Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. März 2016, Teil 5

 

Kirsten Liese

 

Berlin (Weltexpresso) - In einem Land, das schon kleinen Kindern einbläut, Amerikaner und Japaner seien seine Todfeinde, steht ein Dokumentarfilm unter denkbar schlechten Voraussetzungen. Der russisch-ukrainische Regisseur Vitaly Mansky erwirkte wohl auch nur deshalb eine Drehgenehmigung in Nordkorea, weil das Regime naiv davon ausging, mit seiner Hilfe ließe sich ihre Nation idealisieren.

 

 

Jedenfalls gaben ihm die Offiziellen bis in kleinste Szenenabläufe alles vor. Von Manskys ursprünglichem Buch blieb nach der Zensur nichts übrig. Das Regime legte großen Wert auf Paraden, Zeremonien und Festlichkeiten, das wirkliche Leben, geschweige denn Mißstände, durfte Mansky nicht zeigen. Er sollte den „Alltag“ der achtjährigen Zin-mi, einer angehenden Jungpionierin, und ihrer Eltern inszenieren, „Potemkinsche Dörfer“ errichten. Im Film haben die Eltern andere Berufe als in Wirklichkeit und wohnen in einer unerschwinglich schönen Dreizimmerwohnung im besten Viertel.

 

Aber so trickreich wie es Mansky gelang, das gesamte Material der kontrollierten Dreharbeiten, darunter auch vermeintlich misslungene und heimliche Aufnahmen, außer Landes zu schmuggeln, konnte er die Inszenierung entlarven. In einer Szene bei Tisch preist etwa der Vater die gesundheitsförderliche Wirkung des Nationalgerichts. Darauf folgt die Szene noch einmal, aber diesmal belehrt ein nordkoreanischer Offizieller das Mädchen, dass sie sich doch natürlich verhalten und wie zu Hause fühlen soll. Immer wieder kommen Aufpasser hinter Türen und Vorhängen zum Vorschein, um Regieanweisungen zu geben.


Daneben finden sich auch sehr menschliche, komische Momente. Zu den weitschweifigen Heldengeschichten eines Kriegsveterans etwa ruht die Kamera auf dem Gesicht des sichtlich gelangweilten, mit dem Schlaf kämpfenden Mädchens. Bei alledem sucht und findet Mansky über seine einfühlsame Montage immer wieder die Individuen, die das Regime zum Verschwinden bringen will. „Im Strahl der Sonne“ nimmt somit nicht nur ein befremdliches Land ins Visier, sondern auch das Filmemachen zwischen Propaganda und Dokumentation.