Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. Oktober 2015, Teil 6

 

Heinz Markert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wir alle selbst sind – mitgehangen/mitgefangen - die Erzeuger von Katastrophen, Kriegen und Zerwürfnissen aufgrund unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Seit einiger Zeit nämlich geht`s in die Vollen: Das universelle Prinzips des Raubs zeigt sich im 'Landgrabbing', der Film weist auf eine neue Dimension der Zerstörung hin.

 

 

Zum dem sich beschleunigenden Prozess der Klimakatastrophe gesellt sich eine gesteigerte Dimension des Landraubs im Interesse des globalisierten Kapitals, mit all den Folgen und sich anbahnenden Abschlusskapiteln einer denkbaren Vollzerstörung der Biosphäre und der menschlichen Gemeinschaften, weltweit. Das gigantisch angewachsene Kapital sucht vor dem Hintergrund der gestiegenen Rohstoffpreise im Agrarsektor begierig nach Anlagemöglichkeiten, selbst wenn sie sich zerstörerisch gegen Menschen richten. Damit hat sich das epidemische Phänomen des 'White-Collar-Crime' (vergl. Vortrag von Fritz Bauer, 1966) weiter in die Weltgesellschaft hineingefressen.

 

Es geht um eine Dimension des Verhaltens unserer Großinteressenspieler, mit denen wir – aufgrund von Mittun oder Untätigkeit - Unruhen, Aufstände, Kriege, Morde und Endgamezustände der Naturzerstörung mit hervorbringen. Wir lassen es zu, dass die Länder der autochton-indigenen Gesellschaften den Rohstoff- und Nahrungsmittelimperien zum Fraß vorgeworfen werden, ihr menschheitliches Potential als billige Beute verramscht wird und dies im Zeichen des Fortschritts, des Wachstums und eines pervers gesteigerten Konsums, mit dauernd einem neuen Smartphonemodell. Damit schaffen wir uns die Kriege, Erhebungen, Massaker und eben auch die Bewegungen verzweifelter Flüchtlinge, die dann ganz verständlich bei uns anklopfen, dann aber als Gefahr dastehen.

 

Flüchtlinge verlassen ihre Heimatländer auch, weil sie durch die globale Politik überwiegend des Nordens und dessen Wirtschaftsordnung dazu gezwungen werden. Von den Rohstoffverkäufen kommt in ihren Gesellschaften wenig an. Ihre Umwelt wird zerstört. Sie werden um ihren Landbesitz gebracht. Ihre Heimatländer wurden durch das Vorgehen der Industrieländer in Unordnung und Chaos versetzt. Grund vor allem ist die Landraub- und Rohstoff-Raubpolitik entfesselter Konzerninteressen, gefördert durch die Hiwipolitik der politischen Kasten, hinter der auch enthemmte Wähler- und Konsumenteninteressen lauern. Bandenmäßig organisierte Milizen machen Kasse als bewaffnete Täter, Mörder und Abkassierer und schaffen mörderische Todeszonen für die Bevölkerung.

 

Im Kern funktioniert der Landraub wie folgt: im transnationalen Verwertungskonzert spielende Konzerne der Rohstoffgewinnung, des Abbaus und der Förderung von Rohstoffen, wie z.B. Kupfer oder Gold (mit Einsatz von Zyanid), nach denen die Industriestaaten hungern, oder aber des großflächigen Anbaus von Agrarerzeugnissen, der extrem umweltbelastend ist (mit Monokultur und Chemieeinsatz), gehen – unterstützt von korrupten einheimischen Machteliten – auf Raubzug in Gegenden und auf Ländereien, die bislang indigenen Gemeinschaften gehörten und von diesen seit Urzeiten besiedelt und mit traditionellen Methoden – also nachhaltig – bearbeitet wurden. Sie lassen die ursprünglichen Bewohner und AckerbauerInnen – unterstützt von ökonomischen Agenten der Konzerne – entweder gleich vertreiben oder sie für `n Appel und `n Ei abspeisen oder auch hinmorden, um das Feld für ihre Geschäfte freizubekommen. Dann ruinieren sie die Landschaften mit ihren Techniken, vergiften Wasser und Bäche (Folge: missgebildete Kinder), um auf diese Art und Weise die entwickelte Welt des glitzernden Konsums mit billigem Rohstoff und übelst industriell hergestellten Agrarprodukten zu versorgen.

 

Diese gesteigerte Dimension einer Politik des Raubes und der Zerstörung ist Gegenstand und - kritisch gewendet - Botschaft des Films „Landraub“. Er bringt an Vermittlungskunst auf, was des Cineasten Herz optisch und filmgestalterisch begehrt, sofern das hier auch gestattet sein muss, um das Monströse umso klarer aufzuzeigen. Er ist im Schnitt exzellent choreographiert, wenn auch zu einem Thema, das blankes Entsetzen hervorruft

 

Der Film wechselt, kontrastiert zwischen den Verheißungen und Versprechungen von Fond- und Bankmanagern, die mit gesteigerten Erträgen locken und den Folgen des neo-kolonialistischen Vorgehens der von ihrem Tun grenzenlos überzeugten Vorder- und Hintermännern.

 

'Das große Kapital hat die Sache entdeckt'

 

Auswahl der Kommentare des Films durch gesprochenes Wort und eingeblendete Schrift:

 

'Afrika birgt ein riesiges Potential', 'It is very attractive' contra

'Es ist ein großes Problem', 'kleine Bauern von ihrem Land vertrieben'

 

'Die Erträge sind sehr hoch', '...wurde zum großen Geschäft' -

'Aber wer zahlt die wirklichen Kosten?', 'sie haben mir mein ganzes Reisfeld genommen, ich habe nichts mehr'

 

'Es wird weltweit investiert', 'Ein großes Problem' -

'Es gibt keinen anderen Bauernhof mehr wie meinen', 'man hat 1000 Familien vertrieben'

 

'Konzerne eignen sich Land selber an', '...um für den europäischen Markt zu produzieren' -

'Sie haben gesagt: Ihr habt soundsoviel Hektar', 'Aber wir wussten nicht, was ein Hektar ist'

 

'Wer das Land besitzt, dem gehört die Zukunft', 'Für mich ist das eine neue Welle des Kolonialismus' -

'Sie werden jedes Mal mit einem Lächeln zur Bank gehen', auch, 'wenn man kleine Bauern von ihrem Land vertreibt und dort große, industriell organisierte Landwirtschaft betreibt'

 

und: '...dass uns das eines Tages teuer zu stehen kommt'

 

In diesem Wechselspiel der konträren Interessen entwickelt sich der Film „Landraub“.

 

Trailer:

http://www.filmstarts.de/kritiken/237439/trailer/19547675.html

 

http://www.nachdenkseiten.de/?s=Land+Grabbing&Submit.x=0&Submit.y=0

 

 

 

Meldungen der Vorjahre hatten längst auf die Probleme angesprochen. Hierzu einige

 

Belege

 

Peru: '...im Focus von deutscher Politik und Wirtschaft'. 'Ätzende Nachbarn'. 'Rohe Partnerschaft'. 'Wie der globale Hunger nach Rohstoffen in Peru Menschen ihre Lebensgrundlagen raubt' und: 'Misereor warnt vor Abkommen mit Peru' (FR 15.11.2013)

 

Thema ist auch der Widerstand der Campesinos gegen die Beraubung ihrer Lebensgrundlagen, die Missachtung ihres Menschenrechts auf saubere Umwelt und das zu wahrende Recht auf Transparenz, Teilhabe und Mitverantwortung für die langfristigen Lebensziele der Gemeinden. Einige stehen vor Gericht, weil sie ihr Recht auf Widerstand wahrgenommen haben.

 

http://www.fr-online.de/wirtschaft/rohstoffe-aus-peru-aetzende-nachbarn,1472780,25041660.html

 

 

Die Rolle der DEG

 

'Außer Kontrolle: Regierung will von Landkonflikten bei staatlicher Entwicklungsagentur nichts wissen' (FR 13.06.2014)

 

So lautete eine Überschrift mit Unterzeile. Die 'Entwicklungsagentur' ist die DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, eine Tochter der Staatsbank KfW).

 

'Im vergangenen Jahr stellt die DEG laut Geschäftsbericht 1,5 Mrd. Euro für die Finanzierung privater Investoren zur Verfügung.' (FR 13.06.2014) Die Investitionen galten Projekten in Afrika, Lateinamerika, dem Kaukasus und Asien. Moniert von Nichtregierungsorganisationen wird, dass einzelne Projekte nicht dem Grundsatz einer dauerhaften Armutsbekämpfung entsprechen, sondern der fortschreitenden Konzentration des Landbesitzes den Weg bereiten und das Ausbrechen von Konflikten fördern. 'Die Bundesregierung deckt Landgrabbing und Intransparenz im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit'. Es wird gegen die Einhaltung von Menschenrechten verstoßen.

 

http://www.fr-online.de/wirtschaft/landraub-ausser-kontrolle,1472780,27476536.html

 

Afrika ist auch betroffen

 

'Der Hunger nach Land' (FR 20.06.2014). Stichworte: 'endgültige Entmachtung der Kleinbauern', 'zehn indische Konzerne', 'Mursi umgesiedelt, in neu gebaute Reißbrettdörfer gesteckt', '200 Mill. Hektar für die Produktion von Biodiesel verwendet', 'Großteil...geht in die Herkunftsländer der Konzerne zurück'. 'Es handele sich, wie zu Kolonialzeiten, um „Landraub“ ', 'Den Agrarkonzernen ausgeliefert'. 'Äthiopien... Geburtsnation der „Grünen Revolution“ ': 'mehr Geld für Chemieprodukte und von internationalen Agrarkonzernen entwickelte Hybrid-Samen'.- 'Mit solchen Strategien machten sich Afrikas Kleinbauern...abhängig'. 'Afrikas Bauern fehlt die Lobby'.

 

Die meisten, ja fast alle Länder der Erde – auch die des Nordens! - verlieren schleichend und fortschreitend die Autonomie, die sie vor den Interessen der multinationalen Konzerne bewahren könnte, die keine menschlichen, sondern nur rein sachlich-geldliche, kreatürlich tote und alle Gemeinschaften der Welt untergrabende Interessen verfolgen,.

 

http://www.fr-online.de/wirtschaft/afrikanische-ressourcen-afrikas-bauern-fehlt-die-lobby,1472780,27543616.html

 

Info:

Auch als Buch: Landraub, Kurt Langbein, Ecowin Verlag, 2015 ISBN-13:9783711000736, Bestell-Nr. 42795797

 

Kinostart: 8. Oktober 2015