Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. Juli 2016, Teil 2
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Sophie (Ruby Barnhill) ist 10 Jahre alt und lebt in einem Londoner Waisenhaus. Sie kann häufig nachts nicht schlafen. Dann schleicht sie durchs Haus und sorgt für Ordnung oder liest unter der Decke Bücher, wie gerade Charles Dickens' Nicholas Nickleby.
Sie ist sich sicher, dass die Geisterstunde nicht um Mitternacht, sondern um 3 Uhr morgens beginnt. Eines Nachts geht sie - entgegen den Regeln der Heimleiterin - ans Fenster und beobachtet, dass eine riesige Hand eine umgefallene Mülltonne wieder aufstellt. Die Hand gehört zu einer über sieben Meter großen Gestalt mit riesigen Ohren. Der Riese (Mark Rylance) entführt Sophie daraufhin ins Reich der Riesen, damit sie sein Geheimnis nicht verraten kann.
Es stellt sich heraus, dass der Riese, der sich Big Friendly Giant nennt (von Sophie abgekürzt zu BFG), nicht wie die anderen Riesen Menschenfleisch isst, sondern Vegetarier ist. Er ernährt sich von widerlichen Gurken (Snozzcumber) und trinkt gerne Frobscottle, eine Limonade, bei der die Blasen abwärts blubbern und die wunderbare, grüne Fürze erzeugt. Daneben ist er sehr nett und charmant. Allerdings gibt es in der Umgebung noch neun andere Riesen. Diese Brüder unter der Führung von Fleshlumpeater (Jemaine Clement) und Bloodbottler (Bill Hader) sind doppelt so groß wie BFG und sind ganz wild auf Menschenfleisch. Sie versuchen deshalb Sophie zu fangen und verprügeln BFG, der sich nicht wehrt, was wiederum Sophie ärgert.
Eines Nachts nimmt der Riese Sophie mit zu seiner Arbeit - er fängt im Traumland Träume, die er dann zusammenmixt und mit einer Trompete in die Häuser bläst, um so den schlafenden Menschen schöne Träume zu bescheren. Er hat aber auch schlechte Träume in seiner Sammlung in beschrifteten Einmachgläsern.
Sophie überredet BFG dazu, etwas gegen die bösen Riesen zu unternehmen. Sie schmieden gemeinsam einen Plan, der mit einem speziell gemixten Traum für die Königin von England (Penelope Wilton) und auf einem Fenstersims im Buckingham Palast beginnt....
Regisseur von "BFG - Big Friendly Giant" ist Steven Spielberg. Er hat den Film nach dem Drehbuch von Melissa Mathison verfilmt, die wiederum das gleichnamige Buch aus dem Jahr 1982 von Roald Dahl adaptiert hat. Melissa Mathison, die leider im November 2015 verstorben ist, hatte bereits 1982 für Steven Spielberg das Drehbuch zu "E.T., der Außerirdische" verfasst.
Roald Dahl wiederum hat das Buch, das in Deutschland unter dem Titel "Sophiechen und der Riese" herausgekommen ist, für seine Enkelin Sophie Dahl geschrieben, die inzwischen selbst als Schriftstellerin bekannt geworden ist. Steven Spielberg hat den Film bewusst 2016 heraus gebracht, da Roald Dahl in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre.
Hauptdarsteller des Filmes sind die 11jährige Ruby Barnhill als Sophie und Mark Rylance als BFG. Ruby Barnhill, die ihre Rolle als selbstbewusste, etwas altkluge Sophie hervorragend ausfüllt, feierte in diesem Film ihr Leinwanddebüt. Der britisch-amerikanische Theater-Schauspieler Mark Rylance schlüpft in die Rolle des freundlichen Riesen mit den beweglichen großen Ohren. Es ist immer wieder eine Freude, ihm zuzusehen, wie er es schafft mit kleinen Bewegungen ganze Geschichten zu erzählen. Mark Rylance wurde in diesem Jahr mit dem Oscar als bester Nebendarsteller ausgezeichnet - für seine Rolle als sowjetischer Spion Rudolf Abel in "Bridge of Spies - Der Unterhändler", bei dem ebenfalls Steven Spielberg Regie geführt hat.
Aber auch die Nebendarsteller sind sehr gut besetzt. Jemaine Clement, bekannt aus 5 Zimmer, Küche, Sarg, als Fleshlumpeater und Bill Hader als Bloodbottler sind Riesen, die Kinder sicher fürchten werden. Penelope Wilton als Königin, Rebecca Hall als ihre Zofe Mary und Rafe Spall als Kammerdiener Mr. Tibbs haben sichtlich Spaß an ihren kleinen Rollen.
Spielberg konnte auch wieder Janusz Kaminski als Kameramann gewinnen. Dadurch sind nicht nur die Motion-Capture-Riesen oder die CGI-Effekte, sondern die Ergebnisse der gesamten Kameraarbeit visuell atemberaubend. So sind z.B. die Größenunterschiede zwischen den übrigen Riesen, BFG und den Menschen einfach brillant in Szene gesetzt. Das gilt bis ins kleinste Detail, wenn z.B. BFG in einer Szene Sophies Brille aufhebt und in seine Brusttasche steckt, oder wenn Fleshlumpeater Sophies Bettdecke unter dem Fuß kleben hat. Auch die Szenen zu Beginn, wenn der Riese mit geschickten Schattenspielereien unbemerkt durchs nächtliche London schleicht, sind großartig. Da gehen plötzlich Lampen aus, es sind ganze Seitenstraßen verschwunden oder es steht plötzlich auf der anderen Straßenseite ein zusätzlicher Baum.
Roald Dahl hat für seine Riesen eine spezielle Sprache entwickelt, die von Mark Rylance auch mit großer Begeisterung im Film gesprochen wird (Childlers sind z.B. Children oder Human Beans sind Human Beings). Es bleibt abzuwarten, wie dies in die deutsche Synchronisation übernommen wird und wieweit man sich an die Übersetzungen des deutschen Buches hält.
Insgesamt ist "BFG" ein wunderbarer und absolut kindgerechter Film, der zu Recht von der deutschen Film- und Medienbewertung FBW mit dem Prädikat "besonders wertvoll" ausgezeichnet wurde. Es ist ein Film, den man der ganzen Familie nur empfehlen kann und der hoffentlich auch im sommerlichen Juli ein Erfolg werden wird.
Foto: Ruby Barnhill als Sophie und Mark Rylance als BFG © Constantin Film
Info:
BFG - Big Friendly Giant (USA 2016)
Originaltitel: The BFG
Genre: Kinderfilm, Fantasy, Abenteuer
Filmlänge: 115 Minuten
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Melissa Mathison, nach dem Roman von Roald Dahl
Darsteller: Mark Rylance, Ruby Barnhill, Penelope Wilton, Jemaine Clement, Rebecca Hall, Rafe Spall, Bill Hader u.a.
Verleih: Constantin Film
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 21.07.2016