Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. April 2016, Teil 2

 

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) - Der dänische Film „Die Kommune“ zeigt, wie drei Menschen in einer vielköpfigen Wohngemeinschaft versuchen, eine Dreierbeziehung zu leben. Der bei der letzten Berlinale prämierte Film kommt jetzt bundesweit in die Kinos.

 

Es gab einmal eine Zeit, da wurden in Kommunen neue Lebensformen mit unterschiedlichen Ansprüchen probiert. Der dänische Regisseur Thomas Vinterberg sagt über seine Kindheit in einer dieser Gruppen: „Für mich war jeder Tag dort wie ein Märchen.“ In dieser Zeit, den 1970er-Jahren, siedelt er das Liebesdrama „Die Kommune“ an:

Der arrivierte Architekt Erik (Ulrich Thomsen) erbt eine Riesenvilla, die ihm aber viel zu teuer ist, um darin zu leben. Seine Frau Anna (Trine Dyrholm), eine bekannte TV-Moderatorin, möchte jedoch unbedingt drin wohnen. Sie gewinnt Freunde und Bekannte für das Zusammenleben, um die Kosten zu teilen. Nun kommt ein Haufen Leute zusammen, die sich Kommune nennen und oft gemeinsam am Küchentisch feiern. Als sich Erik „draußen“ in die junge Studentin Emma (Helene Neumann) verliebt, schlägt Anna vor, trotz ihrer Eifersucht das Leben zu dritt im Haus zu versuchen: „Es kann spannend werden“, meint sie tapfer. Doch nachdem Annas Rivalin eingezogen ist, bringt sie das Liebesgestöhne aus dem Nachbarzimmer bald an ihre Grenzen. Die drei tragen heftige Streitereien am Küchentisch aus, Anna beginnt zu trinken, um durchzuhalten…

 

Eigentlich zeigt der Streifen eine melodramatische Ménage-à-trois, eine Dreierbeziehung. Die Kommune spielt für die Entwicklung oder Lösung des Dramas keine Rolle, sondern bildet lediglich die pittoreske Kulisse. Die Charaktere und Beziehungen der übrigen Kommunarden werden allenfalls oberflächlich oder flapsig angedeutet: Wir wissen, es gibt eine Frau, die mit vielen Männern schläft, eine weitere Paarbeziehung, einen armen Flüchtling. Doch lediglich von Annas und Eriks Tochter Freja (Martha Hansen) erfahren wir Zuschauer mehr. Die Pubertierende entdeckt außerhalb des Hauses die körperliche Liebe und hält auch in Krisenzeiten zu ihrer Mutter.

 

Bei den Beziehungsdiskussionen am Küchentisch meint dagegen ein Kommunarde: „Ihr müsst das selbst lösen!“ Das passt nun gar nicht zur damaligen Illusion, in Kommunen die traditionelle Kleinfamilie zu überwinden. Außer von Freja bekommt Anna in der Wohngruppe keinerlei emotionalen Rückhalt.

 

Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass der Filmemacher eine beliebige Staffage für sein Liebesdrama wählt. Nur wird vom Titel und den Erklärungen des Regisseurs suggeriert, der Film behandle die Suche nach alternativen Lebensformen. Selten gab es in einem ambitionierten Kinoprojekt der letzten Jahre solch einen ärgerlichen Bruch zwischen Anspruch und Realisierung!

 

Als Beziehungsfilm ist dieses Dramolett allerdings großartig. Erik liebt die Studentin, will aber seine Frau nicht lassen. Anna wiederum will nicht verlassen werden und versucht die Dreier-Situation hautnah durchzuhalten. Doch nun verwandelt sich die einst mutige, selbstbewusste und erfolgreiche Frau zunehmend in ein alkoholabhängiges Wrack. Trine Dyrholm erhielt bei der letzten Berlinale für ihre Darstellung einen silbernen Bären als beste Schauspielerin. Immerhin lohnt allemal ihre darstellerische Leistung den Besuch dieses Films.

 

Foto:

Die großartige Schauspielerin Trine Dyrholm bekam bei der letzten Berlinale einen Silberbären für ihre Darstellung der Anna © prokino-verleih:

 

Info:

Regie Thomas Vinterberg, DK / NL / S 2016

mit Trine Dyrholm, Ulrich Thomsen, Helene Neumann u. a.
Filmstart am 21. April 2016