Der katastrophale Umgang mit der Rechtsextremistin Frauke Petry in der Sendung von Anne Will am 8. Mai

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In der ARD scheint man in Talkshows dann besonders willkommen zu sein, wenn man zu einer Gruppierung gehört, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einschließlich seines Gebührensystems abschaffen will. Anders ist die Einladung von Anne Will an Frauke Petry, Vorstandsmitglied der AfD-Bande, nicht zu erklären.



Eigentlich sollte es am Abend des 8. Mai um das Für und Wider eines Integrationsgesetzes gehen. Aber Rassisten lassen bekanntlich keine Gelegenheit aus, um Breitseiten gegen den Islam zu feuern. Wobei letzterer für Nichtsachkundige ähnlich unüberschaubar ist wie beispielsweise die Katholische Kirche. Deren Vorbehalte gegenüber Geschiedenen und Homosexuellen (um nur einige Konfliktpunkte mit der realen Welt zu nennen) basieren auf biblischen Textstellen, die in Altem und Neuem Testament durch spätere Glaubenszeugnisse relativiert bzw. überholt wurden.

Ähnliches gilt für den Koran, der in einer Epoche Arabiens entstanden ist, in der politisch und gesellschaftlich Überständiges in Frage gestellt wurde, nicht zuletzt durch Mohammed. Eine historisch-kritische Betrachtung der heiligen Schriften des Islam ist heute dringender erforderlich denn je und dies wird nur gegen den Widerstand der Orthodoxie möglich sein. Der Umgang der christlichen Kirchen mit der historisch-kritischen Erforschung der Bibel macht deutlich, dass dies Kämpfe sowohl gegen exklusive theologische Deutungshoheit als auch gegen weltliche Machtansprüche sein werden.

Solange das jedoch nicht geschieht, noch nicht einmal allgemein wahrnehmbare Versuche unternommen werden, haben Brandstifter wie Frauke Petry Oberwasser. Denn sie setzen auf die Nichtinformiertheit weiter Bevölkerungsteile. Zudem dient der Islam für Rechtsradikale als Chiffre, um alles, was aus ihrer Sicht fremd und unwillkommen ist, an den Rand zu drängen und zu verunglimpfen. Man versteht sich bekanntlich als Teil einer Entseuchungskampagne, um den Gedanken von Jörg Meuthen aufzugreifen.

Über den Islam sowie über Religionen im Allgemeinen muss man, nicht nur in einer weitgehend säkularen Gesellschaft, kontrovers reden - aber ohne AfD, Pegida und Konsorten. Denn andernfalls erlebt man ständig eine Frauke Petry, die sich in geradezu ordinärer Weise, nämlich mit der aggressiven Körpersprache des Straßenstrichs, aufdrängt und jede sachliche Diskussion zerstört. Ohne Rücksicht auf vorgegebene Themen und unter Missachtung jeglicher Streitkultur.

Die AfD-Spießer werden ihren Gefallen daran gehabt haben. Aber beim demokratischen Teil des Publikums bleiben Ekel und Ärger zurück. Ärger auch über die ARD-Intendanten, denen es nicht gelingt, für den Sonntagabend eine/n Moderator/in zu finden, die/der gegebenenfalls mit dem rhetorischen Knüppel umgehen kann. Gastgeberin und Moderatorin Anne Will wirkte jedenfalls völlig überfordert mit dieser Aufgabe.

Indirekte Unterstützung haben die Programmverantwortlichen der ARD von Olaf Scholz erhalten, der seiner Partei, der SPD, einen Umgang mit der AfD empfiehlt, der sich anscheinend am österreichischen Beispiel orientiert; nämlich Tolerierung, Gesprächsbereitschaft und letztlich Anpassung. All das hat dort zum Rücktritt von Bundeskanzler Werner Faymann geführt.


Info:
Eine argumentative Auseinandersetzung mit AfD-Parolen lässt sich beispielsweise mit Hilfe des Buches „88 Fragen und Antworten zur NPD“, hrsg. von Fabian Virchow und Christian Dornbusch, 2008 erschienen im Wochenschau Verlag, führen. Der Band ist im Buchhandel leider vergriffen, aber in Antiquariaten vielfach noch vorrätig.