DEFA-Filme vor und nach dem Verbotsplenum.1. bis 20. Dezember im Zeughauskino Berlin

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Heute hat in einem ganzseitigen Interview mit der FAZ die Leiterin des Deutschen Filminstituts und Deutschen Filmmuseums Claudia Dillmann in Frankfurt explizit darauf hingewiesen, wie außerordentlich sorgfältig die DEFA-Filme analysiert und interpretiert wurden, zudem auch fachlich aufbewahrt.

 

Damit wollte sie herausstellen, daß es das für das Westkino etwas Vergleichbares nicht gäbe. Nutzen wir also die gute Forschungssituation für die ehemaligen DDR-Filme! Die zeigen nämlich auch, wie aus politischen Gründen Filme verboten und Berufsverbote für Regisseure erteilt wurden. Im Westen dagegen, genau, da, wo doch die Freiheit war, wurden für bestimmte politische filmische Vorhaben einfach keine Förderungen gegeben, fehlten Produzenten, die das Geld auftrieben; das war nicht so spektakulär wie im Osten, so mit großem Verbot etc.. Es ging heimlich still und leise über die Bühne. Und da geben wir Claudia Dillmann in Frankfurt recht: der Westfilm sollte aufgearbeitet werden und mit so etwas könnte man anfangen, wobei uns klar ist, daß solche Verhältnisse viel schwerer zu durchdringen sind, als die folgende Situation.

 

Das 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 zählt nämlich zu den wichtigsten kulturpolitischen Zäsuren der DDR-Geschichte. Im Umfeld der Tagung wurden Bücher, Theater- und Musikstücke verboten, die sich kritisch mit der Entwicklung der DDR-Gesellschaft auseinandersetzten. Auch die DEFA war massiv betroffen: Zwölf Spielfilme wurden verboten oder in der Produktion gestoppt und in den „Giftschrank“ verbannt.

 

Die Retrospektive Sturm und Zwang versammelt alle zwölf vom Plenum betroffenen Produktionen, darunter Das Kaninchen bin ich (Regie: Kurt Maetzig, Datum der Vorführung: 1.12.), Denk bloß nicht ich heule (Regie: Frank Vogel, 19.12.), Fräulein Schmetterling (Regie: Kurt Barthel, 12.12.) und Karla (Regie: Hermann Zschoche, 15.12.). Welche tiefen Spuren das Plenum hinterließ, verdeutlichen die Ereignisse der dem „Kahlschlag“ folgenden Jahre: Einige Regisseure könnten keine Spielfilme mehr drehen, gesellschaftskritische Themen wurden kaum noch bearbeitet. Die meisten der Verbotsfilme konnten erst 1989/90, nach dem Sturz Honeckers, aufgeführt werden.

 

Neben der vollständigen Präsentation aller vom Plenum betroffenen Produktionen, die erstmals komplett in digitalisierter Fassung zu sehen sind, erkundet die Filmreihe Sturm und Zwang auch das Vorfeld und die Nachwirkungen des 11. Plenums. Sie zeigt frühere Verbotsfilme wie Konrad Wolfs Film Sonnensucher ( 2.12.), dem SED-Funktionäre fehlenden Optimismus und eine unangemessene Darstellung der Partei vorwarfen, woraufhin der Film nach Schnitten und zusätzlichen Aufnahmen zunächst zugelassen dann aber auf Intervention der Sowjetunion vom Studio zurückgezogen wurde.

 

Außerdem sind kritische Gegenwartsproduktionen aus der ersten Hälfte der 1960er Jahre zu sehen wie Jürgen Böttchers verbotene bzw. selten gezeigte Dokumentarfilme Drei von vielen und Barfuß und ohne Hut (8.12.) sowie Werke, in denen Regisseure ihre Erfahrungen nach der Maßregelung durch die Partei verarbeitet haben, wie beispielsweise Kurt Maetzig in seinem Film Das Mädchen auf dem Brett (20.12.), der von einer erfolgreichen jungen Wasserspringerin erzählt, die im Wettkampf bei einem schwierigen Sprung versagt.

 

Im Rahmen der Retrospektive findet am 10. Dezember von 10.30 Uhr bis 18 Uhr im Pei-Bau des Deutschen Historischen Museums ein Symposium statt, bei dem der von Andreas Kötzing und Ralf Schenk herausgegebene Band Verbotene Utopie. Die SED, die DEFA und das 11. Plenum vorgestellt wird. Autoren des Buches stellen neue Arbeitsergebnisse zu Hintergründen und Folgen des Plenums vor. Volker Petzold beleuchtet die bisher in der Forschung weitgehend unberücksichtigt gebliebenen Ereignisse im DEFA-Trick- und im DEFA-Dokumentarfilmstudio. Ursula von Keitz unternimmt eine Drehbuchlektüre als imaginäre Film-Rekonstruktion und untersucht die Entstehungsgeschichte des Films Ritter des Regens, des einzigen Verbotsfilms von 1965, dessen Materialien bis heute unauffindbar sind.

 

Foto: Das Kaninchen bin ich (c) DEFA Stiftung

 

Info:

 

Die von der DEFA-Stiftung und dem Zeughauskino veranstaltete Filmreihe Sturm und Zwang wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes, der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Regierenden Bürgermeister von Berlin. Das Symposium findet in Zusammenarbeit mit dem Hannah-Arendt-Institut statt.

 

www.zeughauskino.de