Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. Oktober 2016, Teil 2

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Mitte des 19. Jahrhunderts: Émile Zola, Halbwaise und Sohn italienischer Einwanderer, und Paul Cézanne, Sohn aus reichem Haus, treffen sich erstmals mit 13 Jahren, freunden sich an und wachsen gemeinsam mit Jean-Baptistin Baille in Aix-en-Provence auf.


Während der erwachsene Zola (Guillaume Canet) zusammen mit seiner Mutter (Isabelle Candelier) recht bald in seine Geburtsstadt Paris zurückkehrt, um dort als Autor Erfolg zu haben, bleibt Cézanne (Guillaume Gallienne) erst einmal in der Provence, um gegen den Willen seines Vaters (Gérard Meylan) Maler zu werden.

Da es ihm aber bald zu eng wird, folgt er seinem Freund nach Paris und wird von Émile in die Künstlerkreise vom Montmartre eingeführt. Sie lieben beide dieselbe Frau, Alexandrine (Alice Pol), die Zola aber bald heiratet. Während Émile schon bald in Paris Anerkennung findet, kehrt Paul immer wieder frustriert in die Provence zurück, deren Menschen er verachtet, weil er nicht nur keinen Erfolg mit seinen Bildern hat, sondern auch regelmäßig unzufrieden mit dem Ergebnis ist und sie wieder zerstört.

Trotz Allem zieht es Cézanne immer wieder nach Paris in Émiles Nähe, so wie Zola immer wieder magisch von der Provence angezogen wird. Letztendlich lässt Zola sich in Médan, in der Nähe von Paris, nieder und wird ein erfolgreicher Schriftsteller und Journalist.

Paul Cézanne wird durch seine Eifersucht, Kompromisslosigkeit und Ungeduld die Freundschaft zu Émile Zola ein Leben lang auf eine harte Probe stellen. Obwohl oder gerade weil Zola Paul als Maler gescheitert sieht, versucht Émile immer wieder, Geduld und Verständnis für den nicht so erfolgreichen Freund aufzubringen und unterstützt ihn und dessen Familie auch finanziell.

Zum endgültigen Bruch kommt es als Zola in seinem Roman "Das Werk" - erstmals 1885 in Fortsetzungen in der Zeitschrift Gil Blas erschienen - mit dem Maler Claude Lantier ein wenig schmeichelhaftes Porträt von Cézanne zeichnet, was Cézanne und auch seinen anderen Jugendfreund Jean-Baptistin Baille tief gekränkt hat.


Regisseurin und Drehbuchautorin von "Mein Leben mit Cézanne" ist Danièle Thompson. Ihr Film "Ein perfekter Platz" war 2007 in der letzten Vorauswahl von neun Filmen für den besten fremdsprachigen Film bei den amerikanischen Academy Awards.

"Meine Zeit mit Cézanne" lebt von den wunderbaren Bildern, in denen Kameramann Jean-Marie Dreujou an Originalschauplätzen die außergewöhnlichen Farben und Landschaften der Provence passend zu den Bildern von Paul Cézanne eingefangen hat. Dagegen wird das Leben der Freunde in Paris in braunen und grauen Tönen wiedergegeben. Danièle Thompson hatte auch die Möglichkeit im Haus von Zola in Médan zu filmen. Leider konnten die Außenaufnahmen dort nicht stattfinden, da immer noch der Zug von Le Havre nach Paris mehrfach stündlich am Haus vorbeifährt, wie schon zu Zeiten Émile Zolas.

"Cézanne et moi" - so der französische Filmtitel - hat nur zwei Hauptdarsteller: Cézanne und Zola, dabei verlässt der Film eigentlich nie die Sicht von Émile Zola auf seinen Freund. Die Leistungen der beiden Hauptdarsteller Guillaume Gallienne als Cézanne und Guillaume Canet als Zola sind großartig. Der Film ist eine wunderbare Geschichte von Mut und Verzweiflung, von Eifersucht und Zuneigung, sowie von außergewöhnlichen schöpferischen Leistungen. Vor allem die Dialogduelle der beiden zeigen Cézanne als labilen Rebellen mit dem unersättlichen Verlangen nach Perfektion, der selten mit dem Ergebnis seiner Arbeit zufrieden ist und der seinen Frust am Freund und an seiner Familie auslässt, und Zola als erfolgsverwöhnten und doch immer mit sich hadernden Mann, der seine kleinbürgerliche Herkunft unter altertümlichen Trödel vergräbt.

Die Frauen im Leben der beiden, Alice Pol als Alexandrine Zola und Déborah François als Cézanne Muse und spätere Ehefrau Hortense illustrieren die für ihre Zeit freizügige Lebensweise der Hauptcharaktere. Isabelle Candelier als Zolas Mutter Émelie und Sabine Azéma als Madame Cézanne sind zwar hochkarätig besetzt, aber eigentlich nur schmückendes Beiwerk.

Der Film wird in Zeitsprüngen erzählt, was dazu führt, dass man zur besseren Orientierung doch einige Vorinformationen über Zola, Cézanne und ihre Zeit haben muss. So wurden viele der Pariser Malerfreunde von Zola und Cézanne wie Éduard Manet, Edgar Degas oder Camille Pissaro nur in wenigen Szenen gezeigt und auch nicht viel über sie gesagt.

Insgesamt ist "Meine Zeit mit Cézanne" ein sehr gelungenes Porträt zweier herausragender Künstler, das in außergewöhnlichen Bildern die Welt der Impressionisten einfängt. Dadurch geht der Film auch über die persönliche Geschichte zweier herausragender Vertreter des ausgehenden 19. Jahrhunderts hinaus. Er ist absolut sehenswert.



Foto: Paul Cézanne (Guillaume Gallienne) besucht seinen Freund Émile Zola (Guillaume Canet) auf seinem Landsitz in Médan © Prokino Filmverleih GmbH

Info:
Meine Zeit mit Cézanne (Frankreich 2016)
Originaltitel: Cézanne et moi
Genre: Drama, Biopic
Filmlänge: 113 Minuten
Regie und Drehbuch: Danièle Thompson
Darsteller: Guillaume Gallienne, Guillaume Canet, Alice Pol, Déborah François, Isabelle Candelier, Sabine Azéma u.a.
Verleih: Prokino Filmverleih GmbH
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 06.10.2016