Der Film von Mike Leigh ab 28.April neu auf DVD und BluRay

 

Margarete Frühling

 

München (Weltexpresso) - Der Film beginnt 1826 als William Turner (Timothy Spall) 51 Jahre alt und bereits ein ebenso bekannter wie exzentrischer Landschaftsmaler und Mitglied der Royal Academy of Arts ist.

 

Turner stammt aus einfachen Verhältnissen und lebt mit seinem Vater (Paul Jesson), einem ehemaligen Barbier, und seiner Haushälterin Hannah Danby (Dorothy Atkinson) zusammen. Sein Vater bewundert seinen Sohn, kümmert sich um das Bestellen von Farben und Leinwänden, er kocht und bewirtschaftet den Garten und wird dabei wie ein Diener behandelt. Hannah Danby verehrt den Maler, der nutzt sie aber nur sexuell aus und behandelt sie ansonsten wie eine Sklavin. Turner hat mit Sarah Danby (Ruth Sheen), Hannahs angeheirateter Tante, zwei uneheliche Töchter, die er nicht anerkennt. Auch seine neugeborene Enkelin interessiert ihn nicht.

 

Trotz seiner Unfreundlichkeit hat Turner viele Bewunderer und auch Mäzene wie den Earl of Egremont (Patrick Godfrey), in dessen Haus er mit anderen Künstlern debattiert und auch Skizzen anfertigt.

 

Turner reist mit dem Dampfschiff nach Margate und wohnt unter dem Namen Mr. Mallard bei der Familie Booth. Dabei ist sein Skizzenbuch sein ständiger Begleiter und Grundlage seiner Bilder: Mr. Booth (Karl Johnson) war Zimmermann auf einen Sklavenschiff, das inspiriert Turner später zu dem Bild "The Slave Ship" (1840).

 

1829 stirbt Turners Vater, die tiefe Trauer verarbeitet er in dem Bild "Death on a Pale Horse". Hannah wird weiterhin als Sexualobjekt benutzt und muss sich jetzt auch noch um seine Malutensilien kümmern.

 

Bei einer Ausstellung der Royal Academy hängt sein vornehmlich in Grau- und Blau-Tönen gehaltene Bild "Helvoetsluys - the City of Utrecht, 64, Going to Sea" (1832) neben dem Bild "Opening of Waterloo Bridge" von John Constable (James Fleet), bei dem die Rottöne dominieren. Darauf malt Turner einen roten Farbklecks auf sein Bild, das sich später als Boje herausstellt.

 

Turner reist immer wieder nach Margate und wohnt bei Sophia Booth (Marion Bailey), die inzwischen Witwe geworden ist. Es entwickelt sich zwischen Turner, der sich immer noch Mallard nennt, und Mrs. Booth eine intime Beziehung, die über viele Jahre andauern wird.

 

Turner lässt sich in Margate während eines Sturms im Ausguck eines Segelschiffs festbinden, um die Naturgewalten des Meeres besser auf der Leinwand darstellen zu können. Dabei holt er sich allerdings eine schwere Bronchitis, die er bei Mrs. Booth mit Hilfe von Dr. Price (David Horovich) auskuriert. Der Arzt, der Turner rät kürzer zu treten, wird nach einem zweiten Zusammenbruch Turners Mrs. Booth seine wahre Identität nennen.

 

Turner erlebt, wie sich die Gesellschaft durch Wissenschaft und Technik ändert. Er hält dies fest z.B. in den Bildern "The Fighting Temeraire" (über das Abwracken eines Schiffes der Schlacht von Trafalgar, 1838) und "Rain, Steam and Speed - The Great Western Railway" (1844), als ein Eisenbahnzug mit rauchendem Schornstein an ihm vorbeifahren sieht.

 

Turner malt immer weniger gegenständlich, was seinem Freund John Ruskin (Joshua McGuire) beeindruckt. Allerdings verspotten auch Ausstellungsbesucher seine immer weniger gegenständlichen Bilder, besonders nachdem Queen Victoria sie als "schmutziges gelbes Geschmiere" bezeichnet hat. Turner hat selbst wenig übrig für die Werke der Zeitgenossen, etwa die gerade aufkommenden Präraffaeliten. Als der Millionär Joseph Gillott (Peter Wright) Turner das Angebot macht, sein Gesamtwerk für 100.000 Pfund zu kaufen, lehnt er ab. Er will sein Werk der britischen Nation vermachen, damit es zusammen bleibt und öffentlich und kostenlos zugänglich ist.

 

Da sich Turners Gesundheit verschlechtert, zieht er sich mit Mrs. Booth in ein gemietetes Haus in Chelsea zurück. Turner lässt sich und auch Mrs. Booth von John Mayall (Leo Bill) fotografieren. Dabei diskutieren Turner und Mayall darüber, ob die Malerei eines Tages durch die Fotografie abgelöst wird.

 

Hannah entdeckt durch einen Brief Turners Adresse in Chelsea. Sie ist inzwischen durch ihre Arbeit mit den Farben durch eine Hautkrankheit entstellt. Sie fährt hin und erfährt, dass Turner dort mit einer Frau zusammenlebt. Sie geht nach Hause, ohne mit Turner gesprochen zu haben.

 

Turner ist sehr schwach, als eine Wasserleiche angeschwemmt wird, rennt er mit seinem Skizzenbuch im Nachthemd auf die Straße, kann sie aber nicht mehr zeichnen. Er stirbt am 19. Dezember 1851 in Chelsea.

 

 

Der Film Mr. Turner erhielt 4 Oscar- und BAFTA-Nominierungen, jeweils für Kameraführung (Dick Pope), Kostüme (Jaqueline Durran), Originalmusik (Gary Yershon), die teilweise doch etwas störend wirkte, und Produkt-Design (Suzie Davis und Charlotte Watts). Beim Cannes Filmfestival 2014 wurde Timothy Spall für seine Darstellung von William Turner als bester Darsteller ausgezeichnet.

 

Timothy Spall stellt einen William Turner dar, der grob, arrogant, selbstherrlich und von seinem Können überzeugt ist. Ihm sind gesellschaftliche Konventionen unwichtig, obwohl er sich natürlich auch gerne von seinen adligen Freunden aushalten lässt. Leider nimmt der knurrig grunzende Turner im Verlaufe der Geschichte immer mehr die Form einer parodierten Figur an. Trotzdem gibt der Film einen guten Eindruck zur Person des William Turner. Er zeigt seinen Fleiß und seine Besessenheit. Aber der Film schafft es nicht, dem Zuschauer zu erklären, warum Turners Bilder umstritten waren. Dazu fehlen Bilder von Portraits, obwohl Turner gezeigt wird, wie er z.B. eine Prostituierte im Bordell skizziert oder auch Personen in Herrenhäusern malt. Daneben zeigt der Film auch Mut zu Schmutz und Hässlichkeit. Wunderschön sind dagegen die Einstellungen, in denen die Stimmung und die Ästhetik der Landschaftsbilder des Malers eingefangen und in das Medium Film übertragen werden, z.B. in den Landschaften im Hintergrund. Die Oscarnominierung für Dick Pope ist absolut gerechtfertigt.

 

Der Film ist mit 144 Minuten etwas zu lang geraten und hätte an einigen Stellen problemlos gekürzt werden können. Es wiederholen sich einige Szenen, z.B. wenn Turner mit seinen Skizzen- und Malutensilien aus der Tür der Häuser in Margate oder Chelsea tritt oder aber seine häufigen Schiffsreisen. Daneben sind einige Szenen unverständlich; es wird nicht klar, welche Eigenschaften oder Positionen von Turner transponiert werden sollen, z.B. der Prisma-Versuch von Mary Somerville (Lesley Manville) in seinem Haus.

 

Trotz alledem ist Mr. Turner ein gut gemachtes Künstlerdrama, das sicher dazu anregt, sich wieder mal mit William Turner und den Malern seiner Zeit zu beschäftigen. Dazu befindet sich ein sehr interessantes Feature über die Herstellung des Filmes "Die Farbwelt des Mr. Turner" bei den Extras sowohl auf DVD als auch Blu-Ray.

 

Info

 

Mr. Turner ist ab 28.April 2015 auf DVD als limitierte Sonderedition, BluRay und als Video on Demand erhältlich. Der Film kommt als deutsche Fassung und in der Originalfassung in den Handel. Untertitel sind Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte und Englisch. Die Untertitel sind ausblendbar.

 

Bildformat der DVD ist 2,40:1 (16:9 anamorph), der Blu-ray 2.40:1 (1080/24p). Der Ton ist Dolby Digital 5.1 auf der DVD und DTS-HD Master Audio 5.1 auf der Blu-ray.

 

Extras sind bei DVD und Blu-ray gleich:

- Die Farbwelt des Mr. Turner

- Eine zusätzlich Szene

- Deutscher und Original Kinotrailer

- Audiokommentar von Regisseur Mike Leigh

- Audiodeskription für Blinde und Sehbehinderte

 

 

Mr. Turner - Meister des Lichts (Großbritannien 2014)

Originaltitel: Mr. Turner

Genre: Historien-Epos, Biopic

Filmlänge: ca. 144 Minuten

Regie und Drehbuch: Mike Leigh

Darsteller: Timothy Spall, Paul Jesson, Marion Bailey, Dorothy Atkinson u.a.

Verleih: Prokino Filmverleih

FSK: ab 6 Jahren

 

Bild: Timothy Spall als William Turner. © PROKINO Filmverleih