Filmreihe von heute bis Sonntag, 27. September im Deutschen Filmmuseum Frankfurt

 

Helga Faber

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das filmische Schaffen der Brüder Jean-Pierre (geboren 1951) und Luc (geboren 1954) Dardenne prägt ein teilnehmender Realismus, ihre Filme handeln von gesellschaftlich ausgestoßenen, emotional verarmten Menschen, die mit allen Mitteln versuchen, ihrem tristen Dasein zu entkommen.

 

1996 gelang den Brüdern mit LA PROMESSE der internationale Durchbruch, seitdem sind weitere sechs Spielfilme in einem einzigartigen und unverwechselbaren Stil entstanden. Die meisten ihrer Spielfilme wurden beim Filmfestival in Cannes uraufgeführt und dort von Kritikern und Publikum gleichermaßen gefeiert. Seit 2005 gehören Jean-Pierre und Luc Dardenne zu dem sehr kleinen Kreis von Filmemachern, die in Cannes mehrfach mit einer goldenen Palme ausgezeichnet wurden.

 

Filmreihe

 

Mittwoch, 02.09., 20:30 Uhr

DEUX JOURS, UNE NUIT Zwei Tage, eine Nacht

Belgien/Frankreich/Italien 2014. R: Jean-Pierre und Luc Dardenne

D: Marion Cotillard, Olivier Gourmet, F. Rongione. 95 Min. DCP. OmU

 

Sandra bleibt nur ein Wochenende – zwei Tage und eine Nacht – Zeit, um ihren Job zu retten: Wenn ihre Kollegen in einer Betriebs-Abstimmung für Sandras Entlassung votieren, erhalten sie einen Bonus von 1.000 Euro. Sandra, die eben erst eine Depression überwunden hat und selbst nicht weiß, ob sie kämpfen oder resignieren soll, spricht mit jedem ihrer 16 Kollegen. Jean-Pierre und Luc Dardenne nehmen auf nüchterne, aber doch zutiefst empathische Weise die Einzelschicksale in einer kleinstädtischen Arbeiterwelt in den Blick. Bei seiner Uraufführung auf dem Filmfestival in Cannes brachte ihnen der Film 15-minütige Standing Ovations ein.

 

 

Freitag, 04.09., 18: Uhr; Samstag, 05.09., 20:30 Uhr

LE GAMIN AU VÉLO Der Junge mit dem Fahrrad

Belgien/Frankreich/Italien 2011. R: Jean-Pierre und Luc Dardenne

D: Cécile de France, Thomas Doret, J. Renier. 87 Min. 35mm. OmU

 

Der elfjährige Cyril lebt im Kinderheim. Von dort reißt er aus, um seinen Vater zu suchen – und ein altes Fahrrad, das dieser ihm einst geschenkt hatte. Er begegnet der jungen Friseurin Samantha, die ihn schnell ins Herz schließt. Nach seiner Rückkehr ins Heim kümmert sie sich an den Wochenenden um ihn und gibt ihm seelischen Halt. Gewohnt unsentimental, doch deutlich positiver als in ihren bisherigen Filmen erzählen Jean- Pierre und Luc Dardenne in ihrem in Cannes mit dem großen Preis der Jury ausgezeichneten Film eine Geschichte über zerbrochene menschliche Beziehungen, die voller Wärme und Zuneigung endet.

 

 

Sonntag, 06.09., 20:30 Uhr; Dienstag, 08.09., 20:30 Uhr

LE SILENCE DE LORNA Lornas Schweigen

Belgien/Großbritannien/Frankreich/Italien 2008. R: J.-P. und L. Dardenne

D: Arta Dobroshi, Olivier Gourmet. 105 Min. 35mm. OmU

 

Die junge Albanerin Lorna träumt davon, mit ihrem Freund Sokol im belgischen Lüttich eine Snack-Bar zu eröffnen – doch dazu brauchen sie die belgische Staatsbürgerschaft. So lässt sich Lorna auf einen folgenschweren Deal mit einem Mafiaboss ein: Sie soll zum Schein den Drogensüchtigen Claudy heiraten und nach dessen baldigem Tod eine zweite Scheinehe mit einem russischen Mafiaboss eingehen. Der Plan geht schief, Lorna bekommt Zweifel und beschließt, Claudy zu retten. LE SILENCE DE LORNA wurde in Cannes mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet.

 

 

Freitag, 11.09., 18 Uhr; Samstag, 12.09., 20:30 Uhr

L’ENFANT Das Kind

Frankreich/Belgien 2004. R: Jean-Pierre und Luc Dardenne

D: Jérémie Renier, Déborah François, Jérémie Segard. 100 Min. 35mm. OmU

 

Was der 20-jährige Bruno will, das nimmt er sich. Von geregelter und ehrlicher Arbeit hält er nichts, er wickelt schräge Deals ab und gibt sein Geld planlos aus. Als seine Freundin Sonja eines Tages ein Kind von ihm bekommt, verkauft er es an eine Adoptionsfirma. Erst als Sonja zusammenbricht, kommt er langsam zur Besinnung. Der schnörkellose, eindringliche Film über den moralischen Reifungsprozess eines gewissenlosen Kleingauners besticht durch die nüchterne und wertungsfreie Darstellung des Lebens am Rande der Gesellschaft. Jean-Pierre und Luc Dardenne bekamen für ihn ihre zweite Goldene Palme.

