Der Film über den kommunistischen und adligen Widerstand im Nationalsozialismus von Ilona Ziok bei den Potsdamer Gespräche 2015

 

Hans Weißhaar und Claudia Schulmerich

 

Berlin (Weltexpresso) – Die Potsdamer Gespräche sind eine Einrichtung, die von vielen Organisationen getragen ist und für 2015 das Motto: 1945 – Brandenburg nach dem Krieg ausgerufen hat. Uns interessiert heute der vom Filmmuseum Potsdam für morgen, Dienstag, 21. Juli um 18/19.15 Uhr angekündigte Film mit Diskussion DER JUNKER UND KOMMUNIST (2009).

 

Der Film hat seinen aktuellen Bezug in seiner Thematik des 20. Juli 1944 und dem mißlungenen, aber immerhin versuchten Attentat auf Hitler, das mit der Erschießung der meisten Widerständler endete. Zuerst findet um 18 Uhr bei freiem Eintritt eine Gesprächsrunde zum Thema Widerstand im Filmmuseum Potsdam statt, an die sich die Vorführung um 19.15 Uhr anschließt, für die man Karten kaufen muß.

 

Titel der Veranstaltung ist: GEMEINSAM WIDERSTEHEN – KOMMUNISTISCHER UND ADELIGER WIDERSTAND IM NATIONALSOZIALISMUS. Die Veranstaltung wird moderiert vom Generalstaatsanwalt von Brandenburg Prof. Dr. Erardo Christoforo Rautenberg und Cornelia Radeke-Engst , Pastorin der Nadelkreuzkapelle. Die Nadelkreuzbewegung ist eine internationale Vereinigung, die ihren Anfang im britischen Coventry nahm, wo die Nazis im Luftkrieg 1940 die Kathedrale zerstörten, woran heute auf dem dortigen Ruinenaltar ein aus drei großen Nägeln gebildetes Kreuz erinnert, das für die Nagelkreuzbewegung für Versöhnung und Frieden steht.

 

Der Bezug zu Potsdam wiederum ergibt sich aus der Umbenennung einer Kapelle der Garnisonskirche in Nagelkreuzkapelle, was im letzten Jahr zum 70sten Jahrestag des Attentates stattfand. Die Kirche selbst ist zerstört, als Ruine 1968 gesprengt worden und ein möglicher Wiederaufbau wird in Potsdam heiß diskutiert, weil diese Kirche auch als Symbol für die unheilvolle Verquickung von Preußentum und Nationalsozialismus gilt. Es war dort, wo sich am 21. März 1933 der Reichspräsident Paul von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler die Hände reichten. Mit furchtbarer geschichtlicher Konsequenz.

 

Auf dem Podium sitzen zum Gespräch die Regisseurin von DER JUNKER UND DER KOMMUNIST, Ilona Ziok, die den Filme im Jahr 2009 herausbrachte, der Produzent und Komponist der Musik des Films Manuel Göttsching sowie Harald Wittstock vom Verein „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939“. Anwesend wird auch Elisabeth Ruge sein. Wer sie noch als Verlegerin des Berlin Verlages (u.a. Jonathan Littell mit DIE WOHLGESINNTEN von 2009 und gut zum Thema passend) und dann als Leiterin des Berliner Büros des Hanser Verlags kennt, weiß vielleicht nicht, daß sie über ihre Mutter, Fredereke Gräfin von der Schulenburg, mit dem im August 1944 hingerichteten Widerstandskämpfer des 20. Juli Fritz-Dietlof von der Schulenburg verwandt ist. Sie ist dessen Enkelin. Ihr Vater ist übrigens der Rundfunk- und Fernsehjournalist sowie Buchautor Gerd Ruge.

 

 

Zum Film

 

Das Besondere am Film von Ilona Ziok ist die Zusammenführung von kommunistischem Widerstand und dem der sich als Elite verstehenden Aufrührer des 20. Juli 1944. Dabei geht es nicht um eine Addition von Positionen, sondern um das filmische Aufeinandertreffen von zwei unmittelbaren Angehörigen beider Kreise, die überlebt hatten: der Arbeiter Fritz Perlitz (gest. 1972) und Carl-Hans Graf von Hardenberg (gest.1958). Beide kannten sich schon aus den heftigen Kämpfen gegeneinander in den 30er Jahren in Neuhardenberg und trafen sich 1944 im Konzentrationslager Sachsenhausen wieder.

 

Das ist nur die Kurzfassung einer spannenden Feindschaft, die zur Freundschaft wurde und die politische Kraft zeigt, die erwächst, wenn Konservative und Kommunisten sich gegen Hitler stellen. Eine harte Bewährungsprobe für die Verbindung ist dann die Übernahme des durch die SED enteigneten Schlosses Neuhardenberg, für das – Zufall – Perlitz als SED-Kreissekretär zuständig wird, während die von Hardenbergs im Westen leben. Nach 1989 wendet sich das wiederum ins Gegenteil. Die Familie von Hardenberg kehrt zurück und wird geehrt, Fritz Perlitz soll dagegen aller Auszeichnungen verlustig sein und vergessen werden.

 

Der tief menschliche und gleichzeitig hochpolitische Film hat in der Thematisierung von proletarischem und adligem Widerstand gegen die Nazi-Diktatur wichtige Unterstützung durch den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker erhalten. Er führt im Film aus: „Als Deutsche ehren wir das Andenken der Opfer des deutschen Widerstands, des bürgerlichen, des militärischen und glaubensbegründeten, des Widerstands in der Arbeiterschaft und bei Gewerkschaften, des Widerstandes der Kommunisten.“ Damit hat er zusammengeführt, was zusammengehört, zuvor aber immer nur getrennt und von einer unterschiedlichen Klientel für sich abgetrennt gefeiert wurde: der notwendige gemeinsame Widerstand gegen die Diktatur.

 

Kann sein, daß das Deutschland von 2015 sich gar nicht mehr erinnert, wie sehr diejenigen, die den 20. Juli im Westen feierten, den kommunistischen Widerstand als nicht wahrgenommen brandmarkten, während in der DDR gerade dieser hochgehalten wurde. Wie stark in der jungen Bundesrepublik die Verleugnung eines kommunistischen Widerstand betrieben wurde, kann man sehr gut daran erkennen, wie der Sozialdemokrat Fritz Bauer, dem der kommunistische Widerstand sicher sehr nahe stand, erfolgreich im Jahr 1951/52 darum bat, gesellschaftlich erst den Widerstand der Eliten vom 20. Juli 1944 als Tyrannenmord legitimieren zu können, ehe man sich um die von den Nazis besonders verfolgten Kommunisten kümmerte, die früher und entschlossener als andere gesellschaftliche Kräfte von Beginn an Hitler bekämpft hatten. Das ist wichtig festzuhalten, weil ja ein nicht geringer Teil der adligen Attentäter erst einmal Gefolgsleute Hitlers waren, die als von seiner Politik nach innen und außen Enttäuschte dann Hitlers Tod als die Voraussetzung des Weiterlebens von Deutschland sahen.

 

Diese schwierigen Positionen werden im Film durch die Gegenüberstellung bzw. Parallelisierung der beiden Schicksale Perlitz und von Hardenberg auf leichte Weise verständlich und zu einer Sache gemacht. Und dies in völlig unpathetischer Weise. Es sind die Menschen, die uns überzeugen, die hier wunderbar ins Bild gebracht sind und eine versöhnende Kraft weitergeben.