Das Neueste von den Oscars-Aspiranten für den 28. Februar in Los Angeles , Teil 1
Romana Reich
Berlin (Weltexpresso) – Zwar interessiert uns erst einmal die Berlinale in Berlin, aber natürlich wird für die deutschen Filmenthusiasten jede Meldung aus Hollywood, die mit „Oscar“ in einem Atemzug genannt wird, besonders beachtet, wie jetzt die Nominierung für LABYRINTH DES SCHWEIGENS.
Denn gerade wurde bekannt, daß insgesamt neun Filme für den sogenannten Auslandsoscar nominiert wurden. Diese sind aus der eingereichten Anzahl von 80 Filmen eine Runde weitergekommen.
Diese Liste, im ABC nach Ländern sortiert sind:
Belgium, "The Brand New Testament," Jaco Van Dormael, director;
Colombia, "Embrace of the Serpent," Ciro Guerra, director;
Denmark, "A War," Tobias Lindholm, director;
Finland, "The Fencer," Klaus Härö, director;
France, "Mustang," Deniz Gamze Ergüven, director;
Germany, "Labyrinth of Lies," Giulio Ricciarelli, director;
Hungary, "Son of Saul," László Nemes, director;
Ireland, "Viva," Paddy Breathnach, director;
Jordan, "Theeb," Naji Abu Nowar, director.
Abgesehen davon, daß wir natürlich den deutschen Beitrag kennen und ihn nur halbherzig begrüßen, gibt es unter den Filmen einige, die wir gesehen hatten und dem Urteil der Amerikaner zustimmen können. Das gilt ganz besonders für den finnischen Beitrag, der eine historische Begebenheit aus Estland zum Thema hat: DIE KINDER DES FECHTERS. Das ist ein so fein gesponnener wie eminent politisch aufklärerischer Film, der uns auf poetische Weise eine Zeit und eine Sportart vorführt, von deren Intensität wir überhaupt nichts ahnten. Der Film ist also nicht nur ein spannendes Dokument einer Zeit, sondern eben auch ein Beweis dafür, was Leidenschaft und Einsatz für etwas zu jeder Zeit bringen, auch in schwierigen Lagen! Unsere Besprechung des am letzten Donnerstag angelaufenen Films kommt noch.
Ganz ähnlich, aber auch unterschwellig subversiv ist der belgische Beitrag DAS BRANDNEUE TESTAMENT, den Weltexpresso ausführlich besprochen hatte:
Das ist wirklich ein sehr ungewöhnlicher Film, weil er mit dem Begriff Gottes genauso jongliert wie mit allen Weltverbesserungsideen. Entscheidend aber ist, daß der Film einem noch einmal deutlich macht, wie sehr man selbst bei allen Umwelteinflüssen oder Dingen, die einem im Leben vorgesetzt sind und es behindern, dennoch selbst am eigenen Leben, nämlich wie und warum man lebt, beteiligt ist.
Was MUSTANG angeht, kennen wir nur so ungefähr den Inhalt, denn der Film wird erst im Januar hier seine Pressevorführungen haben und am 26. Februar in den Kinos anlaufen, also direkt vor der Oscar Preisverleihung. Sommer in einem türkischen Dorf. Lale und ihre vier Schwestern wachsen nach dem Tod der Eltern bei ihrem Onkel auf. Als sie nach der Schule beim unschuldigen Herumtollen mit ein paar Jungs im Meer beobachtet werden, lösen sie einen Skandal aus. Ihr als schamlos wahrgenommenes Verhalten hat dramatische Folgen: Das Haus der Familie wird zum Gefängnis, Benimmunterricht ersetzt die Schule und Ehen werden arrangiert. Doch die fünf Schwestern – allesamt von großem Freiheitsdrang erfüllt – beginnen, sich gegen die ihnen auferlegten Grenzen aufzulehnen.
Einfühlsam und kraftvoll zugleich setzt die junge Regisseurin Deniz Gamze Ergüven die unzähmbare Lebenslust der fünf Schwestern in Szene, die sich in einer von Männern geprägten Gesellschaft ihr Recht auf Selbstbestimmung erkämpfen. Mit lichtdurchfluteten Bildern trotzt der Film dem dramatischen Geschehen und setzt der Brutalität zarte Sinnlichkeit und jugendliches Aufbegehren entgegen, die den Zuschauer tief berühren und mit Hoffnung erfüllen.
Was nun den deutschen Beitrag IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS betrifft, ist deshalb ein differenzierendes Wort nötig, weil es um einen Mann der Zeitgeschichte geht, Fritz Bauer, dessen Wesen und Wirken sehr unterschiedlich gesehen wird. In der gesellschaftlichen Wirkung auf die junge Bundesrepublik von allen Seiten immer sehr positiv, aber in den Schwerpunkten seines Wirkens, so wie es der Film darstellt, eben auch sehr umstritten. Dies hat in Weltexpresso zu einer langen Diskussion geführt, wobei wir nur die unmittelbaren Filmbesprechungen als Link hier angeben.
Foto:
Der junge Staatsanwalt (Alexander Fehling) vor den zu sichtenden Akten für den Auschwitzprozeß in LABYRINTH DES SCHWEIGENS