 

 

Sonntag, 13.09., 20:30 Uhr; Mittwoch, 16.09., 20:30 Uhr

LE FILS Der Sohn

Belgien/Frankreich 2002. R: Jean-Pierre und Luc Dardenne. D: Olivier Gourmet, Morgan Marinne, Isabelle Soupart. 104 Min. 35mm. OmU

 

Der introvertierte und schweigsame Olivier ist Lehrmeister in einer Schreinerwerkstatt für verhaltensauffällige Jugendliche. Eines Tages bekommt er mit dem 16-jährigen Francis einen Lehrling, der ihn vor eine große Herausforderung stellt: Fünf Jahre zuvor war nämlich Oliviers kleiner Sohn getötet worden, als er einen Elfjährigen beim Diebstahl eines Autoradios störte – eben diesen Francis, der erst vor kurzem aus dem Gefängnis entlassen wurde. Ganz langsam und behutsam enthüllen die Regisseure diese Konstellation und entfalten auf psychologisch vielschichtige Weise die Annäherung zwischen den beiden.

 

 

Freitag, 18.09., 18 Uhr; Samstag, 19.09., 20:30 Uhr

ROSETTA

Frankreich 1999. R: Jean-Pierre und Luc Dardenne

D: Emilie Dequenne, Fabrizio Rongione, Anne Yernaux. 93 Min. 35mm. OmU

 

Die 18-jährige Rosetta lebt mit ihrer Mutter, einer Alkoholikerin, in einer Wohnwagensiedlung am Rande einer belgischen Kleinstadt. Nach nichts sehnt sich Rosetta mehr als nach Arbeit und einem normalen Leben. Für dieses ferne Ziel lässt sie nichts unversucht und kämpft tapfer und mutig, Tag für Tag. Per Handkamera verfolgen Jean-Pierre und Luc Dardenne Rosetta und registrieren mit äußerster Präzision jede ihrer Bewegungen. Ein Film, der authentisch und direkt den kompromisslosen Kampf einer jungen Frau um Selbstbestimmung zeigt – und in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde.

 

 

Sonntag, 20.09., 20:30 Uhr; Mittwoch, 23.09., 20:30 Uhr

LA PROMESSE Das Versprechen

Belgien/Frankreich/Luxemburg 1996. R: Jean-Pierre und Luc Dardenne

D: Jérémie Renier, Olivier Gourmet. 93 Min. 35mm. OmU

 

Der 15-jährige Igor ist Lehrling in einer Autowerkstatt. Nebenbei hilft er seinem skrupellosen Vater Roger bei Geschäften mit illegalen Einwanderern: Gegen hohe Mieten vermittelt Roger ihnen heruntergekommene Wohnungen und beschäftigt sie als Schwarzarbeiter auf seiner Baustelle. Als einer der Einwanderer bei der Arbeit tödlich verletzt wird, nimmt er Igor noch das Versprechen ab, sich um seine Frau Assita und ihr Baby zu kümmern. Die Brüder Dardenne thematisieren in ihrem vielschichtigen und intensiven Film neben der Einwandererproblematik auch die Emanzipation eines heranwachsenden Sohnes von seinem rassistischen Vater.

 

Freitag, 25.09., 18 Uhr; Samstag, 26.09., 20:30 Uhr

JE PENSE À VOUS Ich denke an euch

Belgien/Luxemburg/Frankreich 1992. R: Jean-Pierre und Luc Dardenne

D: Robin Renucci, Fabienne Babe. 85 Min. 35mm. OmeU

 

Die kleine Stahlarbeiterstadt Seraing, in der Jean-Pierre und Luc Dardenne zur Schule gegangen sind, ist Schauplatz ihres zweiten Spielfilms: Im Jahr 1980 werden hier die Fabriken geschlossen und Tausende Stahlarbeiter entlassen. Der Verlust seiner Arbeit stürzt den 35-jährigen Fabrice in eine tiefe Krise. Gelegenheitsjobs helfen über das Gefühl von Nutzlosigkeit nicht hinweg, und weil er nicht mehr weiter weiß, verlässt er eines Tages wortlos seine Frau und sein Kind. Seine Frau aber will nicht aufgeben und beginnt nach ihm zu suchen.

 

 

Sonntag, 27.09., 20:30 Uhr

FALSCHBelgien 1986. R: Jean-Pierre und Luc Dardenne

D: Bruno Crémer, Jacqueline Bollen, Christian Maillet. 82 Min. 35mm. OmeU

 

FALSCH, der 1987 im Internationalen Forum der Berlinale uraufgeführte erste Spielfilm der Brüder Dardenne, ist eine formal innovative Adaption des Avantgarde-Theaterstücks „Falsch“ von René Kalisky. In dieser modernen Version des Totentanzes landet Joe, einziger Überlebender einer jüdischen Familie, 40 Jahre nach seinem Weggang aus Berlin mit dem Flugzeug in New York. In der Ankunftshalle erwarten ihn seine in Konzentrationslagern umgekommenen Familienmitglieder und seine Jugendliebe, die Tochter eines Nazioffiziers. In dieser sonderbaren Zwischenwelt kommt es zu einer erbarmungslosen familiären Generalabrechnung.

 

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