Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Februar 2016, Teil 1

 

Margarete Frühling

 

München (Weltexpresso) - 1912 in London: Maud Watts (Carey Mulligan) aus dem Londoner East End ist etwa 25 Jahre alt, verheiratet mit Sonny (Ben Whishaw) und hat einen etwa 5 Jahre alten Sohn George (Adam Michael Dodd). Beide arbeiten in der Wäscherei von Norman Taylor (Geoff Bell). Es wird deutlich, dass Mauds Arbeit sichtlich gefährlicher und anstrengender ist als Sonnys, trotzdem verdient sie weniger.

 

Als ein Wäschepaket vergessen wird, muss Maud das Paket nach Arbeitsschluss noch zu Kunden ins Londoner West End bringen. Sie gerät dabei in einen militanten Protest der Suffragetten, die seit Jahren für die Gleichbehandlung von Frauen und für das Frauenwahlrecht kämpfen. Eine der protestierenden Frauen ist Violet Miller (Anne-Marie Duff), Mauds Kollegin in der Wäscherei.

 

Violet versucht Maud für die Ziele der Suffragetten zu interessieren. Maud besucht die Apothekerin Edith Ellyn (Helena Bonham-Carter), die ihren erkälteten Sohn unentgeltlich behandelt. Dabei erfährt sie, dass Ellen gerne Medizin studiert hätte, was ihr aber als Frau verboten war. Sie bemerkt auch, dass sich Suffragetten im Hinterzimmer der Apotheke treffen.

 

Maud begreift, dass sich weder ihre Situation noch die anderer Frauen ändern werden, wenn sie nicht selbst wählen und damit über sich bestimmen können. Sie trifft Alice Haughton (Romola Garai), eine Frau aus der Oberschicht, die dafür sorgt, dass die Frauen ihre Arbeitsbedingungen dem liberalen Minister David Lloyd George (Adrian Schiller) darstellen können. Da Violet verhindert ist, schildert Maud bei dieser Gelegenheit ihren Arbeitsalltag und hat zum ersten Mal das Gefühl, gehört zu werden.

 

Als sie aber Monate später erfährt, dass die Regierenden kein Interesse daran haben, die Situation der Frauen zu verändern, protestiert Maud erstmals. Sie wird zusammen mit anderen Frauen von der Polizei verhaftet und landet zum ersten Mal im Gefängnis. Dort lernt sie auch Emily Wilding Davison (Natalie Press) kennen. Sonny kann ihr Interesse an Politik nicht verstehen, so dass letztendlich ihre Ehe scheitert, Sonny Maud aus dem Haus wirft und ihr den Umgang mit ihrem Sohn verbietet.

 

Als Maud nach einer Ansprache der bekannten Suffragette Emmeline Pankhurst (Meryl Streep) wieder verhaftet wird, besucht Polizei-Inspektor Arthur Steed (Brendan Gleeson), der die Frauen die ganze Zeit verdeckt überwacht hat und Fotos von ihnen machen ließ, sie im Gefängnis und möchte sie als Spionin gewinnen. Nach einiger Überlegung lehnt Maud es ab und begründet es auch in einem Brief an Steed.

 

Maud lebt jetzt in einer Kirche und arbeitet für die Frauenbewegung. Sie ist bereit, sich auch an radikaleren Aktionen zu beteiligen, merkt aber, dass die Presse daran gehindert wird, über die Aktionen zu berichten. Um wirklich Aufmerksamkeit zu erregen, müssen die Frauen eine Aktion durchführen, die ihrer Sache die größtmögliche öffentliche Aufmerksamkeit verschafft. Sie beschließen deshalb nach Epsom zum Derby zu fahren, bei dem das Pferd des Königs starten soll und die gesammelte Presse anwesend sein wird.....

 

 

"Suffragette - Taten statt Worte" ist nicht nur ein Film über Frauen, er ist auch ein Film von Frauen. Regisseurin ist Sarah Gavron, die 2007 mit "Brick Lane" bekannt wurde, Das Drehbuch stammt von Abi Morgan, die u. a. auch die Drehbücher für "Shame" oder "Die eiserne Lady" geschrieben hat und als Produzentinnen fungieren Faye Ward ("Jane Eyre").und Alison Owen ("Saving Mr Banks").

 

Dieses Engagement merkt man dem Film an. Sarah Gavron zeigt den mit persönlichen Risiken und Einschränkungen geführten Kampf der Frauen, hier vor allem aus der Sicht der unterpriviligierten Arbeiterinnen aus dem Londoner East End. Es ist natürlich auch ein künstlerischer Kniff, dass sich das Drehbuch auf das Leben von Maud Watts konzentriert. Dadurch können die Probleme von Frauen und auch die Gründe der Entstehung der Suffragetten nicht nur aus Sicht der Mittel- und Oberschicht, der z.B. Emmeline Pankhurst entstammte, sondern auch aus der Perspektive der Unterschicht-Frauen beleuchtet werden.

 

Die Suffragetten-Bewegung ist sicher nicht im Londoner East End entstanden, sondern wurde eher von Frauen wie Alice Haughton, der Frau eines wohlhabenden Parlamentsabgeordneten oder auch Edith Ellyn, die zumindest eine Ausbildung abgeschlossen hat, auch wenn sie nicht Medizin studieren durfte, getragen. Aber durch den Blick auf die Arbeiterinnen entstand ein sehr viel eindringlicherer Film.

 

Reale Personen waren nur Emmeline Pankhurst und Emily Wilding Davison, auch wenn sich Helena Bonham Carter, die übrigens die Ur-Enkelin des damaligen englischen Premierministers Herbert Henry Asquith ist, für ihre Rolle von Edith Garrud inspirieren ließ, die andere Frauen in Jiu-Jitsu unterrichtete. Deshalb wurde der Vorname von Bonham Carters Rolle im Film auch von Caroline in Edith geändert.

 

Der Film lebt von den schauspielerischen Leistungen der drei weiblichen Hauptrollen Carey Mulligan, Anne-Marie Duff und Helena Bonham Carter. Mulligan und Bonham Carter verkörpern Maud und Edith eindringlich und unglamourös. Der Zuschauer leidet aber besonders mit Anne-Marie Duffs Violet, die trotz vieler Kinder, einem alkoholkranken Mann, wenig Geld und einer weiteren Schwangerschaft nie ihr Ziel und ihr Engagement aus den Augen verliert. Bei der gesamten Frauenpower gelingt es der Regisseurin aber auch, die Männer nicht allzu negativ darzustellen. Auch wenn die Situation, wie die Polizei die Frauen bespitzelt, auch heute noch erschreckend wirkt.

 

Insgesamt ist "Suffragette" ein Film, den man sich unbedingt ansehen sollte, auch und gerade wenn man im Rückblick daran denkt, dass die englischen Frauen zu Kriegsbeginn 1914 ihren Kampf um Gleichberechtigung aufgegeben haben und sie dadurch in Großbritannien erst 1928 das vollständige Wahlrecht bekommen haben. In Deutschland und Österreich wurde dies bekanntlich schon 1918 erreicht.

 

Foto: V.l.n.r.: Anne Marie Duff als Violet Miller, Carey Mulligan als Maud Watts und Helena Bonham Carter als Edith Ellyn © Concorde Filmverleih

 

Info:

Suffragette - Taten statt Worte (Großbritannien 2015)

Originaltitel: Suffragette

Genre: Drama

Filmlänge: 107 Min.

Regie: Sarah Gavron

Drehbuch: Abi Morgan

Darsteller: Carey Mulligan, Helena Bonham Carter, Brendan Gleeson, Anne-Marie Duff, Meryl Streep, Ben Whishaw, Romola Garai u.a.

Verleih: Concorde Filmverleih

FSK: ab 12 Jahren

Kinostart: 04.02.2016