DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER auf dem LICHTER FILMFEST, Teil 2/2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Heute wird im Rahmen des LICHTER FILMFESTs auch der Anfang Oktober angelaufene Film DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER von Lars Kraume aufgeführt. Ein richtiger Platz für diesen Film, mit dessen Regisseur Lars Kraume unsere Kollegin am Freitag, 2. Oktober, das folgende, richtig spannende Interview führte. Die Redaktion

 

 

Fritz Bauer war ja ein kulturliebender und kulturkonsumierender Mensch. Er ging dauernd ins Theater, die Oper, ins Kino, las die neueste Literatur, diskutierte darüber. Was hätte Fritz Bauer zu Ihrem Film gesagt?

 

Das ist eine gute Frage. Also, wie Sie schon sagen, dadurch, daß er ein sehr kulturinteressierter Mensch war, hätte er sich bestimmt einigermaßen dafür interessiert, er hätte bestimmt gesagt, „warum über mich einen Film machen, es gibt ja genug andere Themen, über die man auch Filme machen kann“, die, die ihm wirklich am Herzen lagen. Ich glaube nicht, daß er gewollt hätte, sich selber so ins Zentrum zu rücken.

 

Er hat ja mit Thomas Harlan, dem Theater- und Filmemacher sich viel ausgetauscht und hat verstanden, warum man am Holocaust per se Geschichten erzählt. Das lag ihm bestimmt am Herzen. Ich könnte mir vorstellen, weil ich ihn als keinen besonders eitlen Mann empfunden habe in den Recherchen, daß ein Film über ihn ihn wahrscheinlich irritiert hätte. Gleichzeitig kann ich dazu auch noch sagen,daß er einmal auf die Frage von Harlan, der eben endlos recherchiert hat und alles ganz genau wissen wollte, einmal zu Harlan gesagt hat: „Was interessiert Dich, ob die Deportierten aus Minsk oder aus Pinsk kamen?“. Im Theater geht es doch um eine Abstraktion und insofern, weil der Film ja auch eine Abstraktion seines Lebens ist, hätte er wahrscheinlich Verständnis dafür gehabt, daß wir gewisse Dinge eben auch eher an der Dichtung als an der Wahrheit haben.

 

 

Welche Dinge?

 

Es gibt zum Beispiel die Figur des jungen Karl Angermann, den es so namentlich nie gab, es gab natürlich diese jungen Staatsanwälte, die unter ihm gedient haben, es gab auch jemanden, der später wegen seiner Homosexualität erpreßt wurde, aus diesen jungen Staatsanwälten, aber daß wir da quasi jemanden erfunden haben, denke ich, und ihm zur Seite gestellt haben, das hätte er vermutlich verstanden, denn ab einem gewissen Punkt wird man natürlich den Fakten nicht ganz (gerecht), kann man sich nicht nur an die Fakten halten, sonst entsteht kein spannender Spielfilm.

 

 

Und sonst hätte ihn nichts gestört?

 

Das weiß ich nicht. Das kann ich wirklich schwer beantworten. Ich kann mir schon vorstellen, wo einige Abweichungen sind wie zum Beispiel sein Auslieferungsantrag, der tatsächlich gestellt wurde und tatsächlich von der Bundesregierung auch abgelehnt wurde, Eichmann in Deutschland vor Gericht zu bringen, das hat er vermutlich vorher erfolgsversprechender eingeschätzt, obwohl er es versucht hat, aber wahrscheinlich auch realistischer eingeschätzt, daß es eine ziemliche Außenseiterchance ist. Bei uns im Film sind seine Hoffnungen sehr daran geknüpft, daß Eichmann nach Deutschland kommt..

 

 

Und der Verrat, der angebliche?

 

Die Quellenlage zur Unterwerfungsurkunde ist ziemlich klar. Fritz Bauer hat diese Unterwerfung unterzeichnet, es ist die Diskussion nur entstanden, weil es einen Druckfehler in der Zeitung gibt. Die Tatsache, daß er sich unterworfen hat, ist belegt und ich sehe auch nicht wirklich, wo das Problem sein soll. Es gibt viele Leute, es gibt einige Leute, nicht viele, es gibt einen kleinen Kreis von Leuten, die behaupten, man solle das nicht so stehen lassen. Er war auch am Ende nicht mehr im KZ Heuberg, er war im Garnisonsgefängnis Ulm, wo er sich mit all den anderen Leuten als Sozialist unterworfen hat und an dieser Geschichte ist nichts verkehrt.

 

 

Sie beziehen sich auf die Nazi-Zeitung, in der gedruckt ein gewisser Hauer eine Unterwerfungserklärung abgibt. Haben Sie irgendein anderes Dokument?

 

Ja, klar, ich kenne das Dokument des Statthalters von Württemberg ans Reichsinnenministerium,, das die Unterwerfung dokumentiert und es gibt zudem auch keinen Widerspruch von Fritz Bauer zu dieser Unterwerfung. Sie kennen den Bericht des Reichsstatthalters ans Innenministerium über die Unterwerfung all der Leute, wo Bauer mit Klarnamen genannt wird?

 

 

Ja, aber kennen Sie eine Unterschrift von Bauer?

 

Das ist eine gute Frage. Das weiß ich nicht. Aber ich weiß...

 

 

Nein, es gibt keine. Es gibt keine. Es gibt die Nazi-Zeitung, es gibt einen Nazi-Bericht. Es gibt keine Unterschrift. Darum frage ich ja.

 

Ja, wobei, wie stellen Sie das dann dar, daß Sie sagen, der Bericht des Statthalters an seine Führung ist falsch, oder?

 

 

Jeder weiß, und alle Filme sind so aufgebaut, daß die Nazis Bürokraten waren. Die haben alles gesammelt, aber es gibt keine Unterschrift unter eine Unterwerfungserklärung von Bauer. Es gibt nur die Nazi-Zeitung, wo es gedruckt ist.

 

Nein, es gibt nicht nur die Nazi-Zeitung, es gibt auch den Bericht.

 

 

Ja, aber der ist nicht von Bauer unterschrieben. Die müssen doch unterschreiben, bevor sie sich unterwerfen.

 

Okay. Und wie haben Sie dann, wie erklären Sie sich dann die Freilassung.

 

 

Die Familie hat Geld gegeben.

 

Und das kennen Sie woher?

 

 

Von dem Neffen aus Dänemark.

 

Und das ist ein den Historikern zugängliches Dokument?

 

 

Fragen Sie ihn.

 

Nein, ich frage jetzt Sie. Wir diskutieren über den Stand der Historiker. Was andere Leute für geheime Dokumente haben, kann ich ja nicht wissen.

 

 

Nein, aber es gibt keine Unterschrift. Das ist das, wonach ich Sie gefragt habe, denn in einer Bürokratie wie die der Nazis war eine Unterschrift da, wenn jemand sich unterworfen hat. Das mußte man doch dokumentieren, legitimieren. Und das gibt es nicht.

 

Dann Sekunde, dann unterbrechen wir das Gespräch mal eben. (Einige Minuten Sichtung im Handy)

 

 

Und was hätte Bauer zu seiner Homosexualität im Film gesagt?

 

Also, die Homosexualität im Film basiert darauf, daß Fritz Bauer in Dänemark zweimal mit männlichen Prostituierten verhaftet wurde, in seiner Zeit im Exil, und diese Dokumente liegen vor, auch die hat Fritz Bauer niemals dementiert, und alles, was der Film daraus macht, ist ihn sozusagen als einen vermutlich homosexuellen Mann mit einem Verständnis für diese Art der sexuellen Neigung zu erzählen, er lebt ansonsten im Zölibat. Er war ein unheimlicher Modernist, Aufklärer, was zum Beispiel seine Strafrechtsreform betrifft, ein sehr voraus-, zukunftsdenkender Mensch und ich denke, daß er wahnsinnig froh wäre, daß dieser gruselige Paragraph 175 abgeschafft wäre und garantiert heute freier leben würde als damals.

 

 

Er war immer für die Freiheit. Aber es geht um ihn als Person. Kennen Sie die Aussage von Thomas Harlan? Als die beiden Urlaub machten und er ihm den Rücken einschmierte und er zu ihm sagte: „Du bist der erste, der mich berührt, seit meinem Kindermädchen.

 

Ja, ich kenne den Text und wir hatten die Szene auch immer im Drehbuch.

 

 

Und warum haben Sie sie nicht gebracht?

 

Weil wir Thomas Harlan nicht mehr im Drehbuch, nicht mehr im Film haben, wie Sie ja wissen.

 

 

Ja, ich wußte gar nicht, daß er drinnen war. Aber mir geht es darum: Haben Sie mal überlegt, daß in Dänemark Juden ausgeliefert wurden, Schwule nicht.

 

Juden ausgeliefert wurden, Schwule nicht? Und was wollen Sie damit sagen?

 

 

Ich bin in Dänemark als Asylant doch lieber schwul als Jude.

 

Aha.

 

 

Und wenn Bauer zum Beispiel einen politischen Kontakt getroffen hätte..

 

Aha, da meinen Sie, man hätte ihn als schwulen Juden nicht ausgeliefert?

 

 

Man hätte ihn als Schwulen nicht ausgeliefert.

 

Aber er wäre doch dennoch Jude gewesen.Das Schwulsein überwiegt dann das Jüdischsein bei der Auslieferung.

 

 

Schwule wurden nicht ausgeliefert.

 

Sie haben wilde Theorien.

 

 

Kommen wir noch mal zurück zur Figur. Sie schreiben in Ihrem Interview im Presseheftauf die Frage, wie kamen Sie auf die Idee, einen Film über Fritz Bauer zu machen: .“Durch ein Buch meines Ko Autors..... „In einem Kapitel geht es auch um Fritz Bauer und die Auschwitzprozesse“.Ich habe mir das Buch besorgt, ein schönes wichtiges Buch über die Juden, die nach 1945 nach Deutschland zurückkommen. Im Gegensatz zu diesen ist Fritz Bauer als deutscher Sozialdemokrat nach Deutschland zurückgekommen.

 

Das ist richtig. Er kam als Sozialdemokrat und er wird im Film auch als Atheist gezeigt.

 

 

Aber in dem Buch, das sie anführen, steht nur ein einziger Satz zu Fritz Bauer. Das ist auch richtig.

 

Und was ist die Frage jetzt?

 

 

Sie sagen,daß Sie auf Buch und Bauer zurückgehen, da aber in dem Buch nur ein Satz über Fritz Bauer drinnen ist..?

 

Nein, nein, durch das Buch bin ich erst auf Fritz Bauer aufmerksam geworden. Wenn ich mich richtig erinnere, ist da schon ein größeres Kapitel über die Auschwitzprozesse und im Zug der Auschwitzprozesse fällt natürlich der Name Fritz Bauer und so bin ich auf Bauer aufmerksam geworden und habe dann eben zunächst die Wojak-Biographie und später die Steinke-Biographie gelesen.

 

 

Haben Sie bei Wojak etwas mit Homosexualität und Verrat gefunden?

 

Nein, weil das ja zum ersten Mal thematisiert wurde durch die Ausstellung des Fritz Bauer Instituts und durch das Buch von Ronen Steinke.

 

 

Das stimmt nicht, im Buch von Wojak sind die Dokumente alle drinnen.

 

Genau, die Verhaftungsprotokolle sind drinnen, aber sie thematisiert nicht größer die Homosexualität und seine späteren…., also sie stellt seine Homosexualität nicht dar, sondern berichtet nur von den Verhaftungen und nennt sie eine lancierte Kampagne.

 

 

Und heute stellt sie sich gegen die Aussage seiner Homosexualität und sie ist wirklich die Wissenschaftlerin, die am meisten geforscht hat.

 

Sie hat aber beispielsweise seine Verlegung aus dem KZ Heuberg ins Garnisonsgefängnis Ulm völlig unterschlagen. Sie hat die auch bestehenden Untersuchungen zum KZ Heuberg

nicht in ihrem Buch. Also so ganz lückenlos ist natürlich keine Biographie.

 

 

Mich interessiert jetzt zusammengefaßt: Woher haben Sie Ihr Bild von Fritz Bauer?

 

Aus den vorliegenden Biographien, aus den Recherchen mit dem Fritz Bauer Institut, aus dem Bettina Stange Buch „Eichmann vor Jerusalem“, aus noch ein paar anderen Dokumentationen, aus der amerikanischen Recherche eines New York Times-Journalisten, auch aus den Gesprächen mit dem noch lebenden Staatsanwalt Wiese.

 

 

Warum haben Sie im Film den politischen Bauer unterschlagen? Ich sage Ihnen, wie ich das meine. Er hat mich politisiert, er hat uns als Jugend aufgerufen, nach Bonn zu fahren, gegen die Notstandsgesetze zu demonstrieren. Er war ein ganz wacher Zeitgenosse, kein müder alter Mann.

 

Na ja, Sie müssen das so sehen.Sie müssen überhaupt nichts sehen, aber ich sehe das so. Die Politisierung einer Jugend erzählt im Film das Verhältnis zu Angermann. Angermann ist das Symbol für diese Jugend, genau die Generation, von der sie reden, an die Bauer sich gewandt hat und im Rahmen der Erzählung schafft er es, daß ein junger Mann sich gegen die Tyrannei seiner Zeit stellt. Und, was Sie gerne alles in dem Film gesehen hätten oder nicht gesehen hätten, das kann kein Film erfüllen, denn da gibt es es aus jeder, vor allem aus Ihrer Generation einen anderen Erfahrungshintergrund mit Fritz Bauer. Meine Aufgabe als Dramatiker besteht darin, eine in sich geschlossene Erzählung zu schaffen, erst recht nicht die der Historiker, ein komplettes Bild, aber ein komplexes, die Zerrissenheit eines Mannes, der nach eigenen Aussagen durchaus an Schlaflosigkeit litt und auch immer wieder düstere Momente hatte, der einsam war, vermutlich homosexuell. Der als Sozialist – all das wird erzählt im Film – einen politischen Kampf kämpft gegen die Windmühlen, der sich an eine junge Generation wendet und ihr die Augen öffnen will, der trotz aller Widerstände am Ende nicht hinter seinem Schreibtisch weicht, all das ist im Film. Also weiß ich nicht ganz genau, was Sie jetzt nicht gesehen haben.

 

 

Mit politischem Menschen meine ich den, der damals von der CDU angegriffen wurde, ich sehe nur alte Nazis.

 

Nein, das sehen Sie nicht. Sie sehen sogar einen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, der sich dem großpolitischen Willen in Deutschland, angeführt durch Adenauers CDU, der sich auch beugen muß, der an dieser Stelle dem Bundesjustizministerium auch unterliegt und der natürlich nicht einfach als Landesvater jemanden wie Eichmann nach Deutschland holen konnte. Daran scheitert Bauer am Ende auch, an dem Willen der CDU, sich mit Globke auseinanderzusetzen.

 

Das sehe ich genauso, aber im Film kann man das nicht sehen. Zum Beispiel ist Zinn...

 

Nein, im Film kann man das sehen. Das ist der Höhepunkt des 3. Aktes, das Ende der Geschichte, darin scheitert Bauer in seinem Versuch, Eichmann nach Deutschland zu holen.

 

 

Aber er scheitert nicht an Zinn, denn Zinn war nicht nur sein Parteigenosse und guter Freund, er war auch sein Dienstvor...

 

Er scheitert an der CDU. Sie haben mich gefragt, wo ist die CDU in dem Film? Da ist sie.

 

 

 

Mir ist sie da nicht deutlich genug, selbst als Zeitzeugin nicht deutlich genug.

 

Woran scheitert Bauers Versuch der Auslieferung Ihrer Meinung nach?

 

 

 

Ich bin nicht bei der Auslieferung, ich jetzt bin beim Ministerpräsidenten.

 

Ne, das können Sie nicht einfach so sein, denn die Geschichte handelt von der Auslieferung Eichmanns nach Deutschland, das ist der Rahmen der Geschichte. Sie können nicht einfach sagen, wo ist die CDU in dem Film? Sie müssen den Film aus dem Kontext seiner Wahl der Mittel bewerten. Der Kontext der Wahl der Mittel ist die Suche nach Eichmann und der Versuch, ihn in Deutschland vor Gericht zu stellen. Das ist dieser Film. Nicht, was Sie noch alles in dem Film sehen wollen. Das ist die Geschichte, die ich erzähle. In dieser Geschichte scheitert Fritz Bauer an einer Stelle, Globke darf nicht in Verruf geraten. Deshalb stoppt ihn die Bundesregierung und auch die amerikanische Regierung wollte nicht, daß Globke demontiert wird. Das ist der Höhepunkt des Films, der Höhepunkt im Dritten Akt. Es ist genau das, wonach Sie suchen. Nur, weil Sie sagen, das reicht mir nicht, ist es dennoch da.

 

Nein, das bezweifle ich gar nicht, da hätte vielleicht noch gut hingepaßt, daß Bauer ja von Bonn nicht erlaubt bekam, daß er ein Verfahren gegen Globke durchführen darf, das haben sie ihm ja abgelehnt und in Bonn... Nein, wir lassen das, das ist ein Nebenkriegsschauplatz. Ich habe noch eine letzte...

 

Sie haben die ganze Zeit einen Nebenkriegsschauplatz nach dem anderen gebracht, sie verdrehen die Fakten, das, was in dem Film erzählt wird, wird in dem Film erzählt und ich werde sie nicht irgendeinen Kram erzählen lassen, daß das nicht im Film ist. Also weiter, was ist Ihre nächste Frage?

 

 

Meine nächste Frage ist: Es erscheint ein einsamer Bauer. Dem würde ich völlig zustimmen. Aber, er erscheint im Film einsam aus Ihrer, wie ich sage, ihm angedichteten Homosexualität – und nicht, weil er politisch einsam war. Er war politisch einsam. Denn er hat auch im Strafrecht eine Position vertreten, die heute allgemein ist, die Einzelfallprüfung und alles das. Er war politisch einsam.

 

Hm, was ist die Frage?

 

 

Die Frage ist, wieso Sie das nicht in den Film gebracht haben, sondern der Zuschauer nach Hause geht, daß Bauer aus Homosexualitätsgründen, die er nicht offenlegen konnte, einsam war.

 

Sie verdrehen eine Sache nach der andere. Jede Frage, die Sie mir unterstellen, ist eine Unverschämtheit und ich weiß genau, aus welchem Winkel Sie kommen und es stimmt nichts von dem, was Sie sagen. Es stimmt gar nichts von dem, was Sie sagen, es ist einfach nicht wahr, Fritz Bauer wird in diesem Film nicht als einsamer Schwuler dargestellt, der keinen politischen Kampf gekämpft hat. Jede Frage, die sie stellen, ist suggestiv und zielt in eine vollkommen falsche Richtung. Sie haben den Film nicht richtig gesehen, ich würde Ihnen vorschlagen, sie schauen ihn noch mal an. Das ist absoluter Quatsch, jede Frage, die Sie stellen, ist eine – es tut mir leid – ist einfach so, als hätten Sie den ganzen Film durch ein Filter gesehen und ich kann mir auch vorstellen, durch welchen.

 

 

Durch welchen denn?

 

Durch den Filter der Leute, die nicht möchten, daß man über die Homosexualität redet und das ist einfach eine Unverschämtheit. Ich verstehe nicht, wie man sich traut, heutzutage noch zu sagen, daß das keine Rolle gespielt hat. Die Homosexualität in dieser Zeit hat einen Menschen maximal einsam gemacht und Bauer war definitiv ein einsamer Kämpfer, ein einsamer Mensch und auch jemand, der zum Beispiel – und so stellen wir das dar – verschiedene Dinge, auf die normale Menschen ein Grundrecht beanspruchen wie Sexualität, keine Möglichkeit hatte, sie zu leben. Vermutlich war er homosexuell, vermutlich hat ihn das auch zu einem sehr einsamen Leben verdammt, vermutlich, was heißt vermutlich, einer seiner jungen Staatsanwälte wurde für seine Homosexualität erpreßt, wo ist das Problem, Bauer, diese Seite von Bauer darzustellen. Es gibt ja über die Quellenlage hinaus auch ein Bild, das man sich durch die Gespräche mit den Leuten macht, die Leute, die Bauer kannten, von denen überhaupt niemand in Frage stellt, daß Bauer homosexuell war.

 

 

Welche Leute sind das? Das ist mir völlig neu.

 

Das werde ich ganz bestimmt Ihnen nicht sagen...

 

 

Warum nicht?

 

Aus dem ganz einfachen Grund, weil es Leute gibt, und darüber kann man diskutieren, die natürlich nicht, die natürlich in Frage stellen, ob man posthum jemanden outen kann. Natürlich ist das eine Frage, die man absolut berechtigt zulassen kann, aber das haben nun mal die Historiker vor uns entschieden, daß sie das tun und die Leute, wie das Fritz Bauer Institut, die das getan haben, haben sich das gut überlegt. Wir nehmen die Quellenlage auf, die in diesem Fall vom Fritz Bauer Institut veröffentlichte und auf die berufe ich mich und ganz bestimmt nicht auf Gespräche, die mir im Privaten Dinge erzählt haben, von denen ich Ihnen, so wie Sie Ihre Fragen stellen, ganz bestimmt nicht berichten werde.

 

Auf jeden Fall ist es so, Fritz Bauer wird im Film nicht als eine unpolitische Figur dargestellt. Fritz Bauer kämpft einen politischen Kampf, den müssen Sie im Film symbolisieren, Sie müssen symbolisieren durch Leute, da sagen Sie, das sind alles alte Nazis, das sehe ich gar nicht so, ich sehe Leute, einen Oberstaatsanwalt, einen Bundeskriminalamtsmitarbeiter, die in ihren Funktionen sind, daß die im 3. Reich eine Funktion hatten, ist auch richtig, wie z.B. 80 Prozent des Justizapparates 1963 immer noch im Dienst war, die schon im 3. Reich ihren Dienst versehen haben, natürlich können Sie jetzt sagen: Alles alte Nazis, vermutlich, viele davon, wahrscheinlich auch nicht alle, viele Mitläufer, viele Mittäter. Insgesamt erzählt der Film einen Windmühlenkampf gegen einen politischen und gesellschaftlichen Konsens, nämlich keine Fragen mehr zu stellen, die unbequem sind. Das erzählt der Film.

 

 

Aber meine Fragen sind Ihnen ja auch unbequem.

 

Ihre Fragen sind nicht unbequem. Ihre Fragen verdrehen die Fakten. Sie fragen mich, wo ist die CDU im Film, ich sag's Ihnen und Sie sagen: nein. Das ist doch keine Frage, das ist eine Behauptung.

 

Nein, aber die hessische CDU, die war doch die schlimmste hier, ..

 

 

Lars Kraume steht auf: „Wir sind fertig hier.“ und verläßt den Raum.

 

Wir sind fertig, ja.

 

Foto:

Lars Kraume mit dem Diktiergerät der fragestellenden Journalistin (c) Heinz Markert

 

Info:

Heute um 18 Uhr im Mousonturm läuft DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER