Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. August 2015, Teil 1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Der Sikh Darwan (Ben Kingsley) ist in New York tagsüber als Fahrlehrer und nachts als Taxifahrer unterwegs. Bei einer dieser Taxifahrten bekommt er mit, dass sich Ted (Jake Weber) nach 21 Ehejahren von seiner Frau Wendy (Patricia Clarkson) scheiden lassen will. Da Wendy einen Brief im Taxi liegen gelassen hat, bringt Darwan ihn am nächsten Tag mit dem Fahrschulauto bei ihr vorbei.
Wendy, die sich bisher auf ihren Mann verlassen hatte, hat keinen Führerschein. Als sie das Fahrschul-Schild am Auto sieht, entschließt sie sich spontan, bei Darwan Fahrstunden zu nehmen und endlich den Führerschein zu machen. Ein zusätzlicher Anreiz ist, dass ihre Tochter Tasha (Grace Gummer) nach Vermont gezogen ist, und sie diese gerne besuchen möchte.
Darwan lebt als politischen Flüchtling in einer Kellerwohnung, hat aber im Gegensatz zu einigen seiner Mitbewohner (unter anderem dem Sohn seiner Schwester) die amerikanische Staatsbürgerschaft. Seine Schwester in Indien ist auf der Suche nach einer passenden indischen Ehefrau für ihn.
Wendy hätte sich keinen besseren Fahrlehrer aussuchen können. Darwan lässt sich weder von seiner unsicheren und manchmal unaufmerksamen Schülerin noch von rassistischen Anfeindungen aus der Ruhe bringen, auch nicht als Wendy durch ihre Unachtsamkeit einen Auffahrunfall verursacht. Durch den Unfall ist es später geworden als geplant und Wendy muss mit, als Darwan seine von der Schwester ausgewählte Braut Jasleen (Sarita Choudhury) am Flughafen abholt. Jasleen entspricht nicht ganz den Vorstellungen Darwans, da sie weder englisch lesen oder sprechen kann, noch Interesse an Kunst und Gedichten hat. Dennoch heiratet er sie. Das Verhältnis bessert sich erst, als sie gezwungen ist, allein einkaufen zu gehen und dabei eine andere indische Frau kennenlernt, die sie ihren Freundinnen vorstellt.
Wendy wird den Führerscheintest erst dann bestehen, als sie sich auch innerlich von ihrer Ehe und dem gemeinsamen Haus verabschiedet hat und bereit ist, sich auf etwas Neues zu konzentrieren. Auch Darwan wird sich erst auf seine Frau einlassen können, als er bereit ist, weniger zu arbeiten und sich stärker um sie zu kümmern.
Das Drehbuch von Learning to Drive geht auf eine Kurzgeschichte von Katha Pollitt zurück, die 2002 im New Yorker erschienen ist. Seit mehreren Jahren versuchten die katalanische Regisseurin Isabel Coixet und auch die beiden Hauptdarsteller Patricia Clarkson und Ben Kingsley, den Film finanziert zu bekommen.
Der Film lebt davon, dass hier gerade nicht die typischen Hollywood Klischees verwendet werden. Darwan und Wendy kommen sich näher und schließen im Lauf des Films Freundschaft. Sie sind aber beide lebensklug genug, um die sozialen und kulturellen Unterschiede zwischen dem gläubigen, aufrichtigen und traditionsbewussten Sikh Darwan (der in Indien Hochschulprofessor war) und der modernen Literaturkritikerin Wendy deutlich zu erkennen. Beide haben sich aber während der Fahrstunden verändert. Darwan wird lockerer und flexibler. Wendy lernt wieder tough und selbstbewusst zu sein - auch ohne ihren Mann, von dem sie so lange abhängig war. Deshalb ist das Ende unspektakulär. Die Geschichte ist damit umso glaubhafter, wenn der Film am Ende Wendy und Darwan in ein eigenständiges Leben entlässt.
Learning to Drive ist ein schöner und entspannter Film, der an keiner Stelle übertreibt, sondern leise und deshalb glaubhaft bleibt. Es ist ein Film für Menschen, die bereit sind, sich auch auf unspektakuläre Geschichten einzulassen.
Info:
Learning to Drive – Fahrstunden fürs Leben (USA 2014)
Originaltitel: Learning To Drive
Genre: Tragikomödie
Filmlänge: 90 Minuten
Regie: Isabel Coixet
Drehbuch: Sarah Kernochan nach einer Kurzgeschichte von Katha Pollitt
Darsteller: Patricia Clarkson, Sir Ben Kingsley, Grace Gummer, u.a.
Verleih: Alamode Film & Koch Media
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 06.08.2015
Bild: Patricia Clarkson & Sir Ben Kingsley, © Alamode Film, Koch Media