Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. November 2015, Teil 4

 

Kirsten Liese

 

Berlin (Weltexpresso) - Zwei alte Männer relaxen im Schwimmbad, eine nackte Schönheit taucht ins Wasser und betört sie. Wenn sich da mal keine Altherrenphantasie anbahnt! Aber keine Sorge, Paolo Sorrentino ergeht sich weit weniger in Pornografie als vielmehr in kontemplativen Betrachtungen über das Alter, das Leben und die Liebe.

 

Ein nobles Schweizer Kurhotel à la Thomas Manns „Zauberberg“ bildet die malerische Kulisse für die Begegnung zweier berühmter Künstler der Generation 70plus. Fred, einst Komponist und Dirigent, hat seine aktive Karriere beendet und sperrt sich dagegen, seine „Simple Songs“ noch einmal für die Queen aufzuführen, wiewohl ein Abgesandter des Buckingham Palastes ihm bis in die Alpen gefolgt ist, um ihn dazu zu überreden. Dagegen plant der ehrgeizige Mick als Altmeister der Filmkunst ein letztes Werk, dass sein Oeuvre krönen soll.

 

Die langjährigen Freunde plaudern über verflossene Liebschaften, die erwachsenen Kinder, die sie auf ihrer Reise begleiten und deren Ehe gerade zerbricht, und so profane Dinge wie Prostata-Probleme. Aber zur Ruhe kommen sie nicht. Fred muss sich von seiner Tochter sagen lassen, dass er ein schlechter Vater war, weil er nur für die Musik und seine Karriere gelebt habe. Mick holt sich für sein Projekt von seiner Lieblingsschauspielerin einen Korb, sie hält ihm vor, er würde als alter Mann nichts mehr begreifen.

 

Sorrentino spielt die Jugend jedoch nicht gegen das Alter aus, gibt sich vielmehr mit schlichten Sinnbildern unaufdringlich weise. Blicken die Jungen auf das Leben wie durch ein Fernrohr, erscheint ihnen alles nah und greifbar. Den Alten dagegen kommt es vor, als schauten sie durch ein umgedrehtes Fernrohr, alles liegt weit zurück, verflüchtigt sich in unerreichbare Distanz. Vielleicht deshalb tragen Michael Caine und Harvey Keitel auch große, auffällige Brillen.


Aber was sie durch die dicken Gläser sehen, sind bisweilen auch Zerrbilder, etwa ein Kuhglocken-Konzert auf der Alm. Und schon allein der skurrilen Nebenfiguren wegen empfiehlt sich „Ewige Jugend“ als ein liebevolles Senioren-Drama, in dem auch der Humor nicht zu kurz kommt. Ob der massiv übergewichtige, Tennisbälle in die Luft kickende Diego Maradona mit Karl Marx-Tätowierung auf dem Rücken, eine Adolf-Hitler-Karikatur oder die herrlich hysterische Jane Fonda als undankbare Diva - der geniale Fellini hätte an ihnen allen seine Freude.

 

 

I/F/GB/CH 2015. R: Paolo Sorrentino. D: Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz, Jane Fonda. 118 Min. Start: 26.11. Verleih: Wildbunch