„Nation, Pigs und Cha-Cha-Cha in PASOLINI´S MAMMA ROMA” sowie Nunsploitation
Lona Berlin
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie man sieht, wird die neueLecture zu Pier Paolo Pasolini von Cesare Casarino am Donnerstag, 9. Juli um 20:15 Uhr in englischer Sprache abgehalten, wobei man sich beim Namen fragt, weshalb nicht auf Italienisch, was sich erübrigt, weiß man, daß Cesare Casarino in Minnesota/USA lehrt.
Sexualität, Spiritualität, Macht: Pier Paolo Pasolini hielt sich nicht mit oberflächlichem Geplänkel auf, sondern stach mit seinen Filmen, Büchern, Gedichten und Essays mitten hinein ins Wespennest der politischen und gesellschaftlichen Missstände im Italien der 1960erund 70er-Jahre. Viele seiner Werke lösten Skandale aus, und immer wieder musste Pasolini seine Kunst vor Gericht verteidigen. 1975 starb Pasolini eines gewaltsamen Todes. Die Umstände sind bis heute nicht vollständig aufgeklärt.
Filmische Werke, die sich mit dem Ausnahmeregisseur beschäftigen, begleiten die Vorträge in der Reihe „Lecture & Film“. Im Juli zeigen Klassiker des „Nunsploitation“-Kinos Anfang der 1970er Jahre, in welcher filmischen Landschaft Pasolini seine so kunstvollen wie anstößigen Werke drehte.
„NATION, PIGS AND CHA-CHA-CHA IN PASOLINI´S MAMMA ROMA”
Lecture von Cesare Casarino (in englischer Sprache)
Donnerstag, 9. Juli, 20:15 Uhr
Zu einem Zeitpunkt, an dem Italien ein bislang ungekanntes Wirtschaftswachstum erlebt und in den Kreis der voll industrialisierten Nationen eintritt, erklärt Pasolini in MAMMA ROMA (IT 1962) das nationalkulturelle Projekt für gescheitert, das mit dem filmischen Neorealismus der 1940er Jahre assoziiert wird und von den kleinbürgerlichen Aspirationen der städtischen Unterschicht getragen war. In Pasolinis Film kommt das Scheitern dieses nationalen Projekts in den vielschichtigen Beziehungen zwischen Sex, Musik und Wiederholung zum Ausdruck, die das historisch Reale darstellen, welches das neue Italien weder zu verarbeiten noch zu assimilieren vermag.
Cesare Casarino ist der Direktor des Department of Cultural Studies and Comparative Literature an der University of Minnesota. Er hat eine Vielzahl von Büchern und Artikeln veröffentlicht, darunter eine Reihe von Texten zu Pier Paolo Pasolini.
MAMMA ROMA
Italien 1962. R: Pier Paolo Pasolini.
D: Anna Magnani, Ettore Garofolo,Franco Citti. 106 Min. 35mm. OmeU
Die Prostituierte Mamma Roma gibt ihr Metier auf, als ihr Zuhälter eine andere Frau heiratet. Sie holt ihren 16-jährigen Sohn Ettore zu sich, um ihm ein besseres Leben zu ermöglichen. Als Obst- und Gemüseverkäuferin hat Mamma Roma Erfolg und betreibt einen gutgehenden Stand auf dem Markt des Viertels. Nur ihr Sohn findet keine Arbeit. Mithilfe ihrer alten Kontakte versucht sie auf erpresserische Art, Ettore eine Anstellung zu verschaffen.
NUNSPLOITATION: Radikale Filme aus der Schaffenszeit Pasolinis
Nunsploitation-Filme sind Exploitation-Filme, die sich mit Nonnen und Klöstern im Kontext von Sex und Gewalt beschäftigen. Die überwiegend italienischen Filme stehen in der literarischen Tradition von Giovanni Boccaccio, Pietro Aretino und Denis Diderot. Zu Beginn der Nunsploitation- Welle drehte Pasolini seinen Film IL DECAMERON (IT 1970).
Freitag, 3. Juli, 22:30 Uhr
THE DEVILS Die Teufel
Großbritannien 1971. R: Ken Russell.
D: Vanessa Redgrave, Oliver Reed, Dudley Sutton. 111 Min. 35mm. DF
Frankreich im 17. Jahrhundert. Kardinal Richelieu will nach den Religionskriegen mit seinem Gefolge die Herrschaft über Frankreich erlangen. Pater Grandier, der die Unabhängigkeit seiner Stadt Loudon um jeden Preis erhalten will, ist ihm ein Dorn im Auge. So greift Richelieu zu einer List und beschuldigt Grandier der Ketzerei: Als Hexer soll er die Nonnen des Ursulinenklosters verführt haben. Es kommt zu einem Exorzismusprozess.
Freitag, 17. Juli, 22:30 Uhr
Samstag, 18. Juli, 22:30 Uhr
FLAVIA, LA MONACA MUSULMANA Flavia – Leidensweg einer Nonne
Italien/Frankreich 1974. R: Gianfranco Mingozzi.
D: Florinda Bolkan, María Casarès, Claudio Cassinelli. 96 Min. Blu-ray. OmU
Die islamische Welt breitet sich im spätmittelalterlichen Italien immer weiter aus. Flavia wurde bereits als Kind mit Gewalt konfrontiert, war ihr Vater doch ein plündernder und mörderischer Ausbeuter und Inquisitor. Als junge Frau geht sie ins Kloster, wo sie jedoch ebenfalls grausame Gewalttaten und Vergewaltigungen miterleben muss. Flavia beginnt an ihrem Glauben zu zweifeln. Sie sinnt auf Rache an der Männerwelt und schlägt sich auf die Seite der muslimischen Angreifer.
Samstag, 25. Juli, 22:30 Uhr
Freitag, 31. Juli, 22:30 Uhr
LES DÉMONS Die Nonnen von Clichy
Frankreich/Portugal 1973. R: Jesús Franco (Clifford Brown)
D: Anne Libert, Britt Nichols, Doris Thomas. 103 Min. 35mm. DF
Die sadistische Lady de Winter lässt eine Frau vom Großinquisitor foltern und als Hexe verbrennen. Auf dem Scheiterhaufen verflucht diese ihre Peiniger, die fortan in Angst und Schrecken leben. Denn die beiden Töchter der Getöteten leben – und eine von ihnen ist wirklich eine Hexe. Sie wachsen im Kloster auf, und schnell macht sich unter den Nonnen Unzucht breit, sexuelle Orgien und Mord kommen dazu. Als die unschuldige Tochter festgenommen wird, flieht die Hexe und hinterlässt eine Spur der Verwüstung. Regisseur Franco galt als Meister des abgründigen Genrekinos und wurde 2009 mit einem Ehren-Goya für sein Lebenswerk geehrt.
INFO:
Weitere Informationen unter pier-paolo-pasolini.de
Die Reihe organisieren das Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, das Institut für Kunstgeschichte und das Institut für Romanische Sprachen und Literaturen der Goethe-Universität gemeinsam mit dem Kino des Deutschen Filmmuseums im Netzwerk der Hessischen Film- und Medienakademie.