Eine weitere Folge der neuen Filmreihe im naxos.Kino in Frankfurt heute!

 

Susanne Sonntag

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nein, den Oberlehrer will das naxos.Kino, das in der schönen Naxoshalle ausgesuchte Filme zeigt, den Oberlehrer wollen sie nicht spielen. Sagen aber: „Eine Gesellschaft wie die unsere braucht ein waches Bewusstsein für ihre Wurzeln, ihre Fundamente, damit sie rechtzeitig Alarm läuten und laut rufen kann: „Nie wieder“. Gerade wir Deutschen sollten wissen, wie schnell unser D – Zug entgleisen kann.

 

Wissen, ja, Wissen ist die erste Grundlage dafür. Und das das naxos.Kino immer mal wieder im Kino vermitteln. Der Film „1989 – Poker am Todeszaun“ war die erste Folge der Geschichtsstunde-Reihe. Sie erinnern sich: es ging um Ungarn, das den Fall der Mauer als erstes umsetzte. Die zweite Folge sahen Sie am kommenden Dienstag, dem 1. September, am Antikriegstag. Der Film heißt trotzig „Der längere Atem" und befasste sich mit der Wiederaufrüstung.

 

Am kommenden Dienstag geht es brandaktuell um Griechenland. Muß Deutschland noch Wiedergutmachung an Griechen bezahlen, die Opfer des NS-Terrors geworden waren? Die Bundesregierung schiebt diese Frage immer wieder unter den Teppich. Aber für viele Griechen ist das noch gar nicht "gegessen"! Beim Referendum wurden die Stimmen wieder lauter, die eine Wiedergutmachung verlangen. In dem kleinen Bauerndorf Distono etwa.

 

Deutschland ist der Feind“ - Griechische Überlebende offenbaren:

Wir haben wegen des Nazi-Terrors mit „Nein“ gestimmt (aus: focus)

 

Und bei dpa lesen wir:

 

"Nazi-Terror als Grund für Abstimmungsverhalten beim griechischen Referendum

Vorwurf: Deutschland habe seine historische Schuld nie beglichen

Überlebender: Gab nie eine Freundschaft zwischen Deutschland und Griechenland

 

Etwa 218 Menschen starben, als Nazis am 10. Juni 1944 in die griechische Ortschaft Distomo einfielen und wahllos Dorfbewohner erschossen. Anschließend brannten sie die Häuser nieder. Bei dem Massaker starben vor allem alte Menschen, Frauen und Kinder.

Denen, die überlebten, hat sich der Schrecken dieses Tages für immer ins Gedächtnis gebrannt. Die Folgen sind bis heute spürbar: Für Argyris Sfountouris war das Massaker von Distomo etwa einer der Gründe, in dem am vergangenen Sonntag abgehaltenen Referendum mit „Nein“ zu votieren."

 

Ja! Er kommt auch zum Filmgespräch in die Naxoshalle!!! Mit vier Jahren erlebte und überlebte der Bauernjunge Argyris in dem kleinen griechischen Bauerndorf Distono ein Massaker der deutschen Wehrmacht und der SS, bei dem er seine Eltern und 30 weitere Angehörige verlor inmitten der 218 Toten! Die ganze Unfassbarkeit des Krieges – wie lebt man mit einer solchen Geschichte?

 

Argyris lebt längst in der Schweiz und gibt mit seiner Sprache einen zünftigen Deutsch-Schwyzer ab. Aber so entspannt Argyris auch wirkt: die traumatischen Erlebnisse in seiner Kindheit beschäftigen ihn noch immer. Der Gedanke an eine „Entschädigung“ – sei es auch eine eher symbolische – läßt ihn nicht los.

In den 50er Jahren kam Argyris als Waisenkind in die Schweiz und begann eine Ausbildung. Bald schon unterrichtete er an Zürcher Gymnasien, begann griechische Dichter ins Deutsche zu übersetzen und arbeitete später mehrere Jahre, auch mit dem Schweizerischen Katastrophenhilfekorps als Entwicklungshelfer in Somalia, Nepal und Indonesien. Seit er wieder nach Europa zurückgekehrt ist, reist er häufiger zwischen der Schweiz und Griechenland hin und her – und die Aufenthalte in der alten Heimat werden immer länger.

 

Ein Film über den Umgang mit persönlicher Trauer – und über den Umgang mit historischer Schuld. Ein Film über die schier unlösbaren Schwierigkeiten einer wirklichen Aussöhnung, über die Suche nach Frieden – eine Reise mit offenem Ausgang.

 

Im Anschluß Filmgespräch mit dem Protagonisten Argyris Sfountouris und der Mitveranstalterin Elisabeth Abendroth vom Griechenland-Solidaritätskomitee. Dieser Kinoabend ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des naxos.Kinos mit dem Griechenland-Solidaritätskomitee Frankfurt und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen.

 

Die Moderationübernimmt Wolf Lindner, der das naxos.Kino leitet.

 

Info:

Dienstag, 8. September, naxos.Kino, Waldschmittstraße 19, 19.30 Uhr