Die ARD-Spielfilmreihe MITTEN IN DEUTSCHLAND beginnt heute und läuft bis 6. April, Teil 2/3

 

Elke Eich

 

Berlin (Weltexpresso) - Regisseur Christian Schwochow hatte mit Drehbuchautor Thomas Wendrich wohl den schwierigsten und mutigsten Part zu bewerkstelligen. Als Kinder der ehemaligen DDR sind sie selbst Teil der Generation, aus der viele in der Wendezeit, „sozusagen der Erweckungszeit dieser Täter“, so Wendrich bei der Berliner Premiere im ARD Hauptstadtstudio, in den Rechtsextremismus abtrifteten.

 

Schwochow spricht vom Riss, den die Wende in der Biografie jedes DDR-Bürgers darstellte.

Der Regisseur zu seinem Auftaktfilm
Die Täter – Heute ist nicht alle Tage”zu seiner Motivation, diesen Film über das NSU-Trio zu machen (mit Anna Maria Mühe als Beate Zschäpe, Albrecht Abraham Schuch als Uwe Mundlos und Sebastian Urzendowsky als Uwe Böhnhardt): „Auch wenn ihre mutmaßlichen Taten so unendlich grausam waren, sind mir die drei von Beginn an auf unheimliche Art und Weise vertraut gewesen. Es wurde ein großes Bedürfnis, nach einer filmischen Erzählform für das Phänomen NSU zu suchen. Ich wollte mich ihnen mit diesem Film wie Klassenkameraden nähern, mit denen man jahrelang zusammen gespielt, gefeiert, gelebt hat – und das ganz unideologisch. Ich wollte ihr Handeln verstehen.” Autor Wendrich dazu: „Wir wussten Vieles über diese Menschen, obwohl wir sie noch nicht kannten, weil wir uns natürlich kennen. Jetzt kennen wir über sie ziemlich viel.“


So wird Schwochows Film wird zu einer Exkursion des realen Horrors, bzw. mehr noch zu einer emotionalen Achterbahnfahrt voller Schrecken auf einer bedrückenden Spirale von Gewalt und Tiraden rechtsradikalen Gedankenguts. Christian Schwochow gibt seinen Protagonisten Raum, viel Raum, manchen vielleicht zu viel Raum. So viel Nazi-Propaganda muss auch erst mal ausgehalten werden. Mit Betonung auf MUSS, um zu begreifen, womit wir es da zu tun haben und wo es herkommt!


Dramaturgisch geschickt: Eine Freundin Beates steigt auf der Achterbahnfahrt frühzeitig aus dem Neonazi-Waggon aus, als Symbol dafür, dass es eine Wahl gibt, egal wie groß der Sog einer Gruppe sein mag.



„Die Opfer – vergesst mich nicht“ von Züli Aladag („Wut“) ist am nächsten dran an den Fakten. „Sehr nah! Fast zu 90% identisch mit meinem Buch und mit der Realität.“ bekundet Samiya Şimşek bei der Berliner Premiere über die Verfilmung ihres Buches, die ihr noch mal bei der Verarbeitung helfe. „Schmerzliche Heimat“ ist Samiya Şimşeks autobiografische Aufarbeitung der Tragödie ausgelöst durch den Mord an ihrem Vaters, dem Blumengroßhändlers Enver Şimşek, der im September 2000 zum ersten Opfer in der Mordserie der NSU-Verbrecher wurde.

Laila Stielers Drehbuch lieferte starke Bilder, die Züli Aladag, der mit seinen kurdischen Eltern im Alter von 5 Jahren aus der Türkei nach Deutschland kam, emotional dicht und Scham auslösend inszeniert: Der Film zeigt die ungeheuerlichen Diffamierungen des Mordopfers und seiner Familie durch Unterstellungen krimineller Machenschaften bzw. Ehrenmord-Szenarien und führt vor, wie polizeiliche Ermittlungen vorurteilhaft stur in völlig falsche Richtung gedrängt wurden.

Brillant, wie die Berlinerin Almila Bagriacik
in der Rolle der über sich hinaus wachsenden Samiya, dem Film mit ihrer starken Präsenz Flügel verleiht. Überwältigend, wie die in der Schweiz lebende Schauspielerin Uygar Tamer als Mutter und Witwe die Geschichte in erstickend-tiefe Verzweiflung verwurzelt. Auch wird gezeigt, dass nicht jeder ermittelnde Polizist ein solches Brett vor dem Kopf und einen Stein statt eines Herzens hatte, wie der (fiktive) Polizist Höllerer - in seiner Dumpfheit oder/und mit seinen rassistischen Vorurteilen überzeugend dargestellt von Ausnahmeschauspieler Sascha Alexander Geršak. Tom Schilling und André Hennicke dürfen in ihren Rollen der (fiktiven) Polizisten Bronner und Hegemann fein nuanciert Mitgefühl und emotionale Intelligenz zeigen. Durchsetzen können sie sich jedoch in ihrem Apparat nicht.

Fast 13 Jahre lang kann das rechtsradikale Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe im Untergrund (angeblich) unentdeckt bleiben, und weiter rauben und morden. Schließlich werden die beiden Männer am 4. November 2011 nach einem ihrer zahlreichen Bankraubzüge und Überfälle in ihrem Wohnmobil entdeckt, das nach einem Schusswechsel in Flammen aufgeht. Mundlos und Böhnhardt sterben, und auf Anweisung eines Verfassungsschutzbeamten, wird das Fahrzeug abtransportiert - noch bevor alle Spuren vor Ort gesichert werden konnten! Fortsetzung folgt

 

 

Info I:

 

DETAILS zu „MITTEN IN DEUTSCHLAND: NSU“

1. „Die Täter - Heute ist nicht alle Tage" (SWR, ARD Degeto, MDR)
Im Mittelpunkt stehen Aufbau und Radikalisierung der rechten Szene seit Anfang der 90er Jahre, die Geschichte und die Hintergründe des NSU.
Regie: Christian Schwochow / Drehbuch von Thomas Wendrich.
Hauptrollen: Albrecht Abraham Schuch (Uwe Mundlos), Sebastian Urzendowsky (Uwe Böhnhardt) und Anna Maria Mühe (Beate Zschäpe)


2. „Die Opfer - Vergesst mich nicht" (WDR, ARD Degeto, MDR)
Die Sicht der Opfer und traumatisierende Diffamierungen steht im Mittelpunkt - basiert auf dem Buch „Schmerzliche Heimat" von Semiya Simšek und Peter Schwarz.
Regie: Züli Aladag / Drehbuch: Laila Stieler.
Hauptrollen: Almila Bagriacik (Semiya Simšek), Uygar Tamer (Adile Simšek), Orhan Kilic (Enver Simšek), Tom Schilling (Bronner) und André M. Hennicke (Hegemann).

3. „Die Ermittler - Nur für den Dienstgebrauch" (BR, ARD Degeto, MDR)
Es geht um die Ermittler: Polizisten zwischen Verfassungsschutz, V-Männern und Staatsinteresse...
Regie: Florian Cossen / Drehbuch: Rolf Basedow, Christoph Busche + Jan Braren.

 

Hauptrollen: Florian Lukas (Paul Winter) Liv Lisa Fries (Charlotte Ahler), Sylvester Groth (Walter Ahler), Florian Stetter (Alexander Melchior), Alexander Beyer (Mirko Kerber), Ulrich Noethen (Helmut Roewer), Christian Berkel (Amor), Anna Maria Mühe (Beate Zschäpe)

Im Anschluss an den dritten Teil folgt der Dokumentarfilm
4. „Der NSU-Komplex - Die Rekonstruktion einer beispiellosen Jagd" (BR, MDR, NDR) Regie: Stefan Aust und Dirk Laabs.

 

Info II:

 

Die Termine der Spielfilmtrilogie "Mitten in Deutschland: NSU"

Mi, 30.03.2016 | 20:15 Uhr
Die Täter – Heute ist nicht alle Tage
(SWR | ARD Degeto | MDR )

Mo, 04.04.2016 | 20:15 Uhr
Die Opfer – Vergesst mich nicht 
(WDR | ARD Degeto | MDR)

Mi, 06.04.2016 | 20:15 Uhr
Die Ermittler – Nur für den Dienstgebrauch 
(BR | ARD Degeto | MDR)

Mi, 06.04.2016 | 21:45 Uhr
DOKUMENTARFILM 
Der NSU-Komplex – Die Rekonstruktion einer beispiellosen Jagd 
(BR | MDR | NDR)

Die interaktive „Web-special“-Seite der ARD
zum NSU-Terror an - erreichbar unterwww.nsu-terror.de





 

 

 

 

 

 

DETAILS zu:
„MITTEN IN DEUTSCHLAND: NSU“

1. „Die Täter - Heute ist nicht alle Tage"
(SWR, ARD Degeto, MDR)
Im Mittelpunkt stehen Aufbau und Radikalisierung der rechten Szene seit Anfang der 90er Jahre, die Geschichte und die Hintergründe des NSU.
Regie: Christian Schwochow / Drehbuch von Thomas Wendrich.
Hauptrollen: Albrecht Abraham Schuch (Uwe Mundlos), Sebastian Urzendowsky (Uwe Böhnhardt) und Anna Maria Mühe (Beate Zschäpe)

2. „Die Opfer - Vergesst mich nicht" (WDR, ARD Degeto, MDR)
Die Sicht der Opfer und traumatisierende Diffamierungen steht im Mittelpunkt - basiert auf dem Buch „Schmerzliche Heimat" von Semiya Simšek und Peter Schwarz.
Regie: Züli Aladag / Drehbuch: Laila Stieler.
Hauptrollen: Almila Bagriacik (Semiya Simšek), Uygar Tamer (Adile Simšek), Orhan Kilic (Enver Simšek), Tom Schilling (Bronner) und André M. Hennicke (Hegemann).

3. „Die Ermittler - Nur für den Dienstgebrauch" (BR, ARD Degeto, MDR)
Es geht um die Ermittler: Polizisten zwischen Verfassungsschutz, V-Männern und Staatsinteresse...
Regie: Florian Cossen / Drehbuch: Rolf Basedow, Christoph Busche + Jan Braren.

Hauptrollen: Florian Lukas (Paul Winter) Liv Lisa Fries (Charlotte Ahler), Sylvester Groth (Walter Ahler), Florian Stetter (Alexander Melchior), Alexander Beyer (Mirko Kerber), Ulrich Noethen (Helmut Roewer), Christian Berkel (Amor), Anna Maria Mühe (Beate Zschäpe)

Im Anschluss an den dritten Teil folgt der Dokumentarfilm
4. „Der NSU-Komplex - Die Rekonstruktion einer beispiellosen Jagd" (BR, MDR, NDR) Regie: Stefan Aust und Dirk Laabs.