Die Pfeiler der Macht. Der große Zweiteiler nach dem Weltbestseller von Ken Follett wird Ende Januar 2016 ausgestrahlt,    Teil 3

 

Susanne Sonntag

 

München (Weltexpresso) – Tatsächlich hat die Verfilmung fürs Fernsehen eine historische Beraterin, die mit vollem Titel Priv. Doz. Dr. Karina Urbach, Institute for Advanced Study, Princeton heißt. Sie hat sich vorher, dabei und danach zur Verfilmung geäußert.

 

Das erste, was einem an diesem Film auffällt, ist das Licht. Auf wunderbare Weise schafft es der Kameramann Frank Lamm, uns die Illusion zu geben, in viktorianisches Licht eingetaucht zu werden – er zeigt uns ein Meer aus Kerzen und Gaslampen. Sinnlicher kann man die Atmosphäre dieser Zeit nicht einfangen.

 

Regisseur Christian Schwochow und Kameramann Frank Lamm sind detailbesessen. Schon allein das macht den Film so sehenswert. Sie finden authentische Bilder für ihre Geschichte und zeigen die viktorianische Epoche als eine Zeit der großen Gegensätze: "Die beste Zeit und die schlimmste Zeit” – eine Zeit großer Aufstiegschancen und eine Zeit, in der man tief fallen konnte.

 

Gleich am Anfang sieht man die Londoner Elendsviertel. Während Maisies (Laura de Boer) Kindheit bestand die größte Einwanderergruppe in London-Whitechapel aus Iren, in den 1870er und 1880er Jahren kamen polnische und russische Juden hinzu. Aufgrund der schlechten hygienischen Verhältnisse konnten sich Tuberkulose, Pocken und Cholera schnell verbreiten. Schwochow zeigt diese Armut prägnant an den abgestumpften Kindergesichtern. Im Kontrast dazu setzt er die Welt der Pilasterfamilie: Das gediegene Bankhaus und die erlesenen Gartenpartys, auf denen Menschen in hellen Farben gekleidet versuchen, sich soweit wie möglich von der dunklen Seite ihrer Gesellschaft zu distanzieren.

 

Wie repressiv diese Gesellschaft war, zeigt uns die Geschichte rund um Samuel Pilaster (Axel Milberg). Er kann seine Homosexualität erst ausleben, nachdem er die Leitung der Bank verlässt. Bis 1835 wurden Homosexuelle in England hingerichtet, und Samuels Generation lebt mit diesen Ängsten.

 

Schwochow nimmt auch die Religion der Pilasterfamilie ernst und zeigt, wie sehr die ältere Generation (Rolf Hoppe in der Rolle des Seth Pilaster) noch streng methodistisch agiert, während seine Kinder bereits orientierungslos geworden sind. Am skrupellosesten ist Augusta (Jeanette Hain), eine Art Lady Macbeth-Figur, die reale Vorbilder hat. Wie alle Damen der britischen Gesellschaft ist sie angetrieben von Statusängsten, ihre höchste Ambition bleibt der Adelstitel.

 

Alle Frauenfiguren in diesem Film sind komplex. Maisies Entkommen aus dem Londoner Slum erinnert ein wenig an die Geschichte von "My Fair Lady". Doch Schwochow vermeidet eine übertriebene Sozialromantik, indem er die Rechtlosigkeit der Frauen an mehreren Stellen des Filmes zeigt. In der viktorianischen Zeit konnten selbst Damen der Oberschicht kein eigenes Bankkonto eröffnen und waren theoretisch Besitz ihrer Ehemänner. Ein Grund, warum sich die Rechte der englischen Frauen langsam verbesserten, war der amerikanische Einfluss. Im 19. Jahrhundert heirateten immer mehr reiche amerikanische Erbinnen in die britische Oberschicht ein und veränderten sie nachhaltig. Winston Churchills Mutter war ein berühmtes Beispiel. Auch amerikanische Bühnenstars wurden in England beliebt: Yvonne Catterfeld spielt Nora, eine amerikanische Sängerin, die es im 19. Jahrhundert wirklich gegeben hat – ein neuer, sehr viel selbstbewußterer Typ von Frau. Auch Solly (Albrecht Schuch) hat ein reales Vorbild, den jüdischen Bankier Ernest Cassel, der ein Freund des Prinzen von Wales war.

 

Am Ende sind es die Außenseiter in diesem Film – das Slumkind Maisie, der jüdische Solly und die amerikanische Nora, die ihr Leben in den Griff bekommen. Die Pilasterfamilie hingegen geht, wie viele Bankiersfamilien des 19. Jahrhunderts, zugrunde. "Die Pfeiler der Macht" ist daher nicht nur ein kräftiges, wunderschönes Epochenbild, sondern auch ein Gleichnis für unsere Zeit.

 

Foto:

 

 

Info:

 

Ken Follett, Die Pfeiler der Macht, Bastei Lübbe

Ken Follett, Die Pfeiler der Macht, Lübbe Audio, 6 CDs, circa 386 Minuten, gelesen von Frank Glaubrecht.

 

Sendetermine

Montag, 25. Januar und Mittwoch, 27. Januar 2016, jeweils 20.15 Uhr