Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. September 2016,   Teil 7

Eike Holly

Köln (Weltexpresso) – Warum unsere Filmtitel auf einmal – aber nur im Englischen!– die Originaltitel von Hollywood übernehmen, statt diese schrille Warnung auf Deutsch zu bringen, verstehe wer will. Auf jeden Fall stimmt es in diesem Film, daß das Atmen gefährlich wird und das Leben kosten kann.



Das hätte sich dieses jugendliche Einbrechertrio auch nicht gedacht, welch Horrortrip sie erwartet, als sie dann den Einbruch wagen, bei dem sie viel viel Geld abräumen wollen. In der Regel ist man gefühlsmäßig ja nicht auf Seiten von Einbrechern, denn wer je selber dies erlebt hat, der weiß, es gehört zu den großen Gemeinheiten des Lebens, wenn jemand bei einem eindringt und aus dem eigenen Leben etwas wegstiehlt. Wobei, auch das sagen alle miteinander, es in erster Linie noch nicht einmal um den Verlust der gestohlenen Sachen geht, oder zumindest nicht dies der große Einbruch im eigenen Leben bedeutet, sondern daß man sein privates Heim beschmutzt fühlt, sich nicht mehr sicher fühlt, eben nicht mehr zu Hause ist. Es gibt Leute, die nach einem Einbruch nicht mehr in ihren vier Wänden weiterleben können und umziehen.

Doch das ist nicht das Problem dieses Film. Hier geht es ums Überleben. Und zwar in erster Linie das Überleben der Einbrecher. Der Film ist nämlich so raffiniert gedreht, daß wir gefühlsmäßig stärker auf Seiten der jungen Einbrecher geraten, obwohl sie es ja waren, die bei dem alten Kriegsveteranen, der noch dazu blind ist, ein leichtes Spiel erwarteten. Von ihm wußte man, daß er viel Geld, ja sehr viel Geld in seinem Hause hat, aus schrecklichen Gründen noch dazu.

Und Rocky (Jane Levy) braucht das Geld, sie muß ihre kleine Schwester retten und mit ihr auf und davon in ein anderes Leben fliehen. Möglichst weit weg. Ihr Partnerfreund Money (Daniel Zovatto) sieht auch so unschuldig aus und gemeinsam haben sie schon Dinge geschaukelt, aber alles in kleinem Rahmen. Nun hören sie von den 300 000 Dollar, die ein alter Blinder gebunkert hat, weil ...ach, das wollen wir gar nicht erzählen, denn es gehört mit zu den Geheimnissen, die dieses Haus birgt. Gewaltige schauerliche Dinge, die  einen richtigen Horrorfilm entstehen lassen, den Fede Alvarez mit vielem bestückt, was im Genre einfach dazugehört.

Längst hat sich herausgestellt, daß von unseren drei Jugendlichen der zusätzliche Mitmacher Alex (Dylan (Minnette) gleich am Anfang dran glauben mußte, denn die Idee bei einem Blinden den Strom auszustellen, um besser mit dem Haus- und Kellerkundigen konkurrieren zu können, ist ja dann kontraproduktiv, wenn es um einen Blinden geht. Die absolute Dunkelheit gibt ihm doch Startvorteile, grundsätzlich und erst recht, wenn er sich im eigenen Heim und Keller auskennt. Doch das ist längst nicht alles.

Nach und nach – und längst sind wir mit den angstaufgerissenen Augen von Rocky unterwegs, wünschen ihr, daß sie überlebt – zeigt sich, daß nicht die Art der Darstellung allein den Horrorfilm ausmacht, sondern daß der buchstäbliche Horror im Hause lebt. Denn die Tochter des Kriegsveteranen ist von einer jungen Frau überfahren worden, die – das wissen nur wir als Mitwisser im Keller – vom Vater gekidnappt wurde und hier auf dem Matratzenlager vegetiert, vom Tode bedroht, an Händen und Füßen mit Ketten gefesselt, die ins Fleisch schneiden, wenn sie sich bewegt.

Keller und Menschen. Natürlich müssen wir dabei an die beiden österreichischen Fälle denken, sowohl an Natascha Kampusch wie auch an den Fall Fritzl aus Amstetten. Das heißt ja, daß bei diesem Horrorfilm unsere eigenen Gefühle bei bestimmten Bildern infolge unserer speziellen Bilderfahrung  einfach eine größere Rolle spielen als sonst. Also weg mit Fritzl und sonst was und Konzentration auf Rocky, ob sie überleben kann.

Den blinden Hausbesitzer und Widersacher spielt Stephen Lang. Und dazu kann man nur sagen, daß man diesem wirklich nicht im Dunklen begegnen möchte, so brutal und gefährlich wirkt dieser, so daß die sonstigen Schutzmechanismen, die man für einen, bei dem eingebrochen wird, doch eigentlich hätte, perdu sind. Außerdem staunt man, wie ein blinder und als alt dargestellter Typ so agil sich bewegen kann, welche Kraft er hat etc.

Was filmisch hervorragend umgesetzt ist, ist das Klaustrophobische an dieser Situation. Wenn sich Rocky immer wieder durch Intelligenz und auch Glück einer gefährlichen Situation entziehen konnte, durch Fenster oder sonstiges der Gefahr entschlüpfen konnte, stellt sich regelmäßig das Glück als das neue Unglück heraus, denn der alte Blinde hat das Haus verrammelt und verriegelt und mit irren Mechanismen bestückt, die ein Entwischen und Entweichen unmöglich machen. Wir wissen ja längst, warum das so ist.
Und ob überhaupt einer überlebt und wer das ist sowie, was mit dem vielen Geld geschieht, wenn Sie das wissen wollen, müssen Sie schon in diesen Film gehen, was keine Strafe ist, aber dennoch nur mit starken Nerven versucht werden sollte.