Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. Dezember 2015, Teil 7

 

Siegrid Püschel

 

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - EROBERUNG DER HERZEN nennt die Produktion von HEIDI ihre Auswahl der kindlichen Darsteller. Das klingt zwar ein bißchen kitschig, aber stimmt in der Sache, was dazu führt, daß eine wunderbare Kinderdarstellerin völlig unkitschig eine rustikale, ja naturwüchsige, aber lernfähige HEIDI auf die Schweizer Leinwand zaubert.

 

HEIDI ist das Kulturgut Nummer eins der Schweiz. HEIDI ist die größte Marke, die die Schweiz zu bieten hat und für HEIDI interessiert sich die ganze Welt. Das alles ist eine absolute Herausforderung für die Produktion. Da liegt es nahe, daß die Suche nach geeigneten Schauspielern, insbesondere für die Titelfigur, extrem wichtig genommen wird. .

 

Jakob Claussen erinnert sich: „Es sollte ein Mädchen sein, das in der Lage ist, die Herzen der Menschen zu erobern.“ Bei der eigentlichen Suche gingen die Produzenten dann ganz systematisch vor, wie Lukas Hobi erzählt: „Wir wussten von Anfang an, dass wir nicht nur ein Mädchen aus der Schweiz suchen, sondern eines, das auch den Bündner Dialekt sprechen kann für die Schweizer Sprachfassung. Das schränkte das Suchgebiet in einem sowieso schon kleinen Land sehr ein, denn das Bündner Land macht weniger als zehn Prozent der Deutschschweiz aus. Dennoch wollten wir es auf einen Versuch ankommen lassen.Erstaunlicherweise wurden wir schon sehr früh auf Anuk Steffen aufmerksam, haben dann aber trotzdem noch sehr lange weitere Optionen geprüft. Am Ende der mehrmonatigen Suche ist es dann doch Anuk geworden.“

 

Wir haben uns auf alle Fälle nicht nach Äußerlichkeiten entschieden“, ergänzt Claussen, „sondern nach schauspielerischem Vermögen und der Hoffnung, dass das Kind dann auch die lange Drehphase durchhält. Noch dazu muss gesagt werden, dass man bei Kinderdarstellern auch immer deren Eltern ,mitbesetzt’. Reto und Lukas haben die Eltern der Kinder, die in die engere Auswahl kamen, besucht und genau erzählt, was anstehen und was auf sie zukommen würde.“

 

Anuk kann das“, betont auch deutlich Bruno Ganz, der an ihrer Seite als Almöhi zu sehen ist. „Sie ist ein ungewöhnliches Mädchen. Sie ist sehr wach, intelligent, unglaublich kommunikativ, hat eine enorme Auffassungsgabe. Und dann – baff – ohne Vorankündigung ist sie wieder ein Kind von neun Jahren. Das ist faszinierend.“ Und die Zusammenarbeit mit einem neunjährigen Spielpartner? „Man hat nicht nur ein Kind vor sich, sondern auch einen Laien“, so Ganz. „Von daher hat man keinerlei Erwartungen, dass sie das jetzt können muss. Alain sagt ihr dann ein paar Dinge, meist hört sie nur zu, manchmal stellt sie noch ein paar Fragen – und dann kommt sie und macht das. Und meistens funktioniert es auch. Phänomenal.“

 

Die Heidi hätte ich gerne als Freundin“, sagt Anuk Steffen. „Nicht nur, weil ich sie jetzt spiele. In ein paar Sachen sind wir uns sogar ähnlich. Heidi ist oft genauso wild wie ich, aber sie kann auch ruhig sein und gut zuhören.“ Ihre Rolle beschreibt die junge Schweizerin so: „Heidi ist ein fröhliches Mädchen und nimmt alle Menschen so, wie sie sind. Sie liebt die Freiheit und findet in den Bergen alles, was sie braucht: Wiesen, Freunde und Tiere und vor allem ein Zuhause.“ Insbesondere diese Drehtage auf der Alm hat Anuk sehr genossen: „Es war toll, in eine andere Zeit versetzt zu werden, so viel in der Natur zu sein und mit den vielen Ziegen zu drehen. Und natürlich hat es Spaß gemacht, mit Bruno Ganz zu spielen.“

 

Im Gegensatz zur ,Heidi‘-Suche gestaltete sich die Suche nach dem Geißenpeter recht kurz. „Als wir Quirin Agrippi gesehen haben, war uns sofort klar, dass wir ihn haben wollen“, meint Jakob Claussen. „Er ist so besonders und so glaubwürdig, so ein süßer Kerl. Wir haben dann zwar noch weiter gesucht, weil wir erst gedacht haben, dass wir es uns so leicht doch nicht machen können. Wir sind aber immer wieder zu ihm zurückgekommen.“ Dass Quirin sich überhaupt beworben hat, verdankt er seinen Klassenkameraden: „Sie meinten sofort, ich sehe aus wie der Geißenpeter und solle mich bewerben. Deswegen bin ich zum Casting gegangen.“

 

Was an diesem Schauspieler das Eigene ist, ist seine Verhaftetheit in frühere Zeiten. Man denkt, wenn man ihn sieht, so haben früher einmal Jungen ausgesehen, Jungen vom Land oder sogar aus den Bergen. Auf jeden Fall stellt er einen anderen Typ dar, als heutige Buben, sehr viel kerniger und weniger gefällig. Das gilt für das Äußere. Was das Innere angeht, so geschieht ja in der Geschichte ein moralisches Lernen. Denn der sehr auf seinen Vorteil bedachte Peter, linkt die kleine Heidi, übervorteilt sie und wird von ihr dadurch 'gestraft', daß sie ihm noch mehr schenkt, als er sich schon unlauter gesichert hatte. Das macht sein Herz weich und so kann er sich und seinen Charakter ändern.

 

Über seine Rolle sagt der 13-Jährige selbst: „Der Geißenpeter ist ein bisschen ein Pessimist. Er vertraut anderen Menschen nicht gleich bei der ersten Begegnung. Aber sonst ist er ein Typ wie ich, ein bisschen wild. Er ist außerdem arm. Halbwaise. Er muss praktisch das Geld verdienen.“ Beim Dreh hatte Quirin Agrippi viele Szenen mit seinen tierischen Filmpartnern, den Ziegen: „Zur Vorbereitung hatte ich mehrere ,Geißentreffen’, bei denen ich die Herde kennengelernt und mich mit ihnen vertraut gemacht habe. Vor allem mit der Führungsgeiß, der Rosi, musste ich besonders Freundschaft schließen, weil ihr alle anderen immer folgen.“

 

Nichts verlautbart über die Besetzung der Klara Sesemann mit Isabelle Ottmann. Sie muß ihre im Rollstuhl sitzende Rolle recht ruhig und mit unterschwelliger Traurigkeit versehen. Das macht sie gut, bleibt aber doch blaß, was an der Präsenz von Heidi liegt.