Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 1. Dezember 2016, Teil 6

Filmheft

Berlin (Weltexpresso) – Diese Fragen im Filmheft an die Darsteller, da sind die Antworten dann doch sehr interessant, weil sie viel über den jeweiligen Menschen aussagen, der hinter der Rolle steckt. Hier sind die Fragen gleich, manche richtig spannend, andere eher Selbstläufer. Bitte vergleichen Sie die Unterschiede in den Antworten! Spricht Bände. Die Redaktion

Sie spielen Monika, Markus‘ Ehefrau. Wie würden Sie Monika beschreiben?


Monika ist eine Frau, die weiß, was sie will. Sie steht mit beiden Beinen im Leben, liebt ihren Mann und ihren Sohn, findet ihren Job gut und ist in einer Familie verankert, in der alles in Ordnung zu sein scheint. Vielleicht hat sie bereits geahnt, dass es bei Markus früh Probleme gab. So ein Trauma lässt sich vielleicht irgendwie vergessen, aber im Unterbewusstsein bleibt man traumatisiert.

 
Monika empfindet eine große Mutterliebe für ihr Kind. Doch im Laufe des Films entstehen Ängste, ob diese Liebe vielleicht irgendwelche Ähnlichkeiten mit Markus‘ Mutter hat. Sie wird aus dem Bild, das sie von sich und ihrem Leben hatte, komplett herausgerissen und versucht trotzdem, stark damit umzugehen.
Große Themen, die das Leben ja wirklich zu etwas anderem machen, verändern auch Menschen grundlegend. Ein etwas oberflächlicher Mensch, wie Monika es womöglich war, weil sie Dinge nicht sehen wollte und erst einmal fast absurd reagiert, wenn sie davon erfährt, fängt an, sich zu verändern, beginnt ihre Stärken und Schwächen neu auszuloten.



Was hat Sie an der Rolle besonders gereizt?


Genau diese Figur, wie ich sie eben beschrieben habe. Wenn in einer Familie so etwas  Unvorhersehbares passiert, beginnen starke Veränderungsprozesse. Diese Form der Auseinandersetzung mit sich und auch den Menschen, die man liebt, die einem so nahe sind, ist so intensiv und alles wird neu aufgerollt. Man selbst ist ja fast wie missbraucht. Sich darüber auszutauschen und Gedanken zu machen, was wohl in dieser Psyche vorgeht, ist so wahnsinnig interessant für Schauspieler. Ich habe das Drehbuch gelesen und wollte sofort dabei sein. Auch weil es ein Thema ist, das mir bisher ziemlich unbekannt war. Für mich war das ein völliges Aha-Erlebnis, als ich das Drehbuch zum ersten Mal las. Dass dieses Thema noch immer so tabuisiert ist, der Missbrauch von Müttern an Söhnen, zeigt, dass man darüber sprechen muss. Der Film geht sehr ernsthaft mit diesem Thema um.



In DIE HÄNDE MEINER MUTTER geht es um Gewalt in der Familie und deren (langfristige) Folgen. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet? Gab es viele Vorgespräche mit Regisseur Florian Eichinger und/oder Experten?


Ich habe mich von den Experten eher ferngehalten. Ich habe viele Artikel gelesen, mich mit Andreas und den anderen Darstellern und Kollegen ständig ausgetauscht und wollte mir als Monika aber auch beibehalten, in die Situationen reingeworfen zu werden. Meiner Meinung nach muss, darf und kann man nicht immer alles schon vorher wissen. Mir ist es beim Spielen auch wichtig, sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen.



Gibt es eine Szene im Film, die Sie besonders gelungen finden? Wenn ja welche und warum?


Es gibt viele tolle und starke Szenen in dem Film. Natürlich stechen die Szenen heraus, in denen Andreas in seine Kindheit zurückkehrt. Das ist auch sehr intensiv für den Zuschauer. Bei der Vorstellung auf dem Filmfest München haben die Leute wirklich laut aufgestöhnt. Der Film macht etwas mit einem, das ist auf jeden Fall nachhaltig.



Welche Schwierigkeiten gab es beim Dreh? Gab es eine Szene, die Ihnen besonders schwer fiel?


Oh ja. Andreas und ich hatten eine doch etwas längere und auch größere Diskussion und nicht nur Freude dabei, würde ich mal sagen… Es gibt diese Szene, in der Andreas den Brief an seine Eltern schreibt. Ich komme nachts dazu und er gibt ihn mir zum Lesen. Über diese Szene haben wir wahnsinnig lange diskutiert. Das war wirklich kein leichter Moment, aber ich glaube, wenn man sich das Ergebnis anschaut, hat sich die intensive Auseinandersetzung gelohnt.
Es gibt einfach manchmal Szenen, die man nicht exakt so, wie im Drehbuch geschrieben, spielen kann. In solchen Situationen muss man dann hinterfragen, warum zum Beispiel ein Mensch etwas Bestimmtes so tun wird und warum er sich so verhalten würde. Man bekommt ja nicht jeden Tag einen Brief, in dem steht „Meine Mutter hat mich missbraucht“. Wie reagiert man in so einer Situation, wie geht man damit um? Und das war eine relativ  lange „Findungsnacht“. Aber es war toll. Und ich glaube, dass es uns für die restliche Drehzeit extrem viel gebracht hat.



Dann war es also eher schwierig im Vorfeld zu überlegen, wie man die Szene wirklich umsetzt. Aber als entschieden war, wie es realisiert werden soll, hat es dann in der Umsetzung gut geklappt?


Wir hatten bereits in der Probe Unstimmigkeiten wegen dieser Szene.  Da standen auch so Fragen im Raum wie „Wie verhält man sich?“, „Nimmt man jemanden in den Arm oder nicht…?“, „Wie reagiert Monika?“.


Weil wir das im Vorfeld bei den Proben nicht alles lösen konnten, haben wir vor Ort viel ausprobiert. Wir mussten uns da noch finden, nicht unbedingt zur großen Freude des Teams… (lacht).


Es tut mir dann auch immer leid. Man möchte ja, dass es gut wird. Wenn man aber das Gefühl hat, es stimmt einfach noch nicht, dann kann ich auch mal eine kleine Nervensäge sein. Aber solche Prozesse sind wichtig. Andreas sieht das zum Glück ähnlich und das hat uns auch ganz gut getan. Ab diesem  Zeitpunkt wussten wir einfach auch, wie wichtig es uns jeweils ist und wie weit wir mit dem anderen gehen können, um etwas zu erreichen.



Wie war die Zusammenarbeit mit den anderen Darstellern und dem Team?


Es ist ein unglaubliches Team gewesen, das da zusammen gekommen ist. Allen voran die Menschen hinter der Kamera, die auch sehr an das Projekt glauben und so viel Liebe und Zeit investieren. Und natürlich die Schauspielkollegen, wie Katrin, die die Mutter spielt, was wirklich kein Einfaches ist…
Da gibt es einige Szenen, die habe ich teilweise erst später im fertigen Film gesehen, da hat mich sehr beeindruckt, wie sie die umgesetzt hat. Es ist sehr bewundernswert, was Kollegen aus solchen Geschichten machen, die man sich, wenn man das Drehbuch liest, nur schwer vorstellen kann.
Es ist ein großes Geschenk mit so einem Ensemble spielen zu dürfen. Aber auch die Zusammenarbeit mit dem Regisseur war toll. Florian liebt seine Figuren und seine Rollen. Ich glaube, unser erstes Gespräch dauerte fast fünf Stunden. Wir haben uns komplett verloren in Raum und Zeit. Und so etwas ist natürlich toll, wenn man sich dann teilweise nur noch mit Blicken versteht und gar nicht viel sprechen muss.

 

Foto: (c) Die Filmeltern Markus und Monika

 

Info:

Schauspieler

Markus                 Andreas Döhler
Monika                 Jessica Schwarz
Mutter Renate       Katrin Pollitt
Vater Gerhard       Heiko Pinkowski
Sabine                 Katharina Behrens
Johannes             Sebastian Fräsdorf

Regie und Buch    Florian Eichinger
Kamera               Timo Schwarz
Schnitt                Jan Gerold
Musik                  André Feldhaus
Kostüm               Maren Esdar
Szenenbild          Tamo Kunz
Ton                     Urs Krüger
Maskenbild          Roman Bartl