Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. Mai 2016, Teil 1

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - „Erhebt euch, versklavte Frauen“ tönt es im Sommer 1971 aus verrauchten Hörsälen, Feministinnen erheben ihre Stimmen, entwerfen Flugblätter und planen Aktionen für Gleichberechtigung und sexuelle Selbstbestimmung.



Eine lesbische Romanze im Paris der stürmischen 70er Jahre

Mitten unter die bewegten, jungen Frauen gerät Delphine (Izïa Higelin), eine Bäuerin Anfang 20, die den Hof ihrer Eltern verlassen hat, um in Paris ein neues, freieres Leben zu beginnen. Sie verliebt sich in Carole  (Cécile de France), die hübsche, erfahrene Anführerin der Frauengruppe, und setzt alles dran, sie zu erobern. Carole lebt mit einem Mann zusammen, entflammt aber nach ihrem ersten Schock über die unverhofften Avancen für ihre Verführerin und verlässt den Freund. Es ist der Beginn einer großen Liebe.

Ungemein vital erzählt die Französin Catherine Corsini ihre lesbische Romanze, mit nostalgischen Erinnerungen an Zeiten des Aufbruchs mutiger Feministinnen. La belle saison- Eine Sommerliebe wirkt wie eine Antwort auf Kechiches preisgekrönten Film Blau ist eine warme Farbe, in dem ebenfalls zwei unterschiedlich sozialisierte junge Frauen ein Paar werden. Mit lichten, sonnigen, zärtlichen Bildern und Heldinnen, die große Energie und eine pralle Lebensfreude verströmen, kommt der Film aber deutlich unbeschwerter daher. 

Die Sorglosigkeit wird den Sommer allerdings nicht überdauern, der Schlaganfall ihres Vaters zwingt Delphine dazu, wieder nach Limousin zurückzukehren, um den Hof zu bestellen.  La belle saison ist auch ein Film über den Konflikt zwischen Stadt und Land. Carole reist der Liebsten nach, doch das gemeinsame Leben auf dem Dorf stellt das Frauenpaar auf eine schwere Probe.
 
Nackt räkeln sich die Liebenden auf idyllischen Hochlandwiesen, doch so wie  ihr modernes Weltbild in der Provinz auf eine mit traditionellen Werten durchzogene Gemeinschaft stößt, müssen sie ihre Intimität bald verstecken. Mit Delphines konservativer Mutter (Noémie Lvovsky), die Carole des Hauses verweist, steht den Heldinnen ausgerechnet eine Frau besonders im Wege. Corsini zeigt aber nicht nur das enge gesellschaftliche Korsett damaliger Zeiten, sie provoziert auch mit hemmungslosen, prickelnden Sexszenen. Ohne Voyeurismus beschreibt sie das Begehren des emotionalen Ausbruchs.

Mit fabelhaften Hauptdarstellerinnen, die sich in ihrer Leidenschaft unbefangen vor der Kamera ergehen, bietet La belle saison großes Gefühlskino ohne Anflüge von Kitsch. Besonders die mal glücklich, mal nachdenklichen Blicke der charismatischen, aparten Belgierin Cécile de France hängen einem lange nach.


Info:

Drama, Frankreich 2015
Regie: Catherine Corsini
Drehbuch: Catherine Corsini, Laurette Polmanss
Kamera: Jeanne Laporie
Schnitt: Frédéric Baillehaiche
Musik: Grégoire Hetzel
Mit: Cécile de France, Izïa Higelin, Noémie Lvovsky, Kévin Azaïs, Laetitia Dosch, Benjamin Bellecour, Sarah Suco.
Verleih: Alamode. 105 Minuten
Kinostart: 13. Mai