Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 27. Oktober 2016, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir sind nicht mehr in London, wo die Geschichte eigentlich spielt, sondern in New York, wo  nun diese Rachel Watson (Emily Blunt) täglich nach Manhattan zur Arbeit fährt und dabei schon aus Gewohnheit an einer ganz bestimmten Stelle immer aus dem Fenster schaut, was Folgen hat.

Die Stelle ist nämlich die Gartenseite der Straße, wo sie mit ihrem Mann wohnte, bis dieser aufofperungsvolle Mann ihre Verfassung nicht mehr aushielt. Sie hatte ein Fehl nach dem anderen und war zur Alkoholikerin geworden. Das hat sich nach der Scheidung nicht gebessert, sondern verschlechtert, weshalb sie ihre Stelle in Manhattan verloren hat. Das traut sie sich jedoch nicht ihrer Freundin zu beichten, bei der sie in einer der Vorstädte ein Zimmer bewohnen darf. Deshalb erhält sie die Fassade aufrecht und fährt täglich und vertieft dabei täglich auch die Wunde im Fleisch. Denn die Gartenfront der Häuser, die sie immer betrachtet, da steht auch das Haus, das ihr gehörte und das sie mit ihrem Mann Tom (Justin Theroux) bewohnt hatte, der nun in dem selben Haus mit dem Scheidungsgrund Anna (Rebecca Ferguson) und deren gemeinsamen kleinen Kind wohnt.

Um diesen Schmerz, den sie sucht, jedoch nicht ganz so tief gehen zu lassen, beobachtet sie beim Vorüberfahren inzwischen lieber ein anderes Haus, einige Meter weiter. Die Namen weiß sie nicht, aber sie macht ihre eigenen Benennung: Jason und Jess, lernt sie im Verlauf der Geschichte dann aber auch mitsamt ihrer richtigen Namen kennen. Es sind Megan (Haley Bennett) und Scott (Luke Evans), die Rachel beim Vorbeifahren immer wieder in liebevollen Szenen erlebt, weshalb sie ihr zu Ikonen der Liebe werden. Doch an einem Tag ist alles anders. Sie erschrickt, denn da steht auf einmal Megan mit einem anderen Mann auf der Terrasse im ersten Stock, der sie umarmt und sogar küßt. Wenigstens sieht das beim Vorbeifahren so aus.  Bei der Rückfahrt  passiert etwas – wobei der Film nicht kontinuierlich erzählt, sondern, was schon das Buch tut, aus den Perspektiven verschiedener Personen die Handlung zeitlich springen läßt.

Am Abend der Rückfahrt auf jeden Fall muß auf jeden Fall etwas passiert sein. Jetzt kommt ein Mitfahrer ins Spiel, mit dem sie sich nett unterhält, ihn jedoch auf einmal als Bedrohung empfindet und sich erinnert, daß er mit ihr in dem Ort der bestimmten Straße ausgestiegen ist. Wie ein Film im Film laufen diese Sequenzen des Aussteigens und Aufhaltens in der Unterführung Richtung Wald immer wieder über die Leinwand. Sie verändern sich zunehmend, diese Sequenzen, weil Rachel immer mehr erforscht, was dort los war, und die Erinnerung sich jeweils nach der Erforschung wieder einstellt.

Das ist deshalb wichtig, weil am nächsten Morgen Rachel Watson ein totales Blackout hat und nicht mal weiß, wie sie nach Hause gekommen ist. Völlig alkoholisiert dazu und versehen mit vielen Wunden und blauen Flecken am Körper. Diese Bilderflut im Kopf aufzuklären, wird ihr deshalb zunehmend wichtig und macht den Film aus, weil sich herausstellt, daß seit nämlichem Abend auch die Frau, die sie in der Früh mit einem anderen Mann als ihrem eigenen auf der Terrasse sah, verschwunden ist. Aber Rachel gerät als Vedächtige auch selbst  in die Fänge von Detective Riley (Allison Janney), der sie unterstellt, daß sie sie nicht leiden kann und daß sie sie verdächtig, mit dem Verschwinden der Frau zu tun zu haben.

Die Motivation für Rachel, der Sache auf den Grund zu gehen, ist eine zweifache. Einmal will sie wissen, was sie im Kopf und der Seele belastet, was als Alptraum wie ein Film im Kopf abläuft, zum zweiten will sie der Verdächtigung der Kommissarin entgehen. Das Dritte ist ein Nebeneffekt, der eigentlich das Eigentliche ist: sie will dem Alkohol entgehen und weiß selbst ganz gut, wann dieser Niedergang begann, der ihre Ehe beendete, was sie nie verwandt, weshalb ihr ständiges Interesse dem Ex-Mann gilt, den sie häufig anruft. Daß sie das dennoch nicht so häufig tut, wie es dessen Ehefrau Anna annimmt, hat dann mit einem Handlungsstrang zu tun, der den Film entscheidend vorantreibt. Eigentlich wird jeder nach und nach verdächtig, bis auf den einen wahren Helden.

Mehr kann und darf man hier nicht verraten, denn dies ist ein Thriller, denen eigen ist, daß am Schluß jemand der Täter sein muß, auf den vorher eigentlich kein Verdacht fiel. Wenn Sie diesen Film daraufhin anschauen, wer der, noch dazu einzige Unverdächtige ist, der ist dann der Mörder.
Das funktioniert auch in diesem Film.

Eine herbe Enttäuschung. Ein biederer Film, wo das Buch noch Raffinesse hatte. Die Person der Rachel ist unglaubwürdig, so sehr wurde sie entgegen der Buchvorlage 'geschönt. Dazu noch mehr.

Info:
Regie Tate Taylor
Dehbuch nach dem Roman von Paula Hawkins: Erin Cressida Wilson
Mit Emily Blunt (Rachel Watson), Rebecca Ferguson (Anna), Haley Bennett (Megan)