Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. Juli 2016, Teil 1

 

Margarete Frühling

 

München (Weltexpresso) - Constance (Noémie Schmidt) ist eine nicht sehr erfolgreiche Studentin aus Orléans. Sie zieht nach Paris und findet eine bezahlbare Wohnung bei Henri Voizot (Claude Brasseur).

 

Allerdings will Monsieur Henri gar keinen Mitbewohner für seine viel zu große Pariser Altbauwohnung. Die Anzeige stammt von seinem etwa 40jährigen Sohn Paul (Guillaume De Tonquedec), der meint, sein Vater bräuchte jemand, der darauf aufpasst, dass der alte Mann auch regelmäßig seine Medikamente einnimmt.

 

Obwohl Henri Constance die Wohnung so madig wie möglich macht, will die junge Frau bei ihm einziehen. Die Alternativen waren alle noch furchtbarer. Als Constance aber die Miete und die Kaution nicht rechtzeitig zahlen kann, macht Henri ihr einen Vorschlag. Sie kann sechs Monate mietfrei wohnen, soll dafür aber seinen Sohn Paul verführen. Denn noch weniger als Unruhe und Veränderungen liebt er seine Schwiegertochter Valerie (Frédérque Bel), die er für bigott und unterbelichtet hält. Constance lässt sich mit einigen Gewissensbissen auf das merkwürdige Geschäft ein.

 

Constance und Henri richten sich in der Wohnung ein, auch wenn es für den alten Herrn schwer zu ertragen ist, dass sie z.B. seine Pantoffeln klaut, ihre Kleider und Fernsehmahlzeiten herumliegen lässt und, obwohl er es strickt verboten hat, daß sie das Klavier im Wohnzimmer benutzt und auch noch die Lieblingsstücke seiner vor 30 Jahren verstorbenen Frau spielt.

 

Während Constance Paul langsam aus der Bahn wirft, merkt Henri, dass die junge Frau mit ihrem Studium nicht glücklich ist und außerdem große Prüfungsangst hat. Sie würde viel lieber Klavier spielen und eigene Stücke komponieren, auch wenn sie das, auf den Rat ihres Vaters hin, schon vor vielen Jahren das Klavierspielen aufgegeben hat.

 

Henri mag zwar ein muffeliger alter Mann sein, aber er ist auch bereit über seinen Schatten zu springen und will seiner jungen Mitbewohnerin helfen, den Weg einzuschlagen, mit dem sie glücklich werden kann...

 

 

Regisseur Ivan Calbérac hat "Frühstück bei Monsieur Henri" zuerst als Theaterstück geschrieben. Es war schon ein außerordentlicher Erfolg auf den französischen Bühnen, bevor er selbst das Drehbuch zu seinem Film verfasst hat.

 

Calbérac konnte mit Claude Brasseur, einem der besten älteren französischen Schauspieler, einen wunderbaren Darsteller gewinnen, der den altersstarrsinnigen Monsieur Henri hervorragend rüberbringt. Der Film lebt natürlich von dem Ekelpaket Henri Voizot, aber der Film steht und fällt auch mit seinem Gegenpart Constance. Wäre die junge Studentin nicht ähnlich sturköpfig und schlagfertig wie der alte Mann, dann würde kein Funke überspringen und der Humor würde verpuffen. Sie ist hinreißend, wenn sie Henris Bosheiten an ihrer jugendlichen Unbekümmertheit abprallen lässt. Gleichzeitig bewahrt sie aber ihre Sensibilität, besonders, wenn sie versucht Paul zu verführen und dabei Gewissensbisse hat.

 

Die Schweizerin Noémie Schmidt ist als Constance in ihrem ersten Spielfilm zu sehen. Sie hat an der Musikhochschule in Sion Musik studiert und war schon als Sängerin am Brüsseler Opernhaus La Monnaie engagiert.

 

Auch die Nebenrollen überzeugen. Guillaume De Tonquedecs Paul erlebt seinen zweiten Frühling, Frédérque Bels Valerie ist wirklich etwas bieder und nervig. Thomas Solivéres spielt Mathieu, einen jungen Mann, den Constance über ihren Nebenjob als Kellnerin kennenlernt und der sich am Ende seinen Herzenswunsch erfüllt und sie damit auch inspiriert.

 

Insgesamt zeigt "Frühstück bei Monsieur Henri" hervorragende französische Komödienkunst. Dabei behandelt der Film Familienkonflikte ohne ins Dramatische abzugleiten. Besonders Claude Brasseur und Noémie Schmidt zeigen eine Spielfreude, die den Film unbedingt sehenswert macht.

 

Foto: Constance (Noémie Schmidt) und Monsieur Henri (Claude Brasseur) © Neue Visionen Filmverleih

 

Info:

Frühstück bei Monsieur Henri (Frankreich 2015)

Originaltitel: L'Etudiante et Monsieur Henri

Genre: Komödie

Filmlänge: 99Minuten

Regie und Drehbuch: Ivan Calbérac

Darsteller: Claude Brasseur, Noémie Schmidt, Guillaume De Tonquedec, Frédérque Bel u.a.

Verleih: Neue Visionen Filmverleih

FSK: ab 0 Jahren

Kinostart: 21.07.2016