Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. Dezember 2014
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Am 7. Mai kommt die DVD zum Film EXODUS – Götter und Könige heraus, der am ersten Weihnachtsfeiertag in die Kinos kam – auch in unseres, allerdings blieb die Besprechung liegen, weshalb wir sie rasch vorausschicken, eh wir über den Film auf DVD berichten, die ja immer noch viel mehr als den Film verspricht.
Seit jeher hat sich Hollywood im besonderen mit den biblischen Stoffen – oft in großem Stil - beschäftigt und gerade in den letzten Jahren haben in den USA sogar Fernsehserien die Mythen im Detail erzählt . NOAH von Darren Aronofsky ist im Filmjahr 2014 des ALTEN TESTAMENTS in eine andere Richtung gegangen, Ridley Scott orientiert sich dagegen stärker an dem, was wir aus den Monumentalepen von gestern kennen, was beispielsweise Charles Heston in DIE ZEHN GEBOTE verkörperte. Doch gilt diese Orientierung am sozusagen klassischen Alten-Testament-Film nur für die Massenszenen, wo mit den heutigen technischen Möglichkeiten unglaubliche Schlachtszenen auf die Leinwand gezaubert werden, aber auch zum ersten Mal die doch zwischen sieben und zehn ägyptischen Plagen grandios den Schrecken produzieren, der am Ende den ägyptischen Pharao zum vorläufigen Einlenken und dem Freilassen der als Sklaven gehaltenen Hebräer unter Moses führt.
Halt. Spätestens hier muß man die Geschichte von vorne erzählen, die fast nie berücksichtigt, weshalb überhaupt die Hebräer in Ägypten waren. Denn sie sind nicht aus angestammten Gebieten vertrieben oder verschleppt worden, was geschichtlich sehr viel später mit der Babylonischen Gefangenschaft 597 vor Chr. stattfand.. Sie waren Nomaden, zogen durch die Wüste und kamen nach Ägypten, weil sie von den guten Lebensbedingungen dort gehört hatten. Das ging jahrhundertelang gut. Mit dem Bau der großen Pyramiden wurden sie allerdings von Ramses I. als Arbeitskräfte versklavt. Wir befinden uns jetzt in der geschichtlichen Zeit um 1290 v. Chr. Da der Pharao von einer Weissagung gehört hatte, dernach ein Hebräer die Sklaven in die Freiheit führen werde, kam es zum Mord an deren männlichen Nachkommen. Und nun tritt Moses und sein Schilfkörbchen auf.
Doch Scotts Film setzt später ein, denn er will ja die Geschichte des Auszugs der Israeliten aus Ägypten erzählen. Und da die geschichtliche Grundlage eh nicht vorhanden ist, kann man ihm auch nicht vorwerfen, daß er die Verhältnisse am ägyptischen Hof so schildert, wie er es für den Ablauf seiner Dramaturgie braucht. Und spätestens hier merkt der Zuschauer auch, daß wir nicht eine auf antik gequälte, angeblich wahre Geschichte miterleben, sondern eine moderne Version, wie unsereins sich das als damals so vorstellt. Ridley Scott hat übrigens von sich selber sagte, er sei als Agnostiker besonders geeignet einen Film über dies biblische Thema zu machen, denn er, der nichts glaube, müsse um so beeindruckendere Bilder finden, damit die Zuschauer glaubten, was sie da sähen.
Der alte Pharao Sethos (John Turturro) vertraut Moses (Christian Bale) stärker als seinem eigenen Sohn Ramses II. (Joel Edgerton); beide wuchsen miteinander wie Brüder auf. Ramses aber ist von aufbrausendem Wesen und immer wieder auf die Geisteskräfte des Moses eifersüchtig ist. Aus gutem Grund. Denn wieder ist es eine Weissagung, die gleich zu Beginn die personelle Situation klärt und dadurch verschärft: Ramses II. werde in der nächsten Schlacht durch den gerettet, der ihm nachfolgen wird. .Ab jetzt herrscht nackte Konkurrenz und die Weissagung bewahrheitet sich. In der Schlacht gegen die Hethiter rettet Moses Ramses II. Als Moses Mentor Sethos stirbt und Ramses der neue Pharao ist, ist auch klar, daß Moses den Hof schleunigst verlassen muß..
Er durchstreift die Lande und findet bei einem Beduinenstamm Aufnahme und eine Frau , die er heiratet und die ihm ein Kind gebärt. Nach neun Jahren erscheint ihm sein Gott in Gestalt eines Kindes – Achtung, ein schlauer Trick, denn der Gott Jahwe darf nicht abgebildet werden und ein Kind wirkt so harmlos und gleichzeitig irritierend, daß dessen Aussagen Moses erst mißtrauisch machen, dann beeindrucken und er ihnen schließlich folgt - und fordert Moses auf, sein unterdrücktes Volk aus der Sklaverei in die Freiheit zu führen. Ab jetzt nimmt der Film, der nach den Schlachtszenen des Beginns erst einmal ruhig die Erzählung weiterspinnt und sich auf das Geschehen zwischen Ramses und Moses konzentriert hatte, Fahrt auf. Denn als Ramses die Hebräer nicht gehen lassen will, schickt Moses' Gott die sieben bis zwölf Plagen.
Deren Darstellung wird in die Filmgeschichte eingehen, zumal das plastische Miterleben in der Darstellung einen endlich diese Plagen auch behalten läßt, da das Drehbuch die eine aus der anderen entstehen läßt. Das Nilwasser wird zu Blut, an dem die Fische sterben, weil die Krokodile mit den Menschen kämpfen; die Frösche verlassen das Wasser und gehen an Land, wo sie vertrocknen: ihre Kadaver ziehen die Mücken und dann die Stechmücken an, das führt zur Viehpest und so weiter. Das gewinnt eine eigene Dynamik und läßt die sonst für Spannung zuständige personelle Konstellation erst vor der letzten Plage eintreten: Moses tritt vor Ramses und fordert die Freilassung seines Volkes, andernfalls werde die nächste Plage eine furchtbare werden. Es ist der Tod aller erstgeborenen Knaben. Nur der Tod der ägyptischen Knaben, kein israelischer muß daran glauben. Also verliert auch Ramses seinen Sohn – und läßt die Hebräer ziehen.
Zumindest im ersten Augenblick. Und das ist einer der wenigen Momente, die Ramses menschlich erscheinen lassen. Er betrauert seinen Sohn. Der Film läßt aber Ramses rasch seine Entscheidung bedauern und korrigieren. Und was Scott dann noch einmal zum Finale als langwährende Verfolgung durch die Ägypter und Rettung durch das Rote Meer, das sich vor den Israeliten auftut, als überbordendes Spektakel aufbietet, trifft nicht mehr so unter Interesse, obwohl es gewaltige Bilder sind, wenn das Meer sich auf ganz neue Art teilt und ein Tsunami dann die Ägypter hinwegspült.
Bisher in Weltexpresso:
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/4335-exodus-goetter-und-koenige