Die Youtube-Story am 5. und 12. August. Film von und Interview mit Tim Klimes, Teil 2
Klaus Hagert
Mainz (Weltexpresso) – Die beiden Filme über die Erfolgsgeschichte von YouTube, die der Filmemacher, Produzent, Autor, Journalist und umtriebige Redakteur im Online- und Fernsehbereich Tim Klimeš gemacht hat, fordern weitere Fragen nach seiner persönlichen Einschätzung unmittelbar heraus. Mit Tim Klimeš sprach Thomas Hagedorn.
Interview mit Filmautor Tim Klimeš
Was war für Sie bei der Recherche zur YouTube-Story faszinierender: daß diese kleine Bühne für selbsternannte Filmemacher so schnell immer größer wurde oder daß diese Videoplattform auf einmal insgesamt die Popkultur mitbestimmte?
Mich hat überrascht, wie enorm sich diese Plattform in den vergangenen Jahren gewandelt hat, von einer Plattform für Hobbyfilmer, zu einem professionellen Distributor von Unterhaltungs-Content. Ein Wandel, der nach meiner Meinung nicht zufällig kam, sondern Ergebnis einer klaren Unternehmensstrategie auf Seiten von YouTube/Google ist. Die "Professionalisierung" von YouTube – durch Multi-Channel-Networks, durch Kooperationen mit großen Publishern, etc. – war zwar schon lange spürbar, welche Fäden dafür im Hintergrund gezogen wurden, war mir neu.
Wie entwickelt sich denn das einstige Start-up derzeit unter dem Dach von Google: Verändert sich YouTube vom oft noch amateurhaft bestückten Gemischtwarenladen zum immer professioneller agierenden Medienproduzenten?
Ja, so kann man es zusammenfassen. Wir haben für diese beiden Filme mit mehreren YouTube-Executives gesprochen, die klingende Berufsbezeichnungen hatten wie "Director Content Partnerships“ oder "Director of Content Operations". Diese Bezeichnungen allein zeigen, dass die Frage, welcher Inhalt auf YouTube erfolgreich ist, nicht allein – wie oft zitiert – vom Publikum bestimmt wird. Die Manager im Hintergrund haben zumindest ein Auge darauf, was wann wie erfolgreich ist. Und sie fördern Erfolgreiches.
Welche Aussagen Ihrer Interviewpartner aus der YouTube-Welt haben Sie überrascht oder ein neues Licht auf diese Erfolgsstory geworfen?
Ich finde es bemerkenswert, daß zumindest Teile der Szene sich immer wieder hinterfragen. Es gibt kontinuierlich wiederkehrende Diskussionen unter den YouTubern, welche Verantwortung sie gegenüber ihren Fans haben, wie sie mit diesem neuen Erfolg umzugehen haben. Einen Diskussions-Beitrag zeigen wir auch im ersten Teil der "YouTube-Story". Ein zweiter, gänzlich anderer Punkt, der mich während der Recherche fasziniert hat: Ich habe mit dem amerikanischen Internetkritiker Andrew Keen, dem Autoren von "Das digitale Debakel", und mit dem Journalismus-Professor Jeff Jarvis über die Verantwortung YouTubes als Medienunternehmen gesprochen: Wie sollte sich ein Unternehmen verhalten, das regelmäßig als Propaganda-Plattform mißbraucht wird? Seien es Enthauptungsvideos des Islamischen Staates oder Kriegsbilder aus dem Irak – Propagandisten nutzen YouTube schon lange als Distributor für ihre fürchterlichen Bilder. Ab wann ist aber das Löschen von Videos Zensur? Und wer entscheidet, was gelöscht wird? Wie sollte YouTube mit ebenso furchtbar anzusehenden Augenzeugenvideos von Anschlägen, wie kürzlich in der Pariser Redaktion von "Charlie Hebdo", umgehen? Die Diskussion, die sich um diese ethisch-moralischen Fragen drehten, war höchst spannend – und sie wird in Zukunft weiter geführt werden. Einen Anfang haben wir in unserem zweiten Teil der "YouTube-Story" gemacht.
Und welches Signal ging von den zurückliegenden VideoDays in Berlin aus, Europas größtem YouTuber-Treffen: daß die YouTube-Stars immer mehr Fans bekommen oder daß diese Jugendkultur immer noch Szenecharakter hat?
Wenn Sie mit Szenecharakter meinen, dass YouTube ein "Nischenmarkt" ist, würde ich klar sagen: Nein! YouTube ist im Herzen der Jugendkultur angekommen. Für die Teenager von heute sind die sogenannten YouTube-Stars das, was für ihre Elterngeneration die Beatles oder A-ha waren. Und die VideoDays sind deren Happening.
Welche Relevanz hat YouTube für Ihr eigenes Leben?
Ich halte YouTube für eines der größten medialen Phänomene unserer Zeit, deshalb interessiert es mich. YouTube hat auf so vielen Ebenen Veränderung hervorgebracht, im Guten wie im Schlechten. Es hat mich gewundert, daß dieses Phänomen im TV bislang noch nicht wirklich durchleuchtet wurde – und ich hoffe, wir haben mit der "YouTube-Story" einen Anfang gemacht.
Biografische Angaben zu Tim Klimeš
Tim Klimeš, geboren 1986 im hessischen Groß-Gerau, ist seit September 2014 "Leiter TV & Digitale Projekte" bei der Produktionsfirma AVE, die zu Holtzbrinck Publishing gehört. Er verantwortet dort den gesamten Fernseh- und Online-Bereich an den Standorten Berlin, Mainz und München. Klimeš ist seit 2008 für die AVE tätig, zunächst als Online-Redakteur, seit 2010 als Chef vom Dienst, Producer und stellvertretender Redaktionsleiter, verantwortlich unter anderem für das Jugendmagazin "on3-südwild". 2011 wurde das von ihm entwickelte Kurzformat "140 Sekunden" mit dem "Grimme Online Award" ausgezeichnet. Für ZDFinfo hat Tim Klimeš unter anderem bereits die Doku "World of Warcraft: Geschichte eines Kult-Spiels" und die Netzkultur-Reihe "15 Minutes of Fame" realisiert.
INFO:
Sendetermine ZDFinfo und ZDF
ZDFinfo: Mittwoch, 5. August 2015, 20.00 Uhr
Die YouTube-Story: Videorevolution zwischen Katzen und Kinderstars
ZDFinfo: Mittwoch, 5. August 2015, 20.45 Uhr
Die YouTube-Story: Milliardengeschäft zwischen Pop und Politik
ZDF: Mittwoch, 12. August 2015, 24.00 Uhr
Die YouTube-Story: Videorevolution zwischen Katzen und Kinderstars
Weitere Sendetermine in ZDFinfo:
Dienstag, 11. August 2015, 0.45 Uhr (Teil 1) und 1.30 Uhr (Teil 2)
Mittwoch, 12. August 2015, 13.30 Uhr (Teil 1) und 14.15 (Teil 2)