Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. April 2016,   Teil 5

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Einen tollen Coup landet Gordian Maugg mit diesem so klaren wie geheimnisvollen Film über den international wohl bekanntesten deutschen Filmregisseur Fritz Lang (1890-1976), der u.a. mit METROPOLIS Filmgeschichte schrieb. Gestochen klar sind in dieser biographischen Phantasie die Bilder in bestechendem Schwarzweiß, aber völlig unklar, ob der hier inszenierte Zusammenhang zwischen dem Düsseldorfer Massenmörder Peter Kürten und Langs Kriminalfilm M - EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER 1931 zutreffend ist.

 

Wir finden, daß man sich auf dies Spiel einlassen darf und überhaupt gar nicht erst nach biographischen Beweisen suchen sollte, sondern diesen Film als intelligenten und filmisch durchdachten Spaß mit unzähligen Anspielungen für die Eingeweihten und einer einfach spannenden Handlung für die anderen erleben sollte.

 

Zwei biographische Vorbemerkungen sind noch wichtig, da sie im Film eine Rolle spielen. Bekannt ist, daß der weltbekannte Stummfilmregisseur Fritz Lang unsicher war, welche Thematik zu seinem ersten Tonfilm werdensollte. Es wurde dann M - EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER. Fast unbekannt ist, daß seine erste Frau Lisa nach kurzer Ehe durch einen Schuß starb, der abschließend als Selbstmord eingeschätzt wurde, in dessen polizeilicher Aufarbeitung im Film nun der legendäre Berliner Kriminalrat Ernst Gennat – derzeit u.a. durch die historischen Kriminalromane von Volker Kutscher wiederaufgelebt - eine Rolle spielt, der auch in Düsseldorf den Massenmörder zu suchen helfen soll.

 

Der Film braucht aber andererseits überhaupt keine Vorkenntnisse, denn gleich zu Beginn wird klar, daß der berühmte Fritz Lang (Heino Ferch) einen regelrechten Durchhänger hat. Während er das großbürgerliche Leben einschließlich feudaler Gesellschaften im eigenen Heim in Berlin genießt, oder doch nicht mal so sehr, denn er haut heimlich ab zu den nächtlichen Vergnügungen in den Goldenen Zwanzigern mit Sex und Crime, bekommt seine Ehefrau und Drehbuchautorin Thea von Harbou (Johanna Gastorf) am Abend die Schreibaufträge für mögliche Filme, die sie des Nachts ausarbeitet und ihm morgens unter der Tür durchschiebt.

 

Hinreißend die frühmorgentliche Flucht des Regisseurs, denn endlich weist ihm ein Artikel in der Morgenzeitung den Weg. Er schneidet ihn aus und reist ihm nach: nach Düsseldorf zur Suche nach dem Massenmörder. Später wird seine von nichts wissende Frau die ausgeschnittene Zeitung rekonstruieren und reist ihm nach. Hier glaubt man sich im Film dann eher in einem Agatha-Christi-Krimi. Aber das macht nichts, denn die Ankunft in Düsseldorf ist rasant, denn in der Tat bringt dieser Mörder nach dem selben System eine junge Frau nach der anderen um.

 

Hier kommt die Stunde von Samuel Finzi, der mit einer Verlangsamung und hilflos-sanftes Stimme dem Massenmörder Kürten ein Gesicht und eine Stimme gibt, die wir vom Mörder M in Fritz Langs Film kennen, die mit Peter Lorre für immer im kulturellen Gedächtnis bleibt. Unheimlich sind die Aufnahmen, die den Morden vorausgehen, die Szenen selbst, die Angst und der Aufruhr. Denn in das fast graphisch Klare der Spielfilmszenen, kommen verwaschene Mord- und Massenszenen, die sowohl aus historischem Material rühren wie auch gezielt so gefilmt wurden. Diese Melange wird einem manchmal unheimlich, aber sie geben weniger dem Film Struktur als dem Film Fritz Lang die Erkenntnis, wer der Held seines nächsten Films, des ersten Tonfilm sein wird. Was ja auch geschah. Hier zumindest tritt die Wirklichkeit wieder auf den Plan.

 

Und da im Film die Kolportage mit der nachreisenden Ehefrau und der ihn an seine erste Frau erinnernde Schönen nun viel unnötigen Platz einnimmt, widmen wir uns lieber dem Filmregisseur Fritz Land, der nach langer Durststrecke nun neuen filmischen Mut gewinnt und vor allem genau weiß, was er will. Die Folge ist M – EINE STADT OHNE MÖRDER, ein toller Film, den man eigentlich im Doppelpack wieder aufführen sollte: Teil 1 diese biographische Phantasie, Teil 2 der echte Fritz Lang Film.

 

Tatsächlich, da sind wir uns sicher, gibt es für uns keinen Film, den wie sooft gesehen haben, wie diesen Fritz Lang Film von 1931.