Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. August 2016, Teil 5
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Bourne-Filme kennt doch jeder! Und die meisten haben auch mitbekommen, daß dieser Jason Bourne die Paraderolle von Matt Damon ist, viel weniger jedoch wissen, daß dieser CIA-Bourne eine Erfindung von Robert Ludlum ist.
Kein Wunder, wenn den Autor mit seinen über 280 Millionen verkauften Thrillers heute immer weniger kennen, denn der 1927 geborene Robert Ludlum starb schon im Jahr 2001 in Florida, also vor dem elften September, der als Zäsur in die Weltgeschichte einging und auch derzeit angesichts so vieler Attentate durch islamistische Gruppen an der Zivilbevölkerung das Thema ISLAMISMUS in jeden besseren Thriller katapultiert. Damals hatte Ludlum zwischen 1980 und 1990 drei Bourne-Bücher fertiggestellt, von denen das erste schon einmal ganz früh verfilmt wurde: 1988 wurde in den USA The Bourne Identity als zweiteilige Fernsehproduktion hergestellt und gesendet.
Der erste Film in der Reihe der Bournefilme dieses Jahrhunderts wurde erst nach dem Tod seines Autor gedreht, wobei unter der Regie von Doug Liman tatsächlich das gleichnamige Buch DIE BOURNE IDENTITÄT im Jahr 2002 der Filmhandlung zugrundeliegt, die aber gleichzeitig so komplex ist, daß auch im zweiten Film, der die BOURNE-VERSCHWÖRUNG heißt und 2004 den Regisseur Paul Greengrass ins Geschehen bringt, dennoch nicht der gleichnamige zweite Roman von Ludlum verfilmt wird, sondern der zweite Teil des ersten Romans um die Identität. Und der dritte Film DAS BOURNE ULTIMATUM kommt 2007 ebenfalls unter der Regie von Paul Greengras in der Hauptrolle mit Matt Damon heraus und hat nichts mit dem gleichnamigen Buch zu tun.
Alles mitbekommen? Es ist wirklich verwirrend, wird aber jetzt nicht weiterverfolgt, wobei wir aber ankündigen, daß die erste vier Robert Ludlum Romane um Jason Bourne und die jeweiligen gleichlautenden Filme (also die mit anderem Inhalt als die Bücher) von uns besprochen werden. Wie verwirrend das wirklich ist, erkennt man daran, daß nur die ersten drei Teile der Bournereihe also von Ludlum selbst sind und seit dem vierte Band das Autorengespann Robert Ludlum und Eric Van Lustbader firmiert. Wir haben keine Ahnung, ob die Folgebände auf Notizen und Vorhaben von Ludlum basieren, würde aber eher darauf wetten, daß eine gute Geschäftsidee seine Fortsetzung in den Bänden findet, deren wirklicher Schreiber eben Eric Van Lustbader ist, dessen Autorenname auf Deutsch schon wieder wie ein Krimi klingt. In den USA ist die Reihe inzwischen mit ENIGMA bei Band 13 angekommen und im Deutschen gibt es im Heyne Verlag immerhin seit diesem Jahr den zwölften Band mit DIE BOURNE HERRSCHAFT. Ja, kommt alles dran.
Daß es aber in Deutschland die Filme waren, die die Figur des CIA-Agenten Jason Bourne alias des Linguistikprofessors David Web an der Georgetown University erst so richtig populär machten, sieht man daran, daß die ersten drei Bände, also die originalen Ludlums im Heyneverlag auf Deutsch ursprünglich noch andere Titel hatten: da ging es immer um Borowskis Betrug, Herrschaft und Ultimatum.
Viel wichtiger ist erst einmal die Frage, wieso ein Thrillerheld aus dem Jahr 1980 im Jahr 2016 im fünften Film JASON BOURNE, dessen Drehbuch also keinen literarischen Vorläufer in den Romanen hat, wieso ein amerikanischer Held aus den Zeiten des Kalten Krieges heute eine derartige und nicht endenwollende Renaissance erlebt. Darauf kann man als erstes antworten, daß sowohl Bücher wie auch Filme diesen Jason Bourne lebendig halten, denn er wächst mit seinen Aufgaben und wird eigentlich von Film zu Film politischer, nicht, weil er das möchte, sondern weil die Welt sich ihm so voller Gefahren präsentiert, daß er gezwungen ist, ganz genau hinzuschauen und auseinanderzuklabüsern: wer Freund und wer Feind ist – will er überleben. Und er will.
Und in heutigen Zeiten ist es eben nicht mehr so simpel dargestellt, wie in den Zeiten des Kalten Krieges, daß die Saubermänner die Amerikaner sind und die bösen Weltverderber die Kommunisten hinter dem Eisernen Vorhang. Das ist längst so wie es ist, daß das Böse vor allem dort nistet, wo eigentlich die Quelle der Aufklärung lauter rinnen sollte: hier vor allem der amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA.
Interessant übrigens – es gibt eben keine Zufälle – daß Weltexpresso gerade EIN NEUER FEIND von David Ignatius rezensiert hatte, ein Thriller bei rororo, der das Thema des fünften Films JASON BOURNE mit anderen Protagonisten in der selben Zielrichtung auslotet: Im CIA und anderen Geheimdiensten sitzen die Weltverderber, die rund über die Welt mit den Hackern, die vor allem im ehemaligen Ostblock die cleversten sind, sich zu Weltherrschern aufschwingen. Nicht mehr der Kapitalismus als ökonomische Macht ist der Sieger, sondern derjenige, der über das Netz herrscht und die anderen bespitzeln kann. Trübe Aussichten, aber auch gleichzeitig viel Stoff für weitere Jason Bourne Unternehmungen. Fortsetzung folgt.
Foto: der Erfinder von Jason Bourne, der Autor Robert Ludlum (c) wikipedia
Info:
http://weltexpresso.de/index.php/buecher/7706-was-dem-neuen-cia-direktor-so-alles-widerfaehrt