Hohe Abgaswerte im Straßenbetrieb bei Dieselautos illegal. Grünen-Fraktion fordert Durchsetzung des Gesetzes
Klaus Hagert
Berlin (Weltexpresso) - Wenn Dieselautos auf der Straße die Grenzwerte für giftige Stickoxide um ein Vielfaches überschreiten, ist das grundsätzlich als illegal zu bewerten. Das ergibt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, das "Frontal 21" vorliegt und über das das ZDF-Magazin am Dienstag, 5. April 2016, 21.00 Uhr, berichtet.
Zwar werde die Einhaltung der Abgasgrenzwerte nur beim Labortest überprüft. Doch habe der Gesetzgeber die Hersteller dazu verpflichtet, "dass die Emissionskontrollsysteme auch im Alltagsbetrieb ordnungsgemäß arbeiten" – also auch auf der Straße. Der Gesetzgeber habe ein "striktes, weitreichendes Verbot von Abschalteinrichtungen" festgeschrieben, vor allem im Interesse des Umwelt- und Gesundheitsschutzes.
Daimler und BMW hatten in der Vergangenheit mehrfach bestritten, illegale Abschalteinrichtungen zu verwenden. Hohe Abgaswerte begründeten sie unter anderem damit, dass der Motor bei niedrigen Außentemperaturen geschützt werden müsse. Motorschutz ist ein Ausnahmetatbestand bei Abschalteinrichtungen. Auch dazu stellt das Gutachten klar: Die Ausnahmeregelung sei "eng auszulegen", die Abschalteinrichtung dürfe nur ausnahmsweise eingesetzt werden. Selbst Minustemperaturen rechtfertigten kein Eingreifen einer Abschalteinrichtung.
"Das Gutachten zeigt deutlich, dass die Rechtfertigung von BMW und Daimler nicht stichhaltig ist", so Oliver Krischer, stellvertretender Fraktionschef von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag gegenüber "Frontal 21". Seine Fraktion hatte das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes in Auftrag gegeben. Seine Forderung: "Die Bundesregierung muss jetzt handeln und diese nach Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes illegale Praxis endlich abstellen."
Anfang des Jahres zeigten Messungen im Auftrag von "Frontal 21", dass Dieselfahrzeuge von VW, BMW, Mercedes und Renault hohe Stickoxidemissionen auf der Straße verursachten. BMW hatte das Abgasverhalten unter anderem mit "Motorschutz" bei "niedrigen Außentemperaturen" begründet. Ähnlich argumentierte Daimler kürzlich bei Messungen des niederländischen Prüfinstituts TNO.
Für den Verband der Automobilindustrie stellt die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes "keinen neuen Sachstand" dar. Vielmehr werde "summarisch und ohne Bezug zu Einzelfällen der einschlägige europarechtliche Regelungskontext im Hinblick auf das Verbot von Abschalteinrichtungen und dessen Ausnahmen betrachtet", so der Verband gegenüber "Frontal 21".
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„Frontal 21“ © ZDF/Corporate Design