiert waren, wie beispielsweise SELMAs Regisseurin und Hauptdarsteller, auch UNBROKEN von Angelina Jolie und andere. Bei den Nominierten gibt es zwei Hauptverlierer: THE IMITATION GAME und AMERICAN SNIPER. Ersterer Film hatte mit 8 Nominierungen nur einen Oscar erhalten, den für das Beste adaptierte Drehbuch. AMERICAN SNIPER hatte zwar 'nur' sechs Nominierungen, aber galt als großer Favorit in den nominierten Kategorien, bekam aber nur den Oscar für den den Besten Tonschnitt. Das ist wenig, aber – wie wir meinen – verdient wenig. Ein großer Verlierer ist auch BOYHOOD; der Film war ebenfalls sechsmal nominiert und bekam den Oscar nur für die weibliche Nebenrolle von Patricia Arquette. Die allerdings hatte einen großen Auftritt, als sie statt ausufernder Dankesworte dafür plädierte, daß sich die Menschenrechte, was Frauen angeht, auch im Filmgeschäft in den USA endlich mal durchsetzten. Fortsetzung folgt.
