Live-Übertragung der 88. Oscar®-Verleihung im Deutschen Filmmuseum am Sonntag, 28. Februar, ab 23 Uhr, Teil 2

 

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das gehört sich schon, daß man im Vorfeld Vermutungen äußert, wer aus welchen Gründen welche Oscars gewinnt oder eben im Umkehrschluß, wer aus welchen Gründen Oscars nicht gewinnt. Das ist allerdings lächerlich, denn wir weilen nicht in den USA, können also nur weitersagen, was wir aufgeschnappt haben.

 

Das ist einem zu wenig. Mir auch. Deshalb kommen dann bei Voraussagen, wer welchen Oscar erringen könnte, immer solche Wunschvorstellungen zwischen die Zeilen, nämlich, die eigenen Favoriten u benennen. Das ist völlig verständlich, denn das Ganze macht nur Spaß, wenn man sich selber an die Steller der Jury setzt, die zigtausend umfaßt. Also von

vorne!

 

Wenn in diesem Jahr der 88. Academy Award , also der Verdienstpreis der Akademie verliehen wird, dann geht es um die US-amerikanische Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS), die ihre Preise Oscars nennt, was deutlich macht, daß wir filmisch gesehen inzwischen alle Amerikaner sind, denn die ganze Welt starrt in dieser Nacht nach Amerika. Ein Beispiel für Kulturimperialismus, der aber kein aufgezwungener ist, sondern in der ganzen Welt als der Nabel der Filmwelt angesehen wird: diese Preise, die Oscars.

Die Verleihung ist immer ein gewaltiges Ereignis, in der sich der Film und seine Beschäftigten selber feiern.

 

Die Verleihung ist immer in Los Angeles und dem dortigen Filmtheater. Die Jury besteht aus den mehr als 5 500 Mitgliedern der Akademie. Erstmals in voller Schärfe wurde in diesem Jahr kritisiert, was immer wieder schon zu hören war. Die Mitglieder sind hauptsächlich Männer, hauptsächlich weißer Hautfarbe. Nur so ist zu erklären, daß es im gesamten Aufgebot an Nominierungen für die Preise – in der Regel fünf, manchmal nur drei, nur bei den Filmen bis zu zehn Vorschläge – keinen einzigen nichtweißen potentiellen Preisträger gab. Das ist wirklich ein Skandal, der sich dann an Namen wie Samuel L. Jackson festmacht, der in Tarantinos THE HATEFUL EIGHT eine gewaltige Leinwandpräsenz entwickelt. Im Vorjahr wurde so auch David Oyelowo als Martin Luther King in Afa DuVernays SELMA glatt übersehen. Die schwarze Regisseurin übrigens auch. Als bester Film war SELMA zwar nominiert, aber dann bekam dieser Film nur den Oscar für den Besten Filmsong. Das war das Lied Glory. Das hat dann angesichts des Themas und der Brillanz der Darstellung auch etwas Peinliches.

 

Es steckt also die normative Kraft des Faktischen dahinter, wenn sich die weiße Mittel- und Oberschicht Hollywoods so die Blöße gibt. Nach den diesjährigen Protesten hieß es, man wolle in die Gesellschaft nun zunehmen Andersfarbige und auch mehr Frauen aufnehmen. Auch peinlich.

 

Ein kurzer Überblick über die 24 Oscars – es wird auch von 30 gesprochen? - , die auf jeden Fall in der Nacht des 28. auf den 29. Februar in Los Angeles verliehen werden.

Die Verleihung geht ganz schön durcheinander, ist grundsätzlich so aufgebaut, daß die wichtigsten Preise am Schluß verteilt werden. Man kann grob sagen, daß die vier allerwichtigsten Preise die für den Besten Film (der Preis geht an den Produzenten), für die Beste Regie und die beiden besten männlichen und weiblichen Darstellerpreise. Für Europäer ist zudem der sogenannte Auslandsoscar, also der für einen fremdsprachigen Film wichtig.

 

 

Bester Film

 

Die kennen Sie vom Hörensagen sicher alle, denn sie haben alle unsere Kinos erreicht, was so manchem deutschen Film nicht glückt. Es sind alle typische Hollywoodfilme, wo eine Geschichte mit viel Tamtam auf der Leinwand ducherzählt wird, wie wir neuerdings diese Art des Überwältigungskinos nennen, wo der nächste Schritt logisch folgt und wenig Raum für die eigene Kombinationsgabe gelegt wird.

 

Man kann sich aber irren, was vielleicht auch an der Praxis, der inzwischen kaum mehr übersetzten englischen Titel liegt, die den Leuten wenig sagen. Daß nämlich Steven Spielbergs Film BRIDGE OF SPIES, die Geschichte vom Austausch amerikanischer Spione – einer war gar keiner – gegen einen russischen auf der Glienitzer Brücke kein Allgemeinwissen ist, haben wir verblüfft verfolgt. Und THE REVENANT, hier immerhin noch der Rückkehrer im Beititel wurde nur durch die wochenlange Diskussion so bekannt, ob Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio nun endlich einen Oscar als Bester Hauptdarsteller bekomme oder nicht.Warum insbesondere SPOTLIGHT  eine große Chance hat, liegt daran, daß die Vereinigtten Staaten auf die Aufklärungskraft ihrer Presse so etwas wie einen nationalen Mythos macht. Nicht zu Unrecht, vgl. Watergate.

 

Eine Rolle spielt auch SPOTLIGHT, eine intelligente und aufklärerische Zeitungsgeschichte um Mißbrauchsfälle der Katholischen Kirche in den USA, BROOKLYN, ein gutgemachtes historisches Bild einer Irischstämmigen, die auf Besuch in der alten Heimat erkennt, daß Amerika die eigentliche Heimat geworden ist, DER MARSIANER, eine Fiktion im Weltall, die von heute ist, ROOM, das eindrucksvolle filmische Wiederaufleben einer Kombination von Weggesperrtwerden a la Kampusch/ Fall Fritzl, beide Österreich, in den USA, THE BIG SHORT, eine Wirtschaftsanalyse aus dem Jahr 2005, wo die Starinvestoren die großen Banken herausfordern und MAD MAX: FURY ROAD, wo es um Wüste, Männer und Frauen und Straßenkrieg geht.

 

 

Bester Hauptdarsteller

 

Interessant, daß die fünf Nominierten nur zweimal aus den oben besprochenen Filmen kommen, die also selbst als Film die Möglichkeit eines Oscars haben. Neben DiCaprio und Matt Damon sind das Michael Fassbender als STEVE JOBS, Eddie Redmayne in THE DANISH GIRL und Bryan Cranston als TRUMBO. Schon öfter haben wir uns ausgelassen, daß uns THE REVENANT nicht besonders gefällt und DiCaprio in anderen Rollen, z.B. bei Martin Scorsese viel überzeugender spielte. Aber er hat ihn verdient, sagen alle, was ja nicht unrichtig ist, wenn man an seiner Karriere denkt, und außerdem ist keiner der anderen so besonders toll.

 

Auch nicht Eddie Redmayne, der doch ein wunderbarer Schauspieler ist, dem man in THE DANISH GIRL erst einmal 'auf den Leim' geht, denn er zieht einen hinein in diese Geschichte. Aber man merkt, leider erst spät, aber dann für immer, wie oberflächlich dieser doch wichtige Film gestrickt ist und dann erkennt man, daß auch die schauspielerische Leistung von Redmayne auf der Oberfläche bleibt, wenn er die Wandlung zu einer Frau spielt. Es sind immer dieselben Gesichtsausdrücke und Gesten. Der Film erlaubt ihm keine Reflexion und Innenperspektive.

 

 

Beste Hauptdarstellerin

 

Auch hier sind es nur zwei Rollen aus den nominierten Filmen:Brie Larson in ROOM und Saorise Ronan in BROOKLYN. Cate Blanchett hätte als Carol im gleichnamigen Film CAROL natürlich den Preis erneut bekommen müssen, aber wir glauben nicht dran, weil der Film in den USA keine Fortune bei den Oscars hat, was sicher an seinem Thema der lesbischen Liebe hängt. Wir glauben einfach nicht, daß der Darstellerpreis außerhalb der für den Oscar nominierten Filme vergeben wird. Darum auch kein Glück für die witzige Jennifer Lawrence in JOY oder Charlotte Rampling in 45 Years, wo sie vormacht, wie man mit dem Heben der Stimme oder der Augenbraue eine ganze Geschichte erzählt.

 

Bester Regie

 

Meiner Erinnerung nach hat es noch nie in der letzten Oscarzeit eine Nominierung für die BESTE REGIE gegeben, ohne daß dieser Film nicht auch als BESTER FILM benannt war. Schaut man sich im Umkehrschluß an, welcher der nominierten Filme nicht für den Regiepreis vorgeschlagen sind, sind das der Spielbergfilm, BROOKLYN und DER MARSIANER. Wir vermuten mal, daß dieser Preis erneut auf THE REVENANT hinausläuft, also auf Alejandro Gonzáles Inárritu.

 

Fortsetzung folgt nach der Oscarnacht

 

Info:

 

www.deutsches-filminstitut.de | www.deutsches-filmmuseum.de

www.filmportal.de | www.europeanfilmgateway.eu