Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. Januar 2016, Teil 1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Lucile Angellier (Michelle Williams) lebt um 1940 in Bussy außerhalb von Paris im Haus ihrer dominanten Schwiegermutter Madame Angellier (Kristin Scott Thomas). Luciles Ehemann Gaston ist im Krieg und vermutlich in deutscher Gefangenschaft. Während Madame Angellier weiter wie bisher leben will und von den Pächtern rücksichtslos Geld einsammelt, fühlt sich Lucile unwohl, die Bauern weiter zu belasten.
Vor allem die vielköpfige Familie Labarie (Sam Riley und Ruth Wilson), die einen Hof des Vicomte de Montmort (Lambert Wilson) bewirtschaften, kann die Pacht kaum aufbringen, da Benoît Labarie durch ein steifes Bein behindert ist und deshalb auch nicht zur Armee eingezogen wurde.
Im Sommer 1940 kapituliert Frankreich und der Krieg kommt auch nach Bussy - zuerst durch Pariser Flüchtlinge wie Leah (Alexandra Maria Lara) und ihre Tochter. Ihnen folgen deutsche Truppen unter der Leitung des Kommandanten (Heino Ferch). Die Offiziere werden bei Familien im Ort untergebracht. Auch der Familie Angellier wird ein Offizier als Hausgast zugewiesen, Leutnant Bruno von Falk (Matthias Schoenaerts), der versucht Distanz zu den beiden Frauen zu halten. Er bittet aber darum, das Klavier, das Lucile gehört und von Madame Angellier abgeschlossen wurde, benutzen zu dürfen.
Während die Labaries mit ihrem deutschen Hausgast Leutnant Kurt Bonnet (Tom Schilling) Ärger haben, da er versucht, Madeleine Labarie nachzustellen, und der Vicomte glaubt, sich die Gunst der Nazis erkaufen zu können, kommen sich Lucile, die von ihrem Vater in die Heirat gezwungen wurde, und der kultivierte Bruno über die gemeinsame Liebe zur Musik näher.
Benoît wehrt sich gegen Bonnets Arroganz, er muss daraufhin fliehen und wird von Lucile in ihrem Haus versteckt. Als Lucile zu handeln beginnt und versucht, Benoît über die Demarkationslinie nach Paris zu schmuggeln, muss sich auch Bruno von Falk entscheiden, wie er sich Lucile gegenüber verhalten will.
Das Drehbuch von "Suite Française" beruht auf dem gleichnamigen Romanfragment von Irène Némirovsky (1893 - 1942 in Auschwitz), das 1996 in einem Koffer gefunden wurde, den Némirovskys Töchter mehr als 50 Jahre mit sich herumgetragen hatten. Das Werk war eigentlich auf fünf Teile konzipiert, allerdings konnte die Autorin nur die ersten beiden Romane fertig stellen. Der Film beruht hauptsächlich auf dem zweiten Band, der von der Einquartierung eines deutschen Regiments in dem kleinen Ort Bussy und von den Beziehungen der Besatzer zur einheimischen Bevölkerung handelt. Im Mittelpunkt steht dabei die sich anbahnende Liebesbeziehung zwischen einem deutschen Offizier und einer Französin, in deren Haus er einquartiert ist. Das Buch endet - wie auch der Film - mit dem Abzug und der Verlegung der Truppe nach Russland.
Regisseur und Drehbuchautor Saul Dibb hält konsequent an dem Blick der Autorin (die ja das Kriegsende nicht erlebt hat) und der kleinstädtischen Bevölkerung fest. Einige Kommentare werden allerdings von Michelle Williams' Lucile aus dem Off eingesprochen.
Michelle Williams stellt Lucile als warmherzige junge Frau äußerst glaubwürdig dar. Matthias Schoenaerts spielt Bruno als sensiblen jungen Mann, der einer traditionellen Offiziersfamilie entstammt und sich genötigt sieht, zu erklären, dass er mit den Nazis unter seinen Kameraden eigentlich nichts gemein hätte. Er wird am Ende Lucile eine Partitur am Klavier zurücklassen, die den Namen Suite Française trägt.
Die aufkeimende Liebe zwischen Lucile und Bruno ist aber nur eine Facette des Filmes, genauso wichtig sind die Beziehungen der einheimischen Bevölkerung untereinander, zu den - teilweise jüdischen - Flüchtlingen und zu den Besatzern. Leider wurde dies im Film nicht genügend vertieft, sondern häufig nur angedeutet. Andererseits könnte der Film möglicherweise an einigen Stellen etwas gestrafft werden.
Insgesamt ist "Suite Française" ein Film, der von den superben schauspielerischen Leistungen der Hauptdarsteller lebt und der authentisch die Probleme der Zivilbevölkerung im Krieg darstellt und allein deshalb schon sehenswert ist.
Foto: Michelle Williams als Lucile Angellier und Matthias Schoenaerts als Bruno von Falk © Universum Film
Info:
Suite Française - Melodie der Liebe (Großbritannien, Kanada, Frankreich 2014)
Originaltitel: Suite Française
Genre: Drama
Filmlänge: 98 Min.
Regie: Saul Dibb
Drehbuch: Matt Charman und Saul Dibb, nach dem gleichnamigen Roman von Irène Némirovsky
Darsteller: Michelle Williams, Matthias Schoenaerts, Kristin Scott Thomas, Margot Robbie, Tom Schilling, Sam Riley, Ruth Wilson, Heino Ferch u.a.
Verleih: Universum Film
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 14.01.2016