Die ARD-Spielfilmreihe MITTEN IN DEUTSCHLAND beginnt heute und läuft bis 6. April, Teil 1/3

Elke Eich

Berlin (Weltexpresso) - Die ARD liefert mit einem komplexen NSU-Filmprojekt eine umfassende Batterie an Appellen und will viel: Fragen aufwerfen, statt simple Antworten geben! Aufrütteln, statt beschwichtigen! Mitgefühl wecken, statt verdrängen!

Authentische Empathie, Hartnäckigkeit und der Wunsch vieler Menschen, so viele Teile der Wahrheit wie möglich - über den NSU, unsere Gesellschaft und uns als einzelne Menschen - ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, waren der Motor...

Es geht um nicht weniger als DAS politisch und gesellschaftlich relevanteste TV-Projekt unserer Zeit: „Mitten in Deutschland: NSU“ mit drei unterschiedlich stark fiktionalisierten Filmen und einem ergänzenden Dokumentarfilm von Stefan Aust und Dirk Laabs zum Skandal um den berüchtigten Nationalsozialistischen Untergrund - kurz NSU - ist ein Format, mit dem die ARD als öffentlich rechtliche Sendeanstalt ihren aufklärerischen Auftrag konsequent und couragiert erfüllt. WDR, BR und SWR, immer zusammen mit dem MDR, waren da federführend involviert.

Doch vor allem Deutschlands renommiertester und wohl auch hartnäckigster TV-Produzentin, der Historikerin Dr. Gabriela Sperl, und ihrer Kollegin Sophie von Uslar gebührt Respekt dafür, dieses komplexe Mammut-Projekt gestemmt zu haben. Eine Flut von gut recherchierten Fakten und die Aufarbeitung von Protokollen im Buch „Heimatschutz“ der Autoren Aust und Laabs stützen, was im Fiktiven ausgemalt wird.

Rechtsradikales Gedankengut ist heute wieder sehr virulent, angefeuert durch Menschen und Bewegungen, die sich die Flüchtlingskrise und terroristische Übergriffe zu Nutze machen, um alten Hass neu zu schüren. Das schreit förmlich nach gründlicher Thematisierung des NSU und nach kontinuierlicher Auseinandersetzung bis in die Jetztzeit! Flankierend zu den Filmen bietet die ARD bzw. „DAS ERSTE“ dazu die interaktive „Web-special“-Seite zum NSU-Terror an - erreichbar unter www.nsu-terror.de.

Beate Zschäpe sitzt weiterhin in München stumm auf der Anklagebank und führt das Gericht an der Nase herum. Ob die Verbrechen des NSU-Trios mit allen Hintermännern und allen Verflechtungen mit deutschen Behörden jemals aufgeklärt werden, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden…

9 Migranten – 8 Türken und ein Grieche – wurden von den NSU-Verbrechern regelrecht hingerichtet; alle waren Geschäftsleute, die gut sozialisiert und erfolgreich in Deutschland ihren Geschäften nachgingen und einen Halt in ihrem jeweiligen familiären Verbund hatten. Für die jungen Neonazis, deren menschenverachtende Projektionen der Kit ihrer Gesinnungsgemeinschaft ist, vielleicht ein besonders rotes Tuch. Wie sind Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in den rechtsradikalen Abgrund geraten und wurden zu diesem Trio-Infernale? Warum konnten sie fast 13 Jahre im Untergrund (angeblich) unentdeckt bleiben? 

Man sieht viel Beunruhigendes aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der drei Regisseure, die jeweils prägnant mit eigener Handschrift und hochmotiviert aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen: fast unerträglich nah dran an den Tätern (Regie: Christian Schwochow), schmerzlich mitfühlend und beschämend an der Seite der Familie des ersten und lange Zeit diffamierend kriminalisierten NSU-Mordopfers (Regie: Züli Aladag) und schließlich entlarvend im undurchschaubar verschachtelten Ermittlungs- und Verfassungsschutz-Universum, in dem Interessenskonflikte ständig auf ihren Umlaufbahnen zu kollidieren drohen (Regie: Florian Cossen).

Es geht darum, aus jeweils einer Position heraus, sauber recherchiert und plastisch vermittelt, zu eruieren, was damals geschah, wessen Geistes Brut die Verbrechen waren und welche Akteure und behördliche Strukturen und Manöver zu Fallstricken wurden, die den Verbrechen Vorschub leisteten, bzw. frühere Festnahmen verhinderten. Fortsetzung folgt

Anmerkung: Unser Titel „Seltsam, Im Nebel zu wandern!“ entstammt einem Gedicht von Hermann Hesse, das im dritten Teil abgedruckt ist.

 

Info I:

DETAILS zu „MITTEN IN DEUTSCHLAND: NSU“

1. „Die Täter - Heute ist nicht alle Tage" (SWR, ARD Degeto, MDR)
Im Mittelpunkt stehen Aufbau und Radikalisierung der rechten Szene seit Anfang der 90er Jahre, die Geschichte und die Hintergründe des NSU.
Regie: Christian Schwochow / Drehbuch von Thomas Wendrich.
Hauptrollen: Albrecht Abraham Schuch (Uwe Mundlos), Sebastian Urzendowsky (Uwe Böhnhardt) und Anna Maria Mühe (Beate Zschäpe)

2. „Die Opfer - Vergesst mich nicht" (WDR, ARD Degeto, MDR)
Die Sicht der Opfer und traumatisierende Diffamierungen steht im Mittelpunkt - basiert auf dem Buch „Schmerzliche Heimat" von Semiya Simšek und Peter Schwarz.
Regie: Züli Aladag / Drehbuch: Laila Stieler.
Hauptrollen: Almila Bagriacik (Semiya Simšek), Uygar Tamer (Adile Simšek), Orhan Kilic (Enver Simšek), Tom Schilling (Bronner) und André M. Hennicke (Hegemann).

3. „Die Ermittler - Nur für den Dienstgebrauch" (BR, ARD Degeto, MDR)
Es geht um die Ermittler: Polizisten zwischen Verfassungsschutz, V-Männern und Staatsinteresse...
Regie: Florian Cossen / Drehbuch: Rolf Basedow, Christoph Busche + Jan Braren.

Hauptrollen: Florian Lukas (Paul Winter) Liv Lisa Fries (Charlotte Ahler), Sylvester Groth (Walter Ahler), Florian Stetter (Alexander Melchior), Alexander Beyer (Mirko Kerber), Ulrich Noethen (Helmut Roewer), Christian Berkel (Amor), Anna Maria Mühe (Beate Zschäpe)

Im Anschluss an den dritten Teil folgt der Dokumentarfilm
4. „Der NSU-Komplex - Die Rekonstruktion einer beispiellosen Jagd" (BR, MDR, NDR) Regie: Stefan Aust und Dirk Laabs.

 

Info II: 

Die Termine der Spielfilmtrilogie "Mitten in Deutschland: NSU"

Mi, 30.03.2016 | 20:15 Uhr
Die Täter – Heute ist nicht alle Tage
(SWR | ARD Degeto | MDR )

Mo, 04.04.2016 | 20:15 Uhr
Die Opfer – Vergesst mich nicht 
(WDR | ARD Degeto | MDR)

Mi, 06.04.2016 | 20:15 Uhr
Die Ermittler – Nur für den Dienstgebrauch 
(BR | ARD Degeto | MDR)

Mi, 06.04.2016 | 21:45 Uhr
DOKUMENTARFILM 
Der NSU-Komplex – Die Rekonstruktion einer beispiellosen Jagd 
(BR | MDR | NDR)

Die interaktive „Web-special“-Seite der ARD
zum NSU-Terror an - erreichbar unterwww.nsu-terror.de