Regisseur und Hauptdarsteller zeigen DIE LETZTEN GIGOLOS in Schlüchtern
Hanswerner Kruse
Schlüchtern (Weltexpresso) - Zum Schluss räumt Regisseur Stephan Bergmann den Stehtisch im Kuki-Kino im Exil zur Seite. Nun hat der in Schlüchtern lebende Peter Nemela – „Der letzte Gigolo“ – genügend Platz, um mit einer Zuschauerin noch einen Walzer zu tanzen. Gemeinsam hatten die beiden ihren Film vorgestellt, der seit sechs Wochen in den Kinos läuft.
„Die letzten Gigolos“ ist ein warmherziger Dokumentarfilm, der professionelle Kavaliere bei ihrer Arbeit auf dem Kreuzfahrtschiff „MS Deutschland“ begleitet. Das Tanzen mit älteren alleinstehenden Damen, die gerne solche Schiffsreisen unternehmen, ist Nemelas Job. Auch Flirts, das Rosenverteilen oder die Begleitung kleinerer Ausflugsgruppen gehört zu seinen Aufgaben. 30 Reisen unternahm er mit dem Traumschiff, seitdem er nach seiner Verrentung mit 72 Jahren noch einmal eine sinnvolle und tolle Rolle als „Gentleman Host“ fand.
Bergmann drehte seinen Debütfilm, in dem sehr viel getanzt wird, bei laufendem Betrieb auf dem Schiff. Mit erstaunlicher Offenheit sprechen einige weibliche Passagiere untereinander oder zur Kamera über den Tod ihrer Männer, Vereinsamung und Sehnsüchte. Diese sensible Dokumentation zeigt jedoch, wie Alleinstehende aktiv einen Weg aus Isolation und Einsamkeit im Alter finden: „Kreuzfahrten sind Balsam für die Falten“, meint eine Reisende. „Die machen süchtig“, ergänzt die blonde Witwe „Babsi“, die auch verkündet, nach dem Tod ihres Mannes nicht auf Sex verzichten zu wollen.
Doch es geht den Passagierinnen nicht (nur) um Sex, allzu intensive Kontakte sind den Gigolos sowieso untersagt, allein reisende Männer sind bei Kreuzfahrten in der Minderheit. Wenn zwei Frauen über den Tod ihrer Männer sprechen, begleitet von einer behutsamen Kamera, dann wird auch der heilende Aspekt dieser Reisen deutlich. Es gibt immer mal wieder Kameraschwenks über das Wasser, das die Begrenzung des Bordlebens aber zugleich hoffnungsvolle Weite zeigt.
Nach der Präsentation ihres Filmes stellten sich der Regisseur und sein authentischer Hauptdarsteller den Fragen des Publikums. Wie kommt ein so junger Filmemacher auf die Idee, ältere Menschen auf Kreuzfahrten zu begleiten? Seine Großeltern hätten sich auf einem Donaudampfer kennengelernt, meinte der Filmemacher, und ihn habe der „Kosmos eines Kreuzfahrtschiffes“ interessiert.
Allein hat Bergmann zwei Recherche-Reisen unternommen und erst dabei entdeckt, dass es die klassischen Chevaliers heute noch gibt. Vor dem Dreh machte er eine Ausschreibung für weibliche Passagiere, um sie auf der Reise mit der Filmcrew dicht zu begleiten. Mit der ungestümen und glamourösen „Babsi“ fand er ein würdiges Gegenüber für Nemela. Aus gut 50 Stunden Filmmaterial hat der Regisseur dann 86 Minuten spannende und doch berührende Unterhaltung destilliert.
„Die letzten Gigolo“, Deutschland 2014, Regie: Stephan Bergman, ohne Altersbeschränkung
FOTO: Hanswerner Kruse
Ein letzter Walzer - Peter Nemela tanzt mit einer Zuschauerin