Lida Bach

 

Die schlechte Nachricht für Bertrand Beu ist, dass die Frau des neurotischen Industriellen (Francois Berleand) nach über zwei Jahrzehnten Ehe in dem Grab liegt, an dem Martin Valentes Familienkomödie beginnt. Die gute Nachricht für den unter dem Einfluss nasskaltem englischen Klimas versteiften Zwangscharakters sind die geheimen Briefe versteckt von der alten Schachtel. Ob letzte lediglich die Holzbox ist, in der Bertrands unsichere Finger die bunten Umschläge zum ersten mal betasten, oder die alte Schachtel, deren Angehörigen Bertrand sein Unverständnis durch den demonstrativen Einsatz eines Dolmetschers signalisiert, interessiert nicht weiter. Jedenfalls nicht die Handlung, die ihren unvermeidlichen Ausgang schon in der Eröffnungssequenz statuiert.

 

 

Nach der Beisetzung quält Bertrand tiefe Trauer. Die Frau, nach der er sich sehnt, ist nicht die Verstorbene, sondern die Tochter, die er niemals hatte. Ob dies im übertragenen oder wörtlichen Sinne gilt, interessiert ebenfalls nicht. Die Handlung jedenfalls, die ihre flachen Charaktere bis aufs Papierdünne auswalzt, ohne die Lücken in ihren Biografien zu füllen. Für Bertrand existiert nur eine Lücke und die heißt Chloe (Olivia Ruiz). Deren einst von Kinderhand gekrakelte Briefe wecken seine Vatergefühle für die unbekannte Tochter. In England war der gebürtige Franzose, den die Familienbande nach Hause ziehen, nie heimisch. Darum steht er Schottenrock tragend beim Golf buchstäblich im Regen und schaut satt „Der kleine Lord“ mit seinem Dolmetscher „Heidi“. Wem bei der Kinderbuchverfilmung die Tränen kommen, nicht vor Überdruss, sonder vor Rührung, ist schwer Gemütskrank.

 

Da dies für „Väter und andere Katastrophen“ augenscheinlich ansteckend ist, schert sich der vulgäre Gustave (Gerard Jugnot) durch Bertrand ebenfalls um seine mutmaßliche Tochter, die mit dem Trinker gebrochen hat. Fatalerweise sind beide Töchter eine: Chloe, auf deren Hochzeit mit Tennisstar Stephen (Jamie Bamber) Bertrand den Vater mimt – einen Part, den Chloe von einem Schauspieler als Alibi-Vater ausgefüllt glaubt. „Ein versoffener Koch und ein verklemmter Schauspieler; das konnte nicht gut gehen.“, lautet ihr missmutiges Resümee, das man angesichts des schematischen Beziehungsvehikels teilt. Die filmische Belanglosigkeit gleicht dem Sommerwetter, das in ihr herrscht, und für das sie gedreht wurde: lau, milde und einschläfernd. Wo keine relevanten Probleme existieren, fehlt auch eine glaubhafte Konfliktlösung. Das kritische Fazit spricht sich Valentes Väter-Klamauk selbst: „Vergessen Sie das zwanghaft-verklemmte Vater-Ding.“

 

Oneline: Altväterliche Familienkomödie mit allzu familiärem Plot.