Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. Oktober 2015, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein zwiespältiges Gefühl bleibt nach der Dokumentation über den britisch-amerikanischen-britischen Maler und Alleskönner David Hockney zurück. Der Film, der eine Hommage ist, und auf jegliche, auch einmal kritische Stellungnahme – z.B. daß er immer für Reiche malte und die Geldgeber meistens ins Bild setzte – verzichtet, läßt ihn gleichzeitig nicht in der vollen Bedeutung als Künstler strahlen.

 

Strahlen können in diesem Film nur die Farben aus den Gemälden, vor allem aus der Zeit, in der man ihn dem Pop zuschrieb, als er serienweise Schwimmbäder in Kalifornien malte. Strahlen darf auch der Malerstar und die Menschen, die ihn umgeben. Daß Regisseur Randall Wright nur gute Gefühle dem Maler gegenüber hat, merkt man, aber es gehört zu einer Künstlerbiographie eben auch, die verschiedenen Wege aufzuzeigen, die Hockney, wenn er mit etwas außerordentlich erfolgreich war, verließ und etwas Neues probierte. Insbesondere die letzten Jahrzehnte und auch die fünfzehn Jahre seit seiner Rückkehr aus den USA nach England, kommen einfach zu kurz.

 

Nicht zu kurz kommt das private Leben des Künstlern, der eben auch Fotograf, Grafiker, Bühnenbildner war und das nun nicht allein additiv. Dazu gleich mehr. Er wurde 1937 in der britischen Provinz geboren, zu einer Zeit und einem Ort, wo Arbeiterklasse noch ein auszeichnender Begriff war. Man sieht die kleinen Reihenhäuser einer Arbeitersiedlung wie sie auch beispielsweise in Frankfurt Höchst stehen, die zwar Enge bedeuten, aber auch Wärme der Nachbarschaft als große Familie. Dabei waren die Hockneys schon mit fünf Kinder selber ein großer Haufen und die Verbundenheit der Familie spürt man im Film gut.

 

Die Familie ist es auch, die seine zeichnerische Begabung von Anfang an verspürte, insbesondere der Vater, von dem als Hobbyzeichner sie herrührte, förderte ihn, so daß der junge Hockney auf die Kunsthochschule ging. Hier werden seine Anfänge gut dokumentiert und die Jahre nach 1960, als er sich auch öffentlich als Homosexueller gibt, was bis 1967 noch strafbar war. Warum er in die USA geht, wird im Film nicht deutlich, aber man weiß, daß er einfach dem Ruf der großen weiten Welt folgte. Auch dem Geld. Aber das war nicht alles. Seine Pop-Malerei dieser Zeit brauchte das strahlende versengende kalifornische Licht. Wir sehen aber nur die knallbunten Bilder, die Kamera nutzt die Farben und Formen als Ritt über den Bodensee, das ist alles schön und gut, aber kein Erkenntnisgewinn, wenn man nicht dazusagt, für wen er das malte und daß diese Schwimmbadserie eben auch ein Geschäftsmodell wurde. David Hockney ist einer der Maler, der den Zug der Zeit genau erkannte und der Zeit ihre Bilder malte. Das ist erst einmal wertneutral, aber man muß es feststellen und auch sagen, wenn man über einen Künstler einen Dokumentarfilm macht.

 

Kein Wort darüber im Film und eben auch nicht,warum er nach knapp vierzig Jahren Amerika als 63jähriger in die Heimat zurückkehrt. Das sind doch derartige biographische Einschnitte, daß man sie vermitteln muß. Das ist das eine. Was uns wurmt, ist noch etwas ganz anderes. Wright unterschlägt wichtige Stilphasen, die für den Künstler Hockney elementar sind. Er war, ach was, er ist ein Suchender zwischen den Genres, und nutzt die Querverbindungen und Möglichkeiten wie keiner zuvor. Collagen sind gängige künstlerische Verfahren. Hockney potenzierte diese. Er fotografierte einen Stuhl. Dann malte er einen Stuhl, auf den er die Fotografie stellte. Oder er malte einen Stuhl, fotografierte ihn, und stellte den Stuhl mit seinen Abbildungen ins Museum. Schon zuvor hatte er in den Siebzigern mit Polaroidbildern Collagen gebildet, in denen die unbelebte Natur mit der belebten, also auch Menschen vereint ist. Eine andere, technisch motivierte Arbeit entstand durch Bilder aus dem Farbkopierer, bzw. Übertragen von Bildern mit Hilfe von Faxgeräten.

 

Berühmt war er in England schon lange, aber beliebt machten ihn seine Wärterbilder. Er bildete im selben Format alle Angestellten der National Gallery von London ab. Einfache Leute und wie man sieht, sehr oft ausländischer Herkunft. Endlich eine Abkehr von seiner Malerei der Reichen und angebliche Schönen. Die Ausstellung seiner Garde in London in besagter National Gallery war ein Fest für die Briten. Kein Wort im Film. Und auch kein Bild. Und auch nicht, wie seine Bäumebilder, das strotzende Grün, die bunten Wälder – völlig ohne Menschen – einen neuen Hockney brachten. Das war in London in der Royal Academy of Arts und zeigte so in etwas 200 Baumbilder.

 

Weil so viele fehlt und anderes ungesagt bleibt, läßt einen der Film skeptisch zurück. Er bietet inhaltlich zu wenig und ist gleichzeitig zu viel der Anbetung. Schade, denn die Motivation des künstlerischen Schaffens von Hockney wird nicht eingefangen.