MITTENDRIN. Persönliches Tagebuch der BERLINALE 2016 vom 11. bis 21. Februar, Tag 8

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Langsam macht sich hier am Potsdamer Platz schon Abschiedsstimmung breit. Heute werden die letzten Filme im Wettbewerb gezeigt, die ersten Preise in anderen Sektionen vergeben.



Die Filmfans, die vor den Ticketschaltern in den (warmen) Arkaden übernachteten und morgens von staubsaugenden Reinigungskräften geweckt wurden, sind verschwunden. Viele schwer bepackte Kollegen reisen schon heute Nachmittag ab, obwohl man noch zwei Tage lang Wiederholungen von bisher gezeigten Filmen schauen kann.
Gestern habe ich die Groteske „Where to Invade Next“ von Michael Moore (das war der dicke Regisseur, der bei einer Oscar-Verleihung George W. Bush zurief: „Schämen Sie sich!“). In dem Film kommt er dem Pentagon zur Hilfe und marschiert alleine in Europa ein, um Esskultur, Frauenrechte oder Menschenwürde zu rauben. Ein ironischer Streifen zum Tatlachen, der dennoch unter die Haut geht. Moore kann aufgrund einer Lungenentzündung leider nicht nach Berlin kommen.
Ich finde es immer wieder spannend, wenn die Filmemacher in Pressekonferenzen und Interviews selbst über ihre Werke sprechen. Wie hat die junge Lea van Ackern ihre Rolle als Anne Frank angelegt? Warum hat Doris Dörrie den weltweit ersten Spielfilm über Fukushima gedreht? So meine Fragen, darüber demnächst mehr in dieser Zeitung. Da ich durch solche Gespräche immer so viele Filme verpasse, habe ich bei den letzten Filmfestspielen keine Interviews gemacht. Es ist banal, aber weniger ist tatsächlich mehr, also intensiver, und ich werde zukünftig wieder mehr Berlinale-Interviews machen und weniger Filme schauen.
„Behalte Dein Lachen! Viele deiner Kollegen sind so muffelig...“, rief mir heute ganz überraschend ein Kontrolleur der Berlinale-Ausweise zu. Ja, das werde ich tun.