Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. Dezember 2015, Teil 6
Roman Herzig
Köln (Weltexpresso) - Jeder weiß, daß die Verfilmung eines Buches anderen Gesetzen unterliegt als das Schreiben. Dabei gibt es dann aber noch einmal große Unterschiede, ob man großzügig das Buch nur als Themenquelle nutzt, oder ob man sich sehr stark an die Romanvorlage hält. Daß es sich so verhält, haben die Macher für diese Verfilmung von HEIDI ausdrücklich bestätigt.
Und es stimmt auch. Hat man das Buch im Kopf, erkennt man sofort, wie kontinuierlich der Film dem Buch folgt, bis auf den Schluß, aber da versteht man sofort, warum das so ist.
Und das passiert: Die glücklichsten Tage ihrer Kindheit verbringt das Waisenmädchen Heidi zusammen mit ihrem eigenbrötlerischen Großvater, dem Almöhi (Alm-Oheim, also Alm Opa), abgeschieden in einer einfachen Hütte in den Schweizer Bergen.
Zusammen mit dem, der ihr Freund wird, der Geißenpeter, hütet sie die Ziegen des Almöhi und genießt die Freiheit in den Bergen in vollen Zügen. Doch die unbeschwerte Zeit endet jäh, als Heidi von ihrer Tante Dete nach Frankfurt am Main gebracht wird. Dort soll sie in der Familie des wohlhabenden Herrn Sesemann eine Spielgefährtin für die im Rollstuhl sitzende Tochter Klara sein und unter der Aufsicht des strengen Kindermädchens Fräulein Rottenmeier lesen und schreiben lernen. Obwohl sich die beiden Mädchen bald anfreunden und Klaras Großmutter, die zu Besuch kommt, in Heidi die Leidenschaft für Bücher erweckt, wird die Sehnsucht nach den geliebten Bergen und dem Almöhi immer stärker…
Das war die Kurzfassung, wenn wir den Ablauf des Films in der szenischen Folge verbal nachvollziehen, lautet dies so: Ein kleines Mädchen (ANUK STEFFEN) mit einem Strohhut auf den braunen Locken geht mit zügigen Schritten über eine Bergwiese. An ihrer Seite ist Tante Dete (ANNA SCHINZ), die es sehr eilig zu haben scheint. Als sie durch ein kleines Bergdorf laufen, werden sie von Barbel (LILIANE NAEF) aufgehalten; die in Dete eine ehemalige Dorfbewohnerin erkennt. Dete berichtet, dass sie ihre Nichte Heidi zum Almöhi (BRUNO GANZ), dem Großvater auf die Alm bringen will und wird von der Dorfbewohnerin fassungslos angeschaut. Barbel ist entsetzt. „Zum Almöhi? Er ist ein gottloser Menschenhasser, man sagt sogar, er habe dort oben das Reden verlernt!“ Doch Dete will nicht zuhören und eilt mit Heidi weiter den Berg hinauf.
Heidi läuft neugierig ein paar Ziegen hinterher. Sie schwitzt und die vielen Kleiderschichten, die sie trägt, hindern sie daran, die Tiere einzuholen. Trotzig wirft sie ihr Bündel hin und fängt an, ein Kleid nach dem anderen auszuziehen, bis sie nur noch in einem weißen Unterhemdchen – ganz befreit – dasteht. Herrlich!
Endlich kann sie den Ziegen wieder hinterher springen, bis es ihr sogar gelingt, eine zu streicheln. Da wird Heidi schon wieder von Dete gerufen. Sie steigen den Berg weiter hinauf, bis sie zu einer einsam gelegenen Almhütte gelangen, die recht ärmlich aussieht. Dort wohnt der Großvater, der die beiden Ankömmlinge missmutig beäugt. Nachdem Dete ihm erklärt hat, dass sie Heidi bei ihm lassen will, sich mit Tränen in den Augen von dem Kind verabschiedet und schnell wieder geht, gibt der Almöhi Heidi zu verstehen, dass er sie nicht haben will: Er geht in seine Hütte und schlägt ihr die Türe vor der Nase zu.
Heidi geht schließlich in den Ziegenstall und schläft dort ein. Am anderen Morgen wird Heidi vom Großvater geweckt, der seine Ziegen melkt. Heidi spürt, dass sie nicht willkommen ist. Doch das Mädchen erobert nach und nach den eigenbrötlerischen und wie ein Einsiedler lebenden Großvater, der so gut wie kein Wort mit ihr spricht. Sie fühlt sich wohl auf dem Berg. Im Heu zu schlafen, zaubert ihr ein Strahlen ins Gesicht. Als Heidi dann auch auf den Geißenpeter (QUIRIN AGRIPPI) trifft, der die Ziegen des Großvaters hütet, und von diesem die Erlaubnis erhält, mit Peter und den Tieren auf die Alm hinauf zu gehen, blüht das Kind so richtig auf. Die Kinder freunden sich an und verbringen die Tage unbeschwert draußen auf den schönen Bergwiesen. Auch Peter erzählt düstere Geschichten über den Almöhi.
„Die Leute reden gerne böses Zeugs... aber du musst selber wissen, ob du deinen eigenen Augen und Ohren traust oder dem Geschwätz“, erwidert der Großvater, als er von Heidi gefragt wird, ob es stimmt, was die Leute über ihn erzählen. Heidi umarmt ihren Großvater, der von dieser Zärtlichkeit überwältigt ist. Der Alte gewöhnt sich an das kleine Mädchen und bereitet ihr die größte Freude, als er verkündet, dass sie bei ihm bleiben kann.
Den Winter über verbringen der Almöhi und Heidi in der Hütte – Heidi vermisst Peter, der über diese Jahreszeit im Dorf zur Schule gehen muss. „Wenn es nur schon wieder Frühling wäre…“, sagt Heidi. Als Talisman erhält sie vom Großvater einen geschnitzten Adler – der als Sinnbild für die Freiheit in den Bergen steht. Und weil die Sehnsucht nach Peter gar so groß ist, bringt der Großvater seine Enkelin für einen Nachmittag ins Haus vom Geißenpeter. Der freut sich riesig und schimpft über die Schule im Dorf, die ihm keinen Spaß macht: „Und das blöde Lesen braucht man auf der Alm sowieso nicht!“
Doch der lang herbeigesehnte Frühling bringt keine guten Neuigkeiten für Heidi mit sich: Dete kommt mit der Nachricht auf die Alm, dass das Mädchen einen Platz bei einer Familie in Frankfurt erhalte. Dort könne sie sich mit der Tochter (ISABELLE OTTMANN) anfreunden und außerdem Lesen und Schreiben lernen. Der Almöhi ist alles andere als beeindruckt, er will Dete wieder wegschicken: „Heidi gehört mir. Und jetzt verschwinde!“.
Auf dem Weg den Berg hinunter gelingt es Dete, Heidi abzufangen, die gerade mit Geißenpeter anmarschiert kommt. Sie erzählt dem verdutzten Mädchen, dass sie mit ihr mitkommen dürfe – der Großvater wolle es ebenfalls. Nicht einmal verabschieden darf sich Heidi. Als der Almöhi sieht, dass Peter ohne Heidi zur Hütte kommt, läuft er den Berg hinab – seiner Heidi hinterher. Doch Dete und das Kind sitzen bereits auf einem Karren, der sie ins Tal hinunterfährt. Öhi kommt zu spät – keuchend und traurig schaut er Richtung Dorfausgang.
Heidi steigt mit Dete in Maienfeld in den Zug. Sie blickt mit bangen Augen in Richtung ihrer geliebten Bergspitzen, die immer kleiner werden. In Frankfurt angekommen, fahren sie mit der Kutsche zu dem prächtigen Stadthaus der Familie Sesemann. Heidi trägt noch ihre einfache Buben-Hirtenkleidung und ist barfuß. Hausdiener Sebastian (PETER LOHMEYER), der von Heidi mit großen Augen wegen seiner uniformhaften Bekleidung bestaunt wird, während er seinerseits das Kind von oben bis unten mustert, empfängt die Ankömmlinge.
Dete erklärt, dass sie von Fräulein Rottenmeier (KATHARINA SCHÜTTLER) erwartet werden. Heidi weiß nicht, wie ihr geschieht, als sie das Haus betreten, in das kaum Licht fällt und auf dessen Böden so dicke Teppiche liegen, dass keine Schritte mehr zu hören sind. Dete weist Heidi zurecht und befiehlt ihr, sich nun zu benehmen, da jetzt gleich eine vornehme Dame käme. Heidi ist eingeschüchtert, als sie in ein Zimmer treten dürfen, in dem Fräulein Rottenmeier und Klara, die Tochter des Hauses, den Wildfang aus der Schweiz in Empfang nehmen. Klara, die im Rollstuhl sitzt, beäugt Heidi mit großer Neugier. Fräulein Rottenmeier ist von Heidis verwahrlostem Äußeren abgestoßen.
Die beiden Kinder mustern sich, als Fräulein Rottenmeier Dete widerwillig das versprochene Geld für die Vereinbarung mit Heidi als Spielgefährtin Klaras gibt. Klara fragt Heidi, ob sie sich auf Frankfurt gefreut habe. Heidi zuckt die Schultern und erwidert, dass sie jederzeit wieder zum Großvater dürfe, wenn es ihr nicht gefalle. Bereits beim ersten Abendessen merkt man, wie fremd Heidi die Welt in Frankfurt und das Haus Sesemann findet. Sie kennt weder die Regeln bei Tisch, noch weiß sie wie man Konversation betreibt oder was sich für eine junge Dame ziemt.
Fräulein Rottenmeier führt ein strenges Regiment. Sie lässt den Schmutzfink von der Hausangestellten Tinette (JELLA HAASE) waschen, zwängt Heidi, die fortan Adelheid genannt wird, in angemessene Kleidung, und weist sie in ihre Schranken. Heidi lässt alles über sich ergehen; Klara ist ihr einziger Lichtblick. Sie erfährt, dass der Tod ihrer Mutter Klara so traurig werden ließ, dass ihre Beine nicht mehr laufen mochten, und dass ihr Vater (MAXIM MEHMET) so gut wie nie zuhause ist. Heidi fühlt mit ihrer neuen Freundin. Doch das Leben in der Stadt will der jungen Schweizerin ganz und gar nicht behagen. Sie enttäuscht den Hauslehrer, löst immer neue Entsetzensrufe bei Fräulein Rottenmeier aus und fühlt sich wie im Gefängnis. „Da ist ja gar kein Grün... und keine Berge!“
Heidi wird von Tag zu Tag unglücklicher, ihre Lust am freudigen Entdecken schwindet. Die Sehnsucht nach den Bergen und dem Großvater wächst ins Unermessliche. Da helfen weder die Freundschaft zu Klara, noch die liebevollen Worte von deren Großmutter (HANNELORE HOGER), die zu Besuch kommt und Heidis Begeisterung für Bücher und das Lesen weckt. Heidi wird krank. Und nur eine Medizin verspricht Heilung: die Rückkehr in die Berge...
Bild: endlich einmal ein Bild aus dem Frankfurter Haus Sesemann, wo der Hausdiener Sebastian in Person des Peter Lohmeyer die süßen kleinen Kätzchen 'entsorgen' mu0, was aber nur heißt, daß er sie auf dem Boden in Sicherheit bringt