Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 31. Dezember 2015, Teil 3
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Sentaro (Masatoshi Nagase) arbeitet in einer kleinen Imbissbude, die Dorayaki herstellt. Dies sind zwei etwa sieben Zentimeter große Pfannkuchen, zwischen die An, eine Paste aus gesüßten pürierten Azukibohnen gestrichen wird. Der Laden ist von Kirchbäumen umgeben, die zu Beginn des Filmes wunderbar blühen.
Als die 76 Jahre alte Tokue (Kirin Kiki) gegen geringes Entgelt bei ihm arbeiten will, lehnt er zunächst ab. Als sie ihm aber ihre selbstgemachte Bohnenpaste (mit Stückchen) mitbringt, will er diese erst wegwerfen, probiert sie dann doch und ist begeistert. Er stellt Tokue jetzt als Köchin ein.
Tag für Tag stehen nun Tokue und Sentaro in den frühesten Morgenstunden im Imbiss und bereiten über mehrere Stunden die traditionelle Paste aus roten Bohnen zu. Dabei kocht Tokue mit ihren verkrüppelten Händen das An, während Sentaro die schweren Arbeiten übernimmt. Obwohl das Rezept im Kern recht einfach ist, gibt es eine Reihe von Punkten, an denen man in der Zubereitung etwas falsch machen und den gewünschten Geschmack verfehlen kann. Darauf weißt Tokue während der Zubereitung immer wieder hin.
Der Imbiss, der bisher mehr schlecht als recht lief, bekommt durch die neue Füllung großen Zulauf, da sich der tolle Geschmack der Dorayaki schnell im Viertel herumspricht. Eine regelmäßige Besucherin ist auch die 14jährige Schülerin Wakana (Kyara Uchida), die allein mit ihrer Mutter lebt und regelmäßig kostenlos die missratenen Pfannkuchen für zu Hause mitnehmen darf. Wakana wird von ihrer Mutter gedrängt, mit der Schule aufzuhören und endlich Geld zu verdienen.
Das Geschäft boomt nicht nur, sondern auch Sentaro findet wieder Lust am Leben und an seiner Arbeit. Eines Abends steht allerdings die Inhaberin der Imbissbude (Miyoko Asada) vor der Tür und verlangt, dass er Tokue kündigt, da ihre verformten Hände auf Lepra hindeuten.
Sentaro hat hohe Schulden bei der Besitzerin abzuzahlen. Trotzdem entlässt er Tokue nicht, sondern betreibt den Laden weiter wie bisher, doch die Kundschaft bleibt bald aus. Tokue versteht und kündigt von sich aus. Sentaro fällt dadurch auf alte Verhaltensweisen zurück. Die Besitzerin erkennt, dass der Laden an einer günstigen Stelle steht und möchte, dass ihr Neffe dort einen normalen Imbiss-Stand eröffnet.
Erst als Sentaro zusammen mit der ebenfalls einsamen Wakana Tokue in ihrem Heim besucht und von ihr ein nicht erwartetes Geschenk erhält, ändert er sein Verhalten und wird ebenso wie auch Wakana eine für ihn positive Entscheidung treffen.
Regisseurin Naomi Kawase, deren vorheriger Film "Still the Water" am 30. Juli 2015 in Deutschland angelaufen ist, zeigt in "Kirschblüten und rote Bohnen" die Vergänglichkeit und auch die Jahreszeiten anhand der Kirschbäume auf dem Platz vor Sentaros Imbissbude. Sie blühen, haben Blätter, diese werden farbig, fallen ab und die Bäume sind kahl. Dadurch liegt eine leise, aber deutlich spürbare Melancholie über dem Film. Der Zuschauer muss bereit sein, sich auf das langsame Erzähltempo und den ruhigen Ton einzulassen. Denn der Film schafft es, eine einfache, aber berührende Geschichte zu erzählen, der man gerne zusieht. Während Tokue im Film das traditionelle Japan in ihrer aufwendigen Rezeptur des An repräsentiert, bahnt sie sowohl für Sentaro als auch für Wakana wichtige Entscheidungen für deren Zukunft an.
Nicht zuletzt thematisiert Naomi Kawase auch die immer noch bestehende soziale Ausgrenzung der Lepra-Kranken in Japan zu einem Zeitpunkt, zu dem die Krankheit heilbar ist, und verleiht der Geschichte damit auch noch eine gesellschaftliche Relevanz.
Wenn man z.B. Tokue beim Kochen zusieht, möchte man das aufwändig gekochte Bohnenpüree gerne selbst mal probieren und entwickelt einen richtigen Heißhunger auf die Dorayakis.
Foto: Nicht nur Tokue (Kirin Kiki) ist von der Schönheit der Kirschblüten ergriffen, auch Sentaro (Masatoshi Nagase) und Wakana (Kyara Uchida) staunen bei ihrem Anblick. © Neue Visionen Filmverleih
Info:
Kirschblüten und rote Bohnen (Japan, Frankreich, Deutschland 2015)
Originaltitel: An
Genre: Drama
Filmlänge: 113 Min.
Regie: Naomi Kawase
Drehbuch: Naomi Kawase nach dem Roman "Kirschblüten und rote Bohnen" von Durian Sukegawa, der 2013 in Japan erschienen ist und der in Deutschland in März 2016 herauskommen soll.
Darsteller: Kirin Kiki, Masatoshi Nagase, Kyara Uchida u.a.
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 31.12.2015