Serie: Sonderausstellung im Filmmuseum Frankfurt am Main, Teil 2/2

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso – Daß die Filmplakate in der Ausstellung, die die schwarzen Filme ankündigen, die deutschen sind, liegt nahe. Dennoch wäre interessant gewesen, auch die schreiend bunten amerikanischen Originale zu sehen oder auch einmal welche aus den anderen europäischen Ländern, vor allem Frankreichs. Es lassen sich Filme ja sehr unterschiedlich vermarkten und das wäre interessant gewesen, zu verfolgen, wie im Westen Europas sich diese Schwarze Serie auf den Plakaten gleich oder unterschiedlich verkaufte.

 

Warum hat man in den USA im Krieg und mit Hilfe der Emigranten solche Filme auf einmal produziert, die die heimische Familie – sakrosankt in den Vereinigten Staaten – als Auslaufmodell benutzte? Denn die gezeigten Familienbande waren in diesen Filmen libidinös, entweder verdrängter Inzest oder Geschlechterkampf, was sich auch bei der Aufklärung von Mord und Totschlag bei den Detektiven fortsetzte. Claudia Dillmann hatte schon als Begründung dieser Filme die Flut der oft jüdischstämmigen Autoren und Filmemacher angeführt, die im Exil nun Hollywood aufmischten. Aber als Erklärung langt das genauso wenig wie die Tatsache, daß Kriege das Bewußtsein schärfen und Schatten eher zulassen als lichte Zeiten dies normalerweise tun.

 

Auch haben sich diese Filme fortgesetzt, als in den Zeiten nach dem Kriege sowohl in den USA wie dem westlichen Europa die Rolle der in harten Zeiten arbeiten müssenden Frauen wieder zurückschraubte auf das Heimchen am Herd, das für Mann und Kinder zu sorgen hat. Aus war es mit den Ersatzfrauen, die in Männerberufen alles das geleistet hatten, was angeblich nur Männer konnten. Aus war es auch mit den Trümmerfrauen und den Schwarzmarkthändlerinnen, die den Schutt des Krieges genauso wegräumten wie ihre Familien versorgten. Und dennoch hielt sich das Genre – ja, ja, es ist kein eigenes Genre, wir verstehen – also, diese Erzählart und diese Noir-Ästhetik bis zum Ende der Fünfziger Jahre und ist durch Nachbildungen heutiger Regisseure gottseidank nicht tot zu kriegen.

 

Andererseits sind die Themen, so sie nicht Familienbande in des Wortes wahrer Bedeutung verfilmen, oder nicht gerade einen Exoten wie einen Orchideenzüchter zum Detective machen, in den Gefilden von Kriminalität angesiedelt: Glücksspiel, Schmuggel, Prostitution. Sie spielen deshalb auch meist in der Großstadt, was auch filmisch durch heutige Großstädte und das Spiegeln von Autolichtern dieser Limousinen auf nassen Straßen sofort ins visuelle Gedächtnis drängt. Überhaupt geht es einem in der Ausstellung so, wie auch beim Darüberschreiben: man hat einfach die Bilder im Kopf, mit dem sich bekannte Schauspieler und Darstellerinnen in die Erinnerung schmuggeln und die Bilder besetzen. Selbst dann, wenn man an den Film kaum mehr Erinnerung hat als an dies Gesicht und diese Szene.

 

Daß wir überhaupt vom Film noir sprechen, hat damit zu tun, daß ein französischer Kritiker 1946 diese Filme so bezeichnete, damit aber auf die in Frankreich schwarz gebundene Krimibuchreihe, die 'série noir' anspielte und dies nicht positiv meinte. Wie auch immer, der Begriff paßt auch dann, wenn man ihn positiv meint. Und das muß man einfach, wenn man auf die Filme selbst zu sprechen kommt, die mit Humphrey Bogart einen ihrer Haupthelden haben. Sein Sam Spade in „Die Spur des Falken“ ist unvergeßlich, sein bis zum Umbau im Filmmuseum stehendes Büro wäre es auch. Aber dieser Nachbau wurde versteigert, als das alte Filmmuseum in Innerem dem neuen weichen mußte. Warum war es nicht als Leihgabe zu bekommen, wäre eine inhaltliche Frage, die nicht nur nostalgisch erfolgt.

 

Das Eigentliche aber sind für den Besucher das Aufeinanderfolgen so vieler Filmausschnitte, die von John Huston THE MALTESE FALCON 1941, Otto Premingers LAURA von 1944, Billy Wilders DOUBLE INDEMNITIY, 1944 reichen bis zu den Film, der als letzter seiner Gattung gilt: TOUCH OF EVIL, den Orson Welles 1958 herausbrachte. Und die Frauen, wie toll ist Rita Hayworth, die als Hollywoodsirene völlig unter Wert verkauft wurde, während Lauren Bacall immer schon die geheimnisvoll Selbstbewußte sein durfte. Wir kommen ins Schwärmen, wie die Regisseure die Männer und die Frauen hier darstellen.

 

 

Von ihnen haben heutige Filmemacher gelernt. SIN CITY von Miller/Rodriguez, USA 2005, VERTRAG MIT EINEM KILLER von Aki Kaurismäke 1990 , SIEBEN von David Fincher 1997, MATRIX 1999, MULHOLLAND DRIVE David Lynch 2001 oder SHUTTER ISLAND von Martin Scorsese sind darum auch zu sehen und die Vorläufer auch: NOSFERATUR von F.W.Murnau, 1922 oder das Cabinet des Dr. Caligari von Robert Wiene, ebenfalls aus dem Jahr 1922. Verfolgen Sie die Aufführungen in der Ausstellung in Ausschnitten oder einige der Filme in den Vorführungen im Filmmuseum, deren Programm Sie auf der Webseite finden.

 

Bis 14. Oktober

 

www.deutsches-filmmuseum.de