Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. März 2015, Teil 4

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Im Verhältnis von Film zur Wirklichkeit gibt es in der Grauzone zwischen Mann und Frau sicher dieses Thema häufiger in Filmen. Aber woher sollten wir auch sonst wissen, wie sich Männer, die sich als Frauen fühlen, Frauen, die innerlich Männer sind, empfinden und welche Möglichkeiten sie haben, dem Inneren zu folgen?

 

 

EINE NEUE FREUNDIN

 

Erst einmal hat es viel Befremdliches, wenn wir die ersten Spuren des Anderssein von David (Romain Duris) wahrnehmen, weil Regisseur François Ozon einmal nicht die Pfade von Außenseitern in der Schwulen – und Lesbenszene betritt, wo solche Transvestitenfilme leicht spielen, wenn sie nicht gleich mit Pedro Almodóvar in eine andere Sphäre entrückt sind. Denn diese französische, ja was, Komödie, Gesellschaftskomödie, tragische Komödie spielt in der Welt der Arrivierten, wo das Geld und das Kultiviertsein zu Hause ist, was aber nicht bedeutet, daß man Herrin über Leben und Tod wäre.

 

Der Filmgeschichte liegt übrigens eine Novelle von Ruth Rendell zugrunde, die aber so verändert wurde, daß dies nur eine Randnotiz bleibt. Also, die Dame des Hauses, Laura, blonde Schönheit, geliebte Ehefrau von David, Mutter einer gerade geborenen Tochter, Lebensfreundin seit Geburt an von Claire AnaÏs Demoustier - in dieser Rolle als Rothaarige einfach süß), die uns das im Film mit vielen Rückblenden alles erzählt, ist tot, einfach so jung gestorben. Die Beerdigung ist der Zeitpunkt, mit der der Film einsetzt.

 

Da fühlt man immer bestimmte Hemmungen, sich um Menschen, die solchen Verlust erleiden, wie den Tod der Ehefrau und junger Mutter, nun zu kümmern, weil man nie weiß, ob das zu viel oder zu wenig ist, ob man sich aufdrängt oder jemanden alleine läßt. Mit diesen Gefühlen lebt Claire, die sie schließlich zwingen, den zurückgebliebenen Witwer David zu besuchen. Einfach vorbeizugehen, was heißt, ihn in verwirrender Pose anzutreffen: angetan mit blonder Perücke und in Lauras Kleidern gibt er der Kleinen das Fläschchen.

 

Was nun stattfinden, ist das Spiel, eigentlich ja bitterer Ernst, zwischen Anziehung und Abneigung, in dem sich Claire gefangen sieht. Denn der zur Frau gewordene David, der als schlanker großer Mann sogar nichts Weibliches an sich hat, wird nun zu ihrem Spielgefährten, weil er sich nur an Claires Seite in die böse Welt hinauswagt, was auch für Claire ganz neue Erfahrungen und Gefühle bringt, wenn sie mit ihm durch die Einkaufspassagen zieht und das Schoppen zelebriert, wobei viel Komisches passiert.

 

Die Lust an der Verkleidung, ist auch eine Lust am Rollenwechsel von Mann und Frau, so daß wir über die auftretende Komik meistens schmunzeln im Film und gleichzeitig wissen, daß solche Leben bitterer Ernst sind. Daß der Film so leicht wie schwer ist und etwas Changierendes beibehält, also tatsächlich so etwas wie ein drittes Geschlecht produzieren kann, ist den hervorragenden Schauspielern zu verdanken. Denn das Eigentliche, daß Frausein und Mannsein etwas durch die Gesellschaft Anerzogenes ist, das wissen wir schon lange, wenn nicht seit jeher, spätestens seit Simone Beauvoir.

 

Foto: bei den Filmfotos fanden wir leider den Hauptdarsteller nicht in Frauenkleidern mit dem Baby; er tritt dort nur mit blonder Perücke, schwarzer Sonnenbrille und Regenmantel auf: austauschbar.