Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. Juli 2016, Teil 1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - 1933 verlässt der 20jährige Jesse Owens (Stephan James) seine Heimatstadt Cleveland, um an der Ohio State University als einer der wenigen Afroamerikaner zu studieren. Er lässt seine Freundin Ruth Solomon (Shanice Banton) und seine kleine Tochter Gloria (Yvanna-Rose Leblanc) zurück.
Jesses sportliches Talent fällt an der Universität ziemlich rasch dem Leichtathletik-Trainer Larry Snyder (Jason Sudeikis) auf. Snyder trainiert Owens nach neusten Methoden, so dass sich nicht nur Jesses Stil verbessert, sondern er auch trotz seiner Hautfarbe recht schnell zum Star der Universität avanciert. Owens ist nicht nur ein hervorragender 100- und 200m-Läufer, er gewinnt auch im Weitsprung und über 220y Hürden. Dabei gelingen ihm nebenbei auch einige Weltrekorde. Snyder möchte daher erreichen, dass Owens an den amerikanischen Trials, den Ausscheidungen für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, teilnimmt.
Es ist aber gar nicht sicher, ob die Amerikaner an den Spielen wirklich teilnehmen werden. Besonders der Präsident der amerikanischen Amateur Athletic Union Jeremiah Mahoney (William Hurt) spricht sich gegen eine Teilnahme aus, da in Deutschland Juden ausgegrenzt und katholische Sportverbände verboten wurden. Sein Gegenspieler ist der Leiter des Olympischen Komitees, Avery Brundage (Jeremy Irons). Er bietet an, nach Berlin zu fahren und seine Bedingungen für eine Teilnahme der amerikanischen Mannschaft mit den Berliner Machthabern vorzutragen.
In Berlin angekommen werden Brundage nicht nur die Olympia-Bauten gezeigt, sondern er kann auch mit Joseph Goebbels (Barnaby Metschurat) sprechen, der ihm verspricht, dass die Hakenkreuz-Fahnen während der Spiele verschwinden und dass jüdische Sportler in die deutsche Mannschaft aufgenommen werden. Zudem trifft Brundage auf Leni Riefenstahl (Carice van Houten), die den Auftrag hat, einen Dokumantarfilm über die Spiele zu erstellen. Brundage schlägt bei seiner Rückkehr der Amateur Athletic Union vor, dass die amerikanischen Sportler teilnehmen sollen. Er gewinnt die Abstimmung knapp.
Auch Owens muss sich zu Hause mit dem Boykott auseinander setzen, der von seinen farbigen Landleuten empfohlen wird. Snyder rät ihm auf jeden Fall an den Trials teilzunehmen. Dort erreicht er über 100 und 200m sowie im Weitsprung die Aufnahme in die Olympiamannschaft. Er ist nicht für die 4x100m-Staffel vorgesehen. Obwohl sein Coach nicht im Trainerteam ist, reist Snyder auf eigene Kosten nach Berlin, um Owens zu unterstützen.
Während der Olympischen Spiele in Berlin wird Jesse Owens zu dem Athleten werden, der die meisten Goldmedaillen gewinnt. Er wird Sieger im 100- und 200m-Lauf und er wird auch noch den Weitsprung gewinnen, nachdem er in der Qualifikation Probleme hatte, bei dem ihm sein deutscher Kontrahent Carl "Luz" Long (David Kross) hilft. Long wird im Finale die Silbermedaille gewinnen und er wird der Erste sein, der Owens nach seinem Sieg gratuliert.
Zum Abschluss wird Jesse auch noch in der siegreichen 4x100m Staffel eingesetzt, da die Nazis gegen die Teilnahme von zwei jüdischen Läufern in der amerikanischen Mannschaft protestieren. Eingefangen werden diese Momente von Leni Riefenstahl, die die sportlichen Ereignisse in Berlin vergleichsweise vorurteilsfrei dokumentiert und aus den Aufnahmen dennoch später ihren Propaganda-Film "Olympia" machen wird.
Als Owens aber nach den Spielen wieder nach Hause kommt, wird er kein Glückwunschtelegramm des amerikanischen Präsidenten erhalten und er wird bei einer Veranstaltung, die zu seinen Ehren abgehalten wird, durch den Lieferanteneingang das Hotel betreten müssen....
Der englische Titel von "Zeit für Legenden" ist "Race". Das gibt den Inhalt des Filmes besser wieder, denn Race hat im Englischen die Doppelbedeutung von Rasse und Rennen.
Regisseur des Filmes ist Stephen Hopkins, der großen Wert auf Authentizität gelegt hat. So wurden z.B. die Tochter und Enkelin von Jesse Owens in den Produktionsprozess einbezogen. Sie halfen auch Stephan James, sich auf seine Rolle als Jesse Owens vorzubereiten.
Auch die sporttechnische Umsetzung ist gut gelungen, da Wert darauf gelegt wurde, dass Sprint und Weitsprung so trainiert wurden, wie es damals üblich war.
Einige der politischen Abläufe sind aber etwas verändert worden. So hat wohl Hitler nach einigen Tagen nicht nur Owens, sondern keinem siegreichen Sportler mehr die Hand geschüttelt. Außerdem ist es ziemlich sicher ein Mythos, dass Owens seine Qualifikationsweite im Weitsprung erst im dritten Versuch geschafft hat; er hat sie ebenso wie Long bereits im ersten Versuch erreicht. Die Bilder, die Long und Owens nach dem Wettkampf zusammen zeigen, sind aber authentisch.
Leider haben sich auch ein paar sportliche Fehler in den Film eingeschlichen. So wird immer von 400m Lauf statt vom 4x100m-Lauf (oder Staffel) gesprochen oder Long beglückwünscht Owens nach dem Sprung, während Owens noch in der Sprunggrube steht und beide gehen über den Sand zurück (das hätte dazu führen müssen, dass der Sprung ungültig gewesen wäre). Auch hätte der Film an der einen oder anderen Stelle gekürzt werden können.
Insgesamt ist "Zeit für Legenden" ein packendes und sehenswertes Sportdrama über den afroamerikanischen Leichtathleten Jesse Owens, der allen Widerständen zum Trotz bei der Olympiade 1936 in Berlin vier Goldmedaillen gewonnen hat.
PS: Alle, die das Thema interessiert, sollten sich auch den deutschen Film "Berlin 36" (2009) ansehen, in dem die Diskriminierung der besten deutschen, aber jüdischen Hochspringerin Gretel Bergmann durch Nationalsozialisten behandelt wird.
Foto: David Kross als Luz Long und Stephan James als Jesse Owens im Berliner Olympiastadion © Square One / Universum Film
Info:
Zeit für Legenden (Frankreich, Deutschland, Kanada 2016)
Originaltitel: Race
Genre: Drama, Biopic
Filmlänge: 118 Minuten
Regie: Stephen Hopkins
Drehbuch: Joe Shrapnel, Anna Waterhouse
Darsteller: Stephan James, Jason Sudeikis, Jeremy Irons, William Hurt, Carice van Houten, David Kross, Barnaby Metschurat, Amanda Crew u.a.
Verleih: Square One Entertainment GmbH / Universum Film GmbH
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 28.07.2016