Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. November 2015, Teil 4

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Seltsam, so schlimm wie alle Kollegen taten, fand ich den Film gar nicht. Man wußte doch, was auf einen zukommt und die Gewißheit, daß man nicht überrascht wird vom Film, war hier eher etwas Positives. Trotzdem ist die heile Welt, die uns mit all dem gutbürgerlichen elitären Getue von früher vorgegaukelt wird, schon daneben.

 

Ausstattungsoper sagen manche zu solchen Filmen, wo auch im Regen die Herrlein und Dämlein noch perfekt angezogen sind und von daher paßt der Film in die derzeitige Woge von Oktoberfestfeiereien, mit denen man demonstrieren will, daß man seinen Spaß hat und eben dazugehören will. Wozu? Eben auch zu einer Art heiler Welt des Naturwüchsigen. Fangen wir anders an. Wenn diese Familie Trapp aus Österreich, die der Nazis wegen ihre Heimat verließ und in den USA zum Mythos wurde, wenn diese Familie Trapp Anlaß so vieler Verfilmungen und auch von Bühnenwerken wurde, ja sogar eine Animeserie daraus entstand, dann kann man konstatieren: da ist was dran.

 

Denn einmal wird nicht der Tellerwäscher zum Millionär, sondern die bestens situierten, aber dem wirtschaftlichen und politischen Tageskampf nicht gewachsenen adligen Kriegsveteranen müssen ihre Heimat verlassen, finden aber in der neuen mit Glück und Zuversicht und dem Wollen der ganzen Familie ein neues Glück. So beschreibt es in ihrer Autobiografie, der der Film folgt, Agathe von Trapp, die älteste Tochter, die nach dem Tod der Mutter, Ersatzmutter wurde, bis dann die zweite Frau zuerst als Konkurrenz, dann als beste Freundin mit ihr das Schiff schaukelte und die Familie orientierte.

 

Nicht unflott und doch etwas sehr aufgesetzt, kommt die Rahmenhandlung daher. Denn wir nehmen an den letzten Vorbereitungen zu einem Weihnachtsfest einer besser gestellten Familie in den USA im ländlichen Montana teil, wo wir mitbekommen, daß sich die älteste Tochter Kirsty von Trapp (Lauryn Canny) dem festlichen Treiben entzieht und zu ihrer eigentlichen Mutter fahren will, da sie mit der zweiten Frau ihres Vaters (Robert Seeliger) nicht harmoniert, sich zurückgesetzt fühlt. Das bekommt ihre Großtante Agathe (Rosemary Harris) mit, fährt ihr zum Bahnhof hinterher und wie in Tausenundeiner Nacht erzählt diese alt gewordene Agathe von Trapp ihre eigene Geschichte, die der ihrer Großnichte so gleicht. Zumindest in der personellen Konstellation, weshalb die auch jeden Zug fahren läßt und gebannt lauscht und mit der Großtante zurück zur Familie fährt und mit dieser und insbesondere der Stiefmutter ihren Frieden schließt.

 

Wir finden den Film wahrscheinlich deshalb nicht so schlimm, weil wir die Berge lieben und da kann man sowohl in Österreich wie in Montana Vergleichbares sehen. Einfach schön. Einfach schön fotografiert, der Schnee und so. Doch die eigentlich Geschichte findet ja um und in Salzburg statt, wo die Mutter (Bettina Mittendorf) früh stirbt und Agathe sich zur Ersatzmutter stilisiert für vier Schwestern und zwei Brüder und den Vater (Matthew Macfadyen). Das ist ja immer beides: Altruismus und Herrschsucht, was die Gemengelage einer solchen sozialen Situation ausmacht, was dann in eine enge Verbindung der zuerst als Feindinnen agierenden Stiefmutter (Yvonne Catterfeld) und Agathe (Eliza Bennett) übergeht. Und wenn man es genau nimmt, dann ist dies gar kein Film über die Trapp Familie, sondern einer vom Großwerden der Agathe von Trapp und ihren Läuterungen durch das Leben, zu der die Flucht aus Österreich genauso gehören wie das Zurechtkommen in der Neuen Welt.

 

Im Gegensatz zu den bisherigen Verfilmungen der Trappfamilie – Wolfgang Liebeneiners Familie ist viel inniger, auch musikalischer und der bessere Heimatfilm, Robert Wieses The Sound of Music fetziger – gibt es inzwischen längst biographische Wahrheiten über die Familie, die das Ganze als ein finanziell gewinnträchtiges Unternehmen bloßstellen, ob nun die Kinder zum Singen gezwungen wurden oder die Heirat und anschließende Geburt eines weiteren Trapp ziemlich sicher ein Kuckucksei im Nest darstellte. Darüber wollen wir nicht richten, wollen aber so viel Schmus nicht. Dennoch die Berge, hinreißend